Eine Definition von Jugend findet man im AfD-Bundeswahlprogramm einzig in den Forderungen zum Strafrecht: Kinder sollen bereits ab 12 Jahren strafmündig sein. Junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren sollen ausnahmslos unter das Erwachsenenstrafrecht fallen (Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl 2017, S. 24f.). Bisher gibt es die Möglichkeit, diese Altersgruppe auch unter dem Jugendstrafrecht zu verurteilen, da junge Erwachsene in ihrer Entwicklung sehr individuell und von verschiedenen Strukturen betroffen sind. Der Reifezustand wird von unterschiedlichen Machtverhältnissen und sozialen Umständen geprägt. Das Jugendbild der AfD hingegen kennt nur zwei starre Kategorien: entweder ein unmündiges Kind oder Erwachsene, die sich den vollen Konsequenzen ihres Handelns bewusst sind.
Der individuellen Förderung von jungen Heranwachsenden misst die AfD keine besondere Bedeutung bei. Aus diesem Grund lässt sich sie sich durchaus als jugendfeindlich bezeichnen – so wie das unter anderem der Deutsche Bundesjugendring und der Bund deutscher Pfadfinder_innen getan haben.
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Der Deutsche Bundesjugendring hält die AfD für jugendfeindlich, weil sie die Jugend nicht versteht und ihr durch Strafe und Entrechtung nicht den Freiraum gibt, den sie braucht. Der Verband hat deshalb einen Unvereinbarkeitsbeschluss veröffentlicht. Das Positionspapier finden Sie hier: www.dbjr.de
Interventions- und Handlungsstrategien in der Kinder- und Jugendarbeit
# Kritische inhaltliche Auseinandersetzung mit Programmatik, Ideologie und Themen der AfD
Setzen sie sich selbst als Kinder- und Jugendeinrichtung oder -verband inhaltlich kritisch mit der AfD auseinander. Wenn Sie sich dabei auf ihre Satzung oder ihr Leitbild beziehen, überprüfen Sie, ob diese auch wirklich gelebt wird.
# Menschenverachtende Positionen hinterfragen
Im Rahmen von U18-Wahlen können Pädagog_innen mit Jugendlichen demokratiefeindliche und menschenverachtende Positionen in Wahlprogrammen oder Äußerungen von AfD-Spitzenpolitiker_innen kritisch hinterfragen und diskutieren.
# Schlüsselthemen der AfD erarbeiten
Pädagog_innen können Foren schaffen, um Schlüsselthemen der AfD, etwa Flucht, Asyl, Familie, Presse, Zweigeschlechtlichkeit und »Deutschsein«, in Bildungseinrichtungen zu besprechen und Gegenentwürfe zu erarbeiten, die sich an Pluralität orientieren.
# Ziele und Strategien der AfD entlarven
Wenn die AfD im Sozialraum Ihrer Einrichtung aktiv ist, z.B. bei Kinder- und Familienfesten oder in Bezirks- oder Kommunalparlamenten, können Sie vor Ort öffentlich darauf aufmerksam machen, etwa durch Protest, Lautsprecherdurchsagen, Gegenreden.
# Schnittmengen von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus aufzeigen
Strategien rechter Gruppierungen und inhaltliche oder personelle Überschneidungen zwischen Neuer Rechter, Rechtsextremen und »…Gida«-Bewegungen mit der AfD sowie Ideologien der Ungleichwertigkeit, Rassismus und Antisemitismus können von fachlich geschulten Pädagog_innen aufgezeigt, Handlungsstrategien mit ihnen entwickelt werden.
# Dagegen argumentieren
Durch demokratiepädagogische Angebote kann Argumentationskompetenz gegen menschen- und demokratiefeindliche Ideologien gezielt gefördert werden, um Jugendliche on- und offline in ihrer Gegenrede zu stärken.
# Haltung zeigen
Tragen Sie Ihre Haltung zu Demokratie, Vielfalt und Menschenrechten nach außen. Ermutigen Sie dabei auch Ihre Mitgliedsorganisationen und Kooperationspartner_innen, sich als wichtiger Teil der Zivilgesellschaft aktiv und offen gegen Demokratiefeindlichkeit und Rechtspopulismus zu positionieren. Beteiligen Sie sich an Kundgebungen und Demonstrationen und zeigen Sie dort als Kinder- und Jugendeinrichtung oder -verband Haltung für eine vielfältige, solidarische und offene Gesellschaft.
# Klar von Rechtspopulist_innen und Rechtsradikalen distanzieren
Einrichtungen sollten sich klar von Personen distanzieren, die einer Partei angehören oder einer Szene zugeordnet werden können, in denen völkisches, rechtsextremes, menschenfeindliches Gedankengut propagiert oder von der Ungleichwertigkeit der Menschen ausgegangen wird.
# Menschenfeindlichen Positionen keine Bühne bieten
Sie müssen AfD-Politiker_innen nicht zu Ihren Veranstaltungen einladen und können in Ihrer Satzung jegliche Zusammenarbeit mit dieser Partei ausschließen. Bei Veranstaltungen können Sie gemäß Ausschlussklausel vom Hausrecht Gebrauch machen, um Menschen auszuschließen, die menschenfeindliche Positionen äußern oder für ihr Engagement in extrem rechten Organisationen bekannt sind. Der Ausschluss von Rechtsextremen ist nicht undemokratisch, sondern ermöglicht allen, die sich durch ihre Präsenz bedroht fühlen, angstfrei an einer Veranstaltung teilzunehmen und offen diskutieren zu können.
# Solidarisch zeigen
Beziehen Sie Stellung, wenn Kinder- und Jugendeinrichtungen und -verbände sowie ihre Mitarbeiter_innen von AfD-Vertreter_innen öffentlich diffamiert und angegriffen werden. Wehren Sie Angriffe der AfD oder anderer rechtspopulistischer und -extremer Organisationen gegen einzelne Verbände, Jugendringe oder Funktionsträger_innen aus Ihrer Mitte solidarisch ab. Schreiben Sie Pressemitteilungen, Solidaritätsbekundungen, gemeinsame öffentliche Erklärungen, wenden Sie sich an die Lokalpresse und schließen Sie Bündnisse.
# Selbstbewusst und stark bleiben
Lassen Sie sich durch verbale Angriffe der AfD in Parlamenten oder parlamentarische Anfragen hinsichtlich der Förderung von Projekten oder einzelnen Jugendverbänden nicht einschüchtern und setzen Sie Ihre Arbeit fort. In schwierigen Fällen leiten Sie politische und rechtliche Schritte ein oder lassen Sie sich gezielt von den Mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus beraten, die es in jedem Bundesland gibt. Bitten Sie zivilgesellschaftliche Akteur_innen wie die Amadeu Antonio Stiftung um Rat.
MEHