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Niedersachsen 2014 Heterogenisierung der rechtsextremen Szene, informelle Zusammenschlüsse, regionale Aktivitäten

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Neonazistische Gedenkveranstaltung am 02.08.2014 in Bad Nenndorf: 190 Neonazis standen mehr als 1.000 Gegendemonstrant_innen gegenüber. (Quelle: flickr/cc/Michaela)

von Gerhard Bücker im Auftrag des Landespräventionsrates Niedersachsen II

NPD verliert an Deutungshoheit

Der NPD-Landesverband trat vor allem im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament in bescheidenem Rahmen und in nur wenigen Teilen des Landes sichtbar in Erscheinung (Infotische, Flugblattverteilungen). Letztendlich wurde ein im Bundesvergleich enttäuschendes Ergebnis von nur 0,6% der gültigen Zweitstimmen erreicht. Einzelne Parteimitglieder beteiligten sich Anfang August am sogenannten „Gedenkmarsch“ in Bad Nenndorf. Die professionell wirkende Internetpräsenz der Partei wurde vor allem in der zweiten Jahreshälfte mit zahlreichen islamophoben Beiträgen versehen. Argumentationslinien im Sinne von Gruppierungen wie HoGeSa oder PEGIDA sind aktuell auf der Homepage vertreten. Es entstand im Verlaufe des Jahres der Eindruck, dass die Landes-NPD zunehmend an Deutungshoheit in der rechtsextreme Szene verloren hat. Zur weiteren Schwächung trug der Wegzug zweier Führungskader in benachbarte Bundesländer bei.

DIE RECHTE (DR)

Zum Jahresende 2013 wurde ein neuer DR-Landesvorstand bestimmt; an der entsprechenden Zusammenkunft nahmen nur sehr wenige Personen teil. Im November 2014 wurde ein dritter sogenannter Kreisverband („Hildesheim“) gegründet. Nds. DR-Anhänger/innen nahmen Anfang August erkennbar am „Gedenkmarsch“ in Bad Nenndorf teil; in kleiner Anzahl wurden sie beim Aufzug zum „Tag der deutschen Zukunft“ Anfang Juni in Dresden und am 03. Oktober bei einer Aktion zum Tag der deutschen Einheit in Hamm festgestellt. Eine Reihe von Personen, die sich als DR-„Mitglieder“ fühlen, sind gleichzeitig in Zusammenschlüssen wie dem Aktionsbündnis 38 aus dem Raum Braunschweig aktiv. Die DR versteht sich in Niedersachsen laut Eigenaussage als „Alternative für deutsche Männer und Frauen wider BRD-Zeitgeist und Multikulti“. Seit mehreren Wochen ruft DR zu zwei Kundgebungen im ersten Quartal des kommenden Jahres (Hildesheim und Landkreis Göttingen) auf; es bleibt abzuwarten, ob eine überdurchschnittliche Resonanz erzielt werden kann. Die angekündigte Kundgebung im Landkreis Göttingen soll dabei Bezug auf den „85. Todestag von Horst Wessel“ nehmen.

Identitäre Bewegung (IB)

Nach wie vor existieren in Niedersachsen mehrere IB-Regionalgruppen. Insbesondere die IB Hannover führte im Verlaufe des Jahres einige Kleinkundgebungen (max. 20 Teilnehmer/innen) in der Region und in der Stadt Hannover durch. Inhaltlich wurde dabei in den ersten Monaten des Jahres „gegen das System der EU – Politik“ agitiert; in der zweiten Jahreshälfte dominierten Aussagen „gegen die Islamisierung Europas“. Laut Eigenaussagen führten Mitglieder niedersächsischen Regionalgruppen – zum Teil mit Beteiligung von solchen aus Nordrhein-Westfalen – im Laufe des Jahres mehrere „gemeinsame Wanderungen“ durch, eine Sektion Jahn absolvierte eine Art sportliches Trainingslager in der Nähe eines nicht näher benannten Ortes in Niedersachsen. An einem Treffen in Wien im Sommer des Jahres nahmen niedersächsischen IB-Angehörige teil. Ins Netz gestellte Kommentare beschäftigten sich im Schwerpunkt mit islamophoben Aussagen, wie sie auch von rechtspopulistischen Parteien bzw. Gruppierungen verbreitet werden.

Freie Kräfte

Dem eingangs beschriebenen Trend folgend, entwickelten mehrere neonazistisch ausgerichtete Aktionsgruppen regional orientierte Aktivitäten. Dabei entfaltete insbesondere das bereits genannte Aktionsbündnis 38 aus der Region um Braunschweig öffentlichkeitswirksame Aktionen (Aufkleber, Flugblattverbreitung, Farbschmierereien etc.) und beteiligte sich als erkennbarer Block an Demonstrationen innerhalb und außerhalb Niedersachsens.

Unter dem Motto „2030 – Minderheit im eigenen Land“ führte die Aktionsgruppe Nordheide im Frühjahr 2014 eine Kampagne gegen die Einrichtung von Unterkünften für Flüchtlinge in der entsprechenden Region; unter anderem wurden Kleinkundgebungen realisiert, bei denen entsprechende Aussagen auf Transparenten und in den zur Verteilung gebrachten Flugblättern enthalten waren. Im Kern wird dabei darauf hingewiesen, dass sich „die Deutschen wehren müssen“, um „nicht so zu enden wie die Indianer in Amerika im 19. Jahrhundert“. Damit schließt diese Initiative fast nahtlos an die neonazistisch orientierte sogenannte „Volkstod-Kampagne“ früherer Jahre an.

HoGeSa

Am 15. November 2014 fand in Hannover eine mehrstündige Standkundgebung der Gruppierung Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa)statt. Ursprünglich trat eine Person aus dem Oldenburger Raum als Anmelder dieser Aktion auf. Nachdem die zuständige Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wg. des Verdachts der Volksverhetzung (auf Grund von veröffentlichten Aussagen dieser Person im Internet) eingeleitet hatte, trat sie als Anmelder zurück. An der Veranstaltung nahmen rund 3.000 Personen teil, darunter circa 60 – 80 aus rechtsextremen Zusammenhängen Niedersachsens (unter anderem vom Aktionsbündnis 38). Für die Aktion wurde auf den Internetpräsenzen der niedersächsischen Landesverbände von NPD und DR ebenso geworben wie auf Seiten einiger IB-Regionalgruppen.

Ausblick 2015

Nach hiesiger Einschätzung wird sich auch die nds. rechtsextreme Szene im kommenden Jahr verstärkt mit dem Themenbereich Flüchtlinge/Asylbewerber beschäftigen. Begleitende öffentlichkeitswirksame Aktionen und entsprechende Straftaten sind nicht auszuschließen. Dies gilt auch für das Themenfeld „Islamfeindlichkeit“. Ein Zusammenwirken mit rechtspopulistischen Gruppierungen und Parteien ist zu erwarten.

Im Vorfeld des 08. Mai 2015 (70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges) ist von Aktionen der Teile der Szene auszugehen, die weiterhin den NS-Bezug als Teil ihres „politischen Kampfes“ nutzen.

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| Alle Jahresrückblicke 2014
| Jahresrückblick Niedersachsen 2013: Entwicklung zur heterogenen Szene setzt sich fort
| Jahresrückblick Niedersachsen 2012: Die rechtsextreme Szene strukturiert sich

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