Ein „Benefizkonzert“ für „Kameraden in Not“ will der Neonazi Klaus Mann auf seinem Grundstück im brandenburgischen Finowfurt (Landkreis Barnim) veranstalten. Wer genau in Not sein soll, will Mann, Landesvorsitzender der Partei „Die Rechte“, nicht verraten. Sicher ist, dass unter den angekündigten dreizehn Bands Szenegrößen wie „Sleipnir“ und „Legion of Thor“ vertreten sind, die das Konzert zu einem Großevent der ostdeutschen Neonaziszene machen könnten. Das Grundstück – im Land Brandenburg der derzeit wichtigste Veranstaltungsort der rechten Szene – gewinnt damit an bundesweiter Bedeutung.
Neue und altbekannte RechtsRock Bands
Angemeldet für den 18. Mai sind 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auf dem Flyer heißt es, es seien nur 500 Karten ausschließlich im Vorverkauf zu erhalten. Ob weitere Karten verschenkt werden oder ob es sich nur um eine Werbemasche handelt, bleibt offen. Einen Ansturm auf die Karten kann Klaus Mann und der Konzertorganisatorin Gesine Hennrich aus Berlin sicher sein. Urgesteine wie „Sleipnir“ und „Legion of Thor“ sind weiterhin populär in der Szene und bringen neue Alben heraus. „Sleipnir“ um den Sänger Marco L. veröffentlicht seit 20 Jahren rechte Lieder, deren Texte eine „Mischung aus Rassismus, Sozialneid und NS-Bezug“ darstellen, so die Einschätzung des RechtsRock-Experten Jan Raabe. Die Berliner Band „Legion of Thor“ war Teil des verbotenen „Blood and Honour“-Netzwerkes und feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen.
Für viele Bands wird es nicht der erste Auftritt auf dem Finowfurter Grundstück. Schon ein Blick auf die Bandnamen genügt, um die Ausrichtung des Konzertes zu erkennen: So ist die Bezeichnung der Thüringer Gruppe „12 Golden Years“ eine Anspielung auf die zwölf Jahre nationalsozialistischer Diktatur von 1933 bis 1945. Die Band spielt überwiegend eine Mischung aus klassischem Rechtsrock. Sie bezeichnet sich selbst als „RAC“-Band – RAC steht für „Rock against Communism“. Ähnlich wie „2 Minutes Warning“ haben sie Elemente des Hardcore übernommen, einer härteren und schnelleren Spielart des Punk. Neonazistische Bands wählen die Selbstbezeichnung „National Socialist Hardcore“ (NSHC). Die aggressive Musik und das martialische Auftreten sind bei jungen männlichen Neonazis der Autonomen Nationalisten beliebt.
Neben den genannten werden weitere Bands aus Ostdeutschland zu Gast sein, darunter viele aus Brandenburg: „Exzess“ aus Strausberg, „Frontfeuer“ aus Beeskow, „Hausmannskost“ vom Cottbuser Label „Rebel Records“, „Klänge des Blutes“ sowie die Bands „Jungblut“ und „Wortgefecht“. Die beiden letztgenannten traten bereits beim NPD-Sommerfest am 23. Juni 2012 in Finowfurt gemeinsam auf. Rassismus und Neonazismus sind in ihren Texten allgegenwärtig, so heißt es in einem Lied von Jungblut: „Wo redet man dir ein, ein Schwarzer soll ein Deutscher […] Wer besetzt uns schon seit 60 Jahren – die BRD, die BRD“. Solche Texte kommen in der Szene an. Das Strausberger Trio von „Exzess“ um Sänger Tobias V. gilt bundesweit als eine aufstrebende RechtsRockband und spielte erst im letzten Oktober während des NPD-Preußentages in Finowfurt. Außerdem sollen auftreten: „Priorität 18“ aus Dresden, „Sachsenblut“ aus Freiberg in Sachsen sowie „Stimme der Vergeltung“ aus Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern. „Stimme der Vergeltung“ beteiligte sich im Sommer 2012 an der Kampagne „Volkstod stoppen“ des Neonazi-Netzwerkes „Freies Pommern“. Ganz im Stil des kurz zuvor verbotenen Brandenburger Netzwerkes der „Spreelichter“ spielten sie mit weißen Masken und schwarzen Umhängen einen Song ein mit dem Titel „Volkstod“.
Finowfurt: Brandenburgs Nazirock-Metropole
Über 20 RechtsRock-Konzerte innerhalb der vergangenen sechs Jahre sind auf dem Gelände der Familie Mann bekannt geworden. Die tatsächliche Zahl könnte noch höher liegen. Zu den Großveranstaltungen gehören neben dem DVU- und späteren NPD-Sommerfest auch der Preußentag der Brandenburger NPD. Ein Event, das als Gegenveranstaltung zum Tag der deutschen Einheit organisiert wird und das Verlangen nach einer „echten Wiedervereinigung“ propagiert. Vor sechs Jahren zog die Familie Mann nach Finowfurt. Klaus Mann, Ehefrau Sybille (stellvertretende Vorsitzende des Brandenburger Landesverband der Partei „Die Rechte“) und der ebenfalls in der neonazistischen Szene aktive Sohn lebten zuvor im Berlin-nahen Seefeld (Landkreis Barnim). Auch zu dieser Zeit veranstalteten sie Konzerte mit neonazistischen Bands und Organisationen wie der Berliner Kameradschaft „Spreewacht“ und der eng mit dieser verbundenen Band „Legion of Thor“.
