An sich ist der „Kampf“ ums „Vaterland“ für Nazis ja eine ernste Sache sein – leben Rechtsextreme doch in einer Welt permanenter Bedrohung durch Menschen, die anders sind oder denken als sie. Doch trotz dieses Elends greifen Neonazis bisweilen auch zu Humor – weil sich unter dem Label des Lustigen gerade rassistische, antisemitische und sonstige „politisch unkorrekte“ Ideologie, Vorurteile nach wie vor perfekt verbreiten lassen. Und dabei bekommen die Versender*innen sogar noch den Ruch des Rebellen oder der Rebellin, der oder die sich traut, etwas gegen gesellschaftliche Konventionen eben des „Politisch Korrekten“ zu tun. Und natürlich ist nicht jede*r, der oder die mal einen rassistischen Witz verbreitet, ein Nazi – wenn auch ein Mensch mit wenig Sinn dafür, was andere verletzt oder angreift.
Aber wo hört der Spaß denn nun auf?
Wie bei allen gesellschaftlichen Grenzfällen muss das jede*r für sich selbst entscheiden, ob er oder sie über einen rassistischen, antisemitischen oder sonstwie menschenverachtenden Witz lacht, solche Witze zumindest toleriert – oder sagt, dass er oder sie das im eigenen Freundeskreis oder auf der eigenen Arbeitsstelle nicht hören möchte. Schluss mit lustig ist allerdings definitiv:
Bei konkreten Bedrohungssituationen
Die rechtsextreme Kameradschaft „Besseres Hannover“ etwa hat für Internetvideos den „Abschiebären“ erfunden. Neben dem treudoofen Wortspiel des Namens sieht auch der Bär – ein Mensch in einem zotteligen Bärenkostüm und einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Abschiebär“ – tapsig und lächerlich genug aus, dass man sich zunächst ein Grinsen nicht verkneifen kann. Was allerdings tut der „Abschiebär“ in den Videos? Er stellt sich vor Dönerbuden, Blumenläden und andere Orte, an denen Menschen mit Migrationshintergrund aktiv sind, macht den Hitlergruß und zeigt allein durch seine Präsenz: Wir wissen, wo Du wohnst – und noch ist das ein Zottelbär, aber sei Dir nicht zu gewiss, dass wir als rechtsextreme Kameradschaft nicht eines Tages bei Dir vorbeikommen und dann auch mit Gewalt unserer Forderung „Ausländer raus“ Nachdruck verleihen. Das ist eine klare Bedrohung und nicht zu akzeptieren. Entsprechend wurde bei einer Polizeirazzia gegen die Mitglieder von „Besseres Hannover“ 2012 auch das Bärenkostüm beschlagnahmt. Die Neonazis geben sich bisher allerdings siegesgewiss: Ein solches Kostüm sei leicht wieder zu beschaffen, es werde neue Abschiebär-Videos geben. Seitdem wurde allerdings erst eines unmittelbar nach der Beschlagnahmung gedreht – danach scheint den Produzent*innen das Lachen vergangen zu sein.
Wenn ausschließlich rechtsextreme und menschenfeindliche Hetze verbreitet wird, ist das kein Humor, sondern Ideologie
Vorsicht ist immer dann geboten, wenn Internetseiten oder Gruppen in Sozialen Netzwerken ausschließlich menschenverachtenden Humor verbreiten. Die Chancen sind groß, dass die Macher*innen nicht nur einen „politisch unkorrekten“ Humor pflegen, sondern damit auch tatsächlich rechtsextreme Ideologie verbreiten wollen. Auch Satiremagazine machen Scherze, die nicht immer geschmackvoll und pc sind – allerdings machen die sich in der Regel über alle und alles lustig. Ihre Scherze gehen also nicht nur auf Kosten von gesellschaftlichen Minderheiten, sondern viel öfter noch auf Kosten der gesellschaftlichen Mehrheit oder den Regierenden, denen sie damit einen Spiegel vorhalten. Wer nicht nur ab und zu, sondern ausschließlich rassistische Witze; islamfeindliche Karikaturen; „Witze“, die Behinderte herabsetzen, NS-verherrlichende „Scherze“ postet; Witze über hungernde Menschen, Menschen, die bei Attentaten oder Bürgerkriegen ums Leben kommen oder die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind – der hat keinen „schwarzen Humor“, der ist ein Menschenfeind und ein Nazi.
Das kann man übrigens in entsprechenden Zusammenhängen oft auch durch einfaches Betrachten der Seite erkennen: So postet eine „Umstrittener Humor“-Gruppe auf Facebook neben menschenfeindlichen Bilderwitzen auch pur islamfeindliche Bilder mit Links zum islamfeindlichen Internetportal „Politically Incorrect“. Eine andere rechtsextreme Community, die rassistische, sexistische und antisemitische Cartoon-Videos produziert, steht in engem Zusammenhang mit den Macher*innen der rechtsextremen Mimikry-Seite „Deutschland gegen Kindesmissbrauch“.
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