Vom MBT- Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Hamburg
Die NPD Hamburg drehte sich im Jahr 2014 hauptsächlich um sich selbst. Bei Wahlen bleib sie erfolglos, relevante, öffentliche Auftritte blieben aus. Auf dem Parteitag der NPD in Hamburg wurde im März 2014 Thomas „Steiner“ Wulff zum Landesvorsitzenden gewählt – auf demselben Parteitag bezeichnete er sich als Nationalsozialist. Der Bundesvorstand enthob ihn deshalb, das NPD-Verbotsverfahren mag hierbei eine Rolle gespielt haben, einstimmig seines Amtes. Wulff reichte Beschwerde beim Landesschiedsgericht der NPD ein. Noch vor der endgültigen Entscheidung zur Causa Wulff fanden am 25. Mai 2014 die Bezirkswahlen statt. Erstmals wurde in Hamburg ohne Sperrklausel gewählt. Nach den Ergebnissen der vorangegangenen Bezirkswahl in Hamburg hätte die NPD ohne Drei-Prozent-Hürde einen Abgeordneten in die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte entsenden dürfen – insofern wurden vereinzelt Sorgen geäußert die NPD könnte in Bezirksversammlungen einziehen. In den drei von sieben Bezirken, Bergedorf, Nord und Wandsbek, in denen sie 2014 überhaupt antrat warb sie dann aber denkbar erfolglos mit Slogans wie „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“ oder „Vorbild Schweiz. Masseneinwanderung stoppen“. Vier Wochen vor der Wahl zur Bezirksversammlung Wandsbek sollte unter dem Motto „Markt der Parteien – Spitzenkandidaten live“ eine Informationsveranstaltung im Stadtteil stattfinden. Auch die NPD war eingeladen. Erst nach Protesten der Zivilgesellschaft und anderer Parteien, die ihre Teilnahme vom Fernbleiben der NPD abhängig machten, wurde die Einladung an die NPD zurückgenommen. Schließlich vermeldete die NPD selbst, die für gewöhnlich jede ihrer Aktionen bis ins Absurde hinein aufpumpt, lediglich einen „Teilerfolg bei den Bezirkswahlen“: 0,6% in Bergdorf (entspricht 1.189 Stimmen), 0,6% in Wandsbek (entspricht 4.275 Stimmen), 0,3% in Hamburg Nord (entspricht 1.784 Stimmen). Es ist nicht zu erwarten, dass sie bei der Bürgerschaftswahl 2015 mit ihrem Spitzenkandidaten Lennart Schwarzbach – auf den Plätzen zwei und drei folgen die langjährige NPD-Aktivistin Nelia Kiss und der freie Kamerad Marius Edahl aus Bergedorf- erfolgreicher sein wird. Nachdem im Mai das NPD-Landesschiedsgericht in Hamburg Wulff Recht gegeben hatte, zog im Oktober das NPD-Bundesschiedsgericht in Berlin nach. Im November wurde Wulff auf dem Bundesparteitag sogar in den erweiterten Parteivorstand gewählt.
Sport
Niederlagen musste die extreme Rechte auch im vermeintlich unpolitischen Bereich des Sports einstecken. Der TSC Wellingsbüttel warf den oben erwähnten Lennart Schwarzbach, der Jugend-Trainer war, aus dem Verein als bekannt wurde, dass er als Spitzenkandidat für die Wandsbeker NPD kandidiert. Die Fünfte Herren des SC Sternschanze weigerte sich gegen die Dritte Herren des SC Osterbek anzutreten, in dem fünf rechte Mitglieder kicken. Im September 2014 outete eine Hamburger Antifa-Gruppe einen NPD-Kader und Neonazi als Teilnehmer verschiedener Hamburger Laufveranstaltungen. Die Marathonabteilung des FC St. Pauli verteilte daraufhin zusammen mit dem Hamburger Bündnis gegen Rechts Flugblätter vor dem Alstertallauf, um auf die Teilnahme des NPD-Kaders an diesem Wettkampf hinzuweisen und stieß so eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Rechtsextremismus“ im Verband an.
Agitation gegen Geflüchtetenunterkünfte
Über den Wahlkampf hinaus spielte das Thema Asyl eine zentrale Rolle für die rechte Szene Hamburgs. Bis zur Jahreshälfte behandelten 18 von insgesamt 54 Artikeln auf der Seite der Hamburger NPD das Thema, auf dem Portal mein-hh.info 16 von 38. Im Umfeld von Unterkünften für AsylbewerberInnen wurden wiederholt Flyer verteilt: „Wir wollen keine Asylantenheime“, „Heute tolerant, morgen fremd im eigenen Land“. Nicht immer blieb es bei der Verteilung von Flyern. Am 06. November 2014 demonstrierten rund 55 Personen im Stadtteil Farmsen „Gegen politische Willkür über unsere Köpfe hinweg“ und den Ausbau einer dortigen Unterkunft. Dass die Demonstration derart mickrig ausfiel ist nicht zuletzt dem starken antifaschistischen Gegenprotest geschuldet, an dem sich über 600 Personen beteiligten. Dieses wird wohl auch im nächsten Jahr von Nöten sein – es ist davon auszugehen, dass die rechte Szene Hamburgs weiter versuchen wird, Diskurse zum Thema „Flüchtlinge“ zu radikalisieren. Erst jüngst besuchten Kandidaten der NPD mit Kamera eine Zentrale Erstaufnahme und stellten „Asylbetrug in Hamburg – die laufend aktualisierte Karte“ ins Netz.
Antimuslimische Szene
Der für den 15.11.2014 in Hamburg geplante Hooligan-Aufmarsch unter dem Motto „Europa gegen den Terror des Islamischen Staates“ wurde kurzfristig abgesagt bzw. nach Hannover verlegt, die Diskussionen im Vorfeld liefern dazu allerdings einige interessante oder vielmehr erschreckende Einsichten in die rechte Szene Hamburgs und die Allianzen des rechten Spektrums. Der Anmelder der oben erwähnten Demonstration in Farmsen begrüßte einen zweiten HoGeSa-Aufmarsch in Hamburg ebenso wie Claus Döring und Tatjana Festerling, zwei Personen, welche im Mai für die “Alternative für Deutschland” zu den Bezirkswahlen in Hamburg kandidierten, die NPD Hamburg und Mitglieder der Burschenschaft Germania. An Unterstützung mangelte es lediglich im eigentlichen Hooligan-Milieu des HSV, das sich selbst nicht grün zu sein scheint. Unter dem Namen „Aktionsgruppe Hamburg „Hooligans gegen Salafisten““- in der Szene wird von einem Alleingang eines marginalisierten HSV-Fans ohne Bezüge zu den Hooligan-Strukturen gesprochen- wurde erklärt, dass in Hamburg am 15. November keine Demo stattfinden würde, die von den echten Hamburg Hooligans mit unterstützt wird: „Ihr habt doch überhaupt keine Ahnung davon was hier in Hamburg los ist, wenn der FC Sankt Pauli und seine Antifa-Szene in Hamburg gegen euch mobilisiert und die richtige „HSV HOOLIGAN SZENE“ Zuhause bleibt.“ Unangenehm für die Hooligan-Szene, die das Ergebnis, die Absage der Demonstration in Hamburg, aber weitestgehend begrüßte. So fanden sich in Hannover HSV-Fans auf der Gegendemonstration, vereinzelt aber auch auf der HoGeSa-Kundgebung.
Nicht nur Im Wahlkampf 2015 werden die Kontinuitäten zwischen der extremen Rechten, rechtspopulistischen und antimuslimischen Gruppierungen in verschiedenen Themenfeldern (Salafismus, Geflüchtetenunterbringung) weiter die zentrale Herausforderung für antifaschistische, emanzipatorische Projekte sein.
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