Die letzten Konzerte am 6. Oktober 2012 (NPD-Preußentag mit 600 Personen) sowie am 13. April 2013 (Gründungsfeier „Die Rechte“ Brandenburg mit 80 Personen) wurden durch die Polizei aufgelöst. Der Preußentag endete mit Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen die Bands „Hausmannskost“ und „Frontfeuer“. Und während des Konzertes vor wenigen Wochen wurden indizierte Lieder gespielt, was einen Polizeieinsatz auslöste.
Parteifunktionäre, Freie Kräfte und Partyskins
Organisatorin des anstehenden Großkonzertes ist die 43-jährige Berlinerin Gesine Hennrich. Die ehemalige Aktivistin der verbotenen Kameradschaft „Frontbann 24“ hält ebenso wie Klaus Mann gute Kontakte in die RechtsRock- und gewalttätige Kameradschaftsszene. In der Vergangenheit trat sie als Organisatorin von extrem rechten Veranstaltungen auf, was unter anderem 2009 zu einer Verurteilung vor dem Amtsgericht Bernau wegen Volksverhetzung und Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz führte.
Das Benefizkonzert am 18. Mai wird ein bundesweites Treffen für die neonazistische Musikszene. Es ist zu erwarten, dass sich das Publikum aus Strukturen der Partei „Die Rechte“ sowie aus Aktivistinnen und Aktivisten der NPD, von Kameradschaften und Freien Kräften zusammensetzen wird. Wofür die Einnahmen des Benefizkonzertes aufgewandt werden sollen, bleibt offen. Auf den Karten findet sich der Slogan „EINER für alle – alle für EINEN“. Mutmaßen lässt sich, dass eine Verbindung zum gerade begonnenen NSU-Prozess in München besteht. Für den dort wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen mitangeklagten mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben läuft derzeit jedenfalls eine neonazistische Solidaritätskampagne unter dem Motto „Freiheit für Wolle“.
Textübernahme mit freundlicher Genehmigung des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Brandenburg
Den Nazis den Stecker ziehen! Aufruf des Bündnisses „Finowfurt Nazifrei„
„Nazis den Stecker ziehen“: Unter diesem Motto ruft das Bündnis „Finowfurt Nazifrei“ zum Widerstand gegen das Nazi-Großkonzert auf. Das partei- und organisationsübergreifende Bündnis hat sich zum Ziel gesetzt, die Veranstaltung zu verhindern – dafür ist für den 18. Mai eine Gegendemonstration geplant, die um 9 Uhr startet. Hier der komplette Aufruf des Bündnisses:
Am 18. Mai soll im brandenburgischen Finowfurt (Landkreis Barnim) ein Rechtsrockkonzert stattfinden, bei dem 1500 Neonazis erwartet werden. Wir wollen dem etwas entgegensetzen. Als Bündnis aus antifaschistischen Initiativen, Parteien, Vereinen und Gewerkschaften wollen wir am 18. Mai in Finowfurt auf die Straße gehen.
Finowfurt hat ein Naziproblem
Seit mittlerweile sechs Jahren dient das Grundstück der Familie Mann in Finowfurt als Veranstaltungsort für Rechtsrockkonzerte sowie für Festveranstaltungen wie das DVU- und NPD- Sommerfest, den NPD-“Preußentag“ und zuletzt für ein Konzert für die Partei “Die Rechte” Brandenburg. Das Gelände ist seit Jahren zum wichtigsten Ort für die rechte Szene in Berlin und Brandenburg geworden. Es bedarf endlich eines deutlichen Signals! Das Konzert mit zwölf angekündigten Bands übertrifft die bisher üblichen Veranstaltungen um Längen und nimmt eine Dimension an, die sonst nur von Großveranstaltungen wie dem „Deutsche Stimme Pressefest“ oder dem „Rock für Deutschland“ bekannt ist.
Den Nazis den Stecker ziehen!
Es bedarf einer breiten gesellschaftlichen Gegenwehr, um dem braunen Spuk entgegenzutreten. Deshalb rufen wir, das Bündnis „Finowfurt Nazifrei“, für den 18. Mai ab 9 Uhr zu einer Gegendemonstration in Finowfurt auf! Unser Ziel, das Konzert zu verhindern, eint uns über alle sozialen, politischen oder kulturellen Unterschiede hinweg. Wir sind bunt und wir stellen uns den Nazis in den Weg. Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen. Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, das Nazikonzert zu verhindern!
Wir wollen Feste feiern ohne Nazis!
Mehr Infos im Netz
Gründungsfeier mit Rechtsrock (blick nach rechts)Aktivistische Szene in Brandenburg (blick nach rechts)“Nazis zum anfassen“: DVU-Sommerfest in Finowfurt (netz-gegen-nazis.de)