Gerade Ende der 1990er Jahre war die Oberlausitz unrühmlich bekannt. „Kameradschaften trieben ihr Unwesen und verbreiteten Angst und Gewalt“, sagt Sven Kaseler von Augen auf. Augen auf ist ein Verein, der sich seit Jahren in der Region engagiert. Sieben Festivals, viele Schulprojekte, antirassistischer Sport, Konzerttouren durchs Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland, Theaterstücke, und Ausstellungen haben die Engagierten veranstaltet. Dabei haben sie auch viele Unterstützerinnen und Unterstützer auf europäischer Ebene, so zum Beispiel Vaclav Hável. „Es gab aber auch negative Begleiterscheinungen – bundesweite Mobilisierung der örtlichen Nazis, Widerstand aus der Politik, fehlende Finanzen“, so Kaseler.
Alte und neue Widerstände
Jetzt ist der Verein Augen auf e.V. für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert, der am 9. November 2011 im Dresdner Hygiene Museum verliehen worden ist*. „Wir freuen uns riesig darüber,“ sagt Sven Kaseler. „Zwar sind die Widerstände, mit denen wir vor zehn Jahren kämpften so nicht mehr vorhanden, aber es wachsen neue nach. Ein Beispiel dafür ist die Extremismuserklärung, welche den Verwaltungsaufwand enorm erhöht und verfassungsrechtlich sowie menschlich mehr als fraglich ist. Wir sind gezwungen sie zu unterschreiben, damit wir unsere Projekte und die Arbeitsstellen die daran hängen brauchen“, so Kaseler. „Preise wie der Förderpreis der deutschen Nationalstiftung, den wir 2009 bekommen haben, sind dabei immer auch ein gutes Pfand, wenn man sich mal wieder gegen Schubladendenken wehren muss. Eine kritische Haltung werden wir uns nicht verbieten lassen“.
Pläne für die Zukunft
An dem jährlich in Kittlitz stattfindenden Turnier „Fußball grenzenlos“ nahmen schon Teams aus Polen und Tschechien teil. Nur zu gern möchte Augen auf die Zusammenarbeit mit Initiativen aus Tschechien und Polen vertiefen. „Diese Zusammenarbeit ist wichtig für das Leben in unserer Dreiländerregion und kann viel bewegen“, so Sven Kaseler. Dabei hat Augen auf das gleiche Problem wie viele Engagierte. „Allein im Ehrenamt ist unsere Arbeit nicht mehr zu schaffen.“ Verstetigung und finanzielle Sicherheit brauchen Projekte, die etwas bewegen wollen. „Wir wollen uns an der Demokratie aktiv beteiligen und uns weiterhin gegen Widerstände quer stellen. Wir werden weiterhin die Augen aufmachen, unsere Werte und Stimme nicht verlieren.“
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).
Anetta Kahane, langjährige Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, gehörte zur Jury des Sächsischen Förderpreises für Demokratie 2011.
*Am 9. November 2011 wurde dem Verein „Augen auf e.V.“ gemeinsam mit dem „Bunten Bürgerforum für Demokratie Limbach-Oberfrohna“ der mit insgesamt 18.000 Euro dotierte Sächsische Förderkreis für Demokratie verliehen.