Die rechtsalternative, AfD-nahe Szene in Deutschland hat offenbar Angst. So viel, dass sie ihre Lieblings-Feindbild-Partei, „Die Grünen“, nun nicht mehr nur im Internet, sondern jetzt auch auf Plakatwänden mit Schmutz bewirft. Dabei muss sie peinlicherweise aus Ermangelung von Argumenten auf reine Lügen zurückgreifen. Diese dämonisierende Wahlkampfstrategie hat auch Donald Trump angewandt, was wohl nur in rechtsalternativen Kreisen eine positive Referenz ist.
Die Hintermänner der Kampagne sind einschlägig: Die „Conservare Communication GmbH“ wird geführt von David Bendels, der auch als Kampagensprecher fungiert und wiederum einschlägig bekannt ist als Chefredakteur des rechtsalternativen „Deutschlandkuriers“ (vgl. Belltower.News) und Vorsitzender des AfD-nahen „Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“, der die AfD bei der letzten Bundestagswahl mit AfD-preisenden Wahlkampfzeitungen unterstützt hatte (vgl. Belltower.News). 5.000 Plakate in 50 Städten sollen es diesmal werden, im Internet gibt es die Kampagnen natürlich auch. Damals wie heute: Geldgeber:in unbekannt (vgl. Merkur, taz).
Doch an der AfD gibt es offenbar aktuell nicht genug zu preisen – die Krisen passen aktuell nicht zum radikalisierten Programm, Lösungen für Zukunftsfragen fehlen und reiner Rassismus trifft gerade auch nicht die Gemütslage der Nation. Also fiel die Entscheidung auf eine Schmutzkampagne gegen die Grünen, die politisch der langjährige Angstgegner der AfD (und der ganzen rechtsradikalen Szene) sind. Und offenbar glaubt die rechtsalternative Szene vielleicht noch mehr als andere Teile der deutschen Gesellschaft daran, dass die Grünen eine reale Chance auf Regierungsbeteiligung oder gar Kanzlerinnenschaft haben – oder, wie es die Website zur Schmutzkampagne sagt, sie wolle „demaskieren, um sie von der Regierungsmacht im Bund fernzuhalten.“ Das führt zu misogynen Hassergüssen auf Annalena Baerbock (vgl. Belltower.News), aber auch zu aus Lügen bestehendem Campaining wie diesem, dass dazu noch in einem „Grünen“-ähnlichen Look daherkommt, um so zu tun, als seien die erlogenen Aussagen reale Forderungen der Grünen – ein Schelm, wer dabei nicht an entsprechendes Online-Campaigning während der letzten Jahre etwa auf der rechtsextremen Seite „Halleleaks“ (Sven Liebich) denkt.
Während die Rechtswerber also Angst vor den Grünen haben, versuchen sie, in der Bevölkerung Angst vor grüner Politik zu schüren. Und dafür setzt die Kampagne auf ein Bild der Grünen als „Verbotspartei“, die alles teurer macht, die verbietet, was Spaß macht, dafür „Fremde“ ins Land „holt“ und mit der Anerkennung von sexueller Vielfalt „familienfeindliche“ Politik betreibe, bis am Ende die „Ökodiktatur“ und der „Klimasozialismus“ zum Ende allen Lebens in Deutschland führe, denn selbst die Vögel sterben alle in „Windradmonstern“.
Übersetzt heißt das eigentlich vor allem: Wir haben ein antimodernes Weltbild, das wir aber nicht mal für überzeugend halten, denn wenn wir etwa wirklich glauben würden, die heterosexuelle Kleinfamilie sei die einzig „naturgegebene“ Zusammenlebensform, warum haben wir dann Angst davor, Kindern zu erzählen, das es auch andere Sexualitäten gibt? Wir lehnen menschenrechtsorientierte Politik, etwa in der Asylpolitik oder im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit, ab, weil wir keine Gerechtigkeit in der Gesellschaft wollen, sondern nur Privilegien für ein selbst definiertes, völkisches „uns“. Eine auf das Überleben der Menschheit gerichtete, zukunftsgewandte Klima- und Umweltpolitik framen wir mit den schlimmsten Triggerbegriffen, die die politische Sprache zu bieten hat („Diktatur“, „Terror“, „Sozialismus“), weil wir verantwortungslos nur auf eigene Privilegien schauen, statt uns auch nur ansatzweise für die Zukunft unserer Kinder und Enkel zu interessieren, und weil das Umdeuten von demokratischen Prozessen zur „Unterdrückung“ von „Minderheiten“ (uns) zu unseren liebsten Täter-Opfer-Umkehrstrategien zählt.
Klingt nicht nur niederträchtig, sondern wie rechtsextreme Hasspostings gegen die Grünen online seit Jahren? Matthias Mattussek (rechtspopulistischer Ex-Journalist, vgl. Belltower.News) oder Hagen Grell (rechtsextremer Vlogger, vgl. Belltower.News) gefällt das, sie sind mit Videostatements in der Kampagne vertreten. Trotzdem besteht die Gefahr, dass sich Themen durch reine Wiederholung festigen.
Also täten die Grünen trotz aller Absurdität der Vorwürfe gut daran, die Vorwürfe noch einmal allgemeinverständlich zurückzuweisen. Immerhin gibt es auch viele unentschlossene Menschen, denen eine Klarstellung helfen kann, den Lügengehalt der Unterstellungen zu erkennen. In einer repräsentativen Untersuchung zum Thema Desinformation von Reset.Tech und Pollytix bejahten etwa 28% der Menschen, dass sie glauben, dass die Grünen das Autofahren an sich abschaffen wollen (vgl. Belltower.News). Ihnen zu versichern, dass das eine Lüge ist, mag überflüssig erscheinen – ist aber für Verunsicherte genau die Bestätigung, die sie brauchen, um eine Lüge als solche zu überführen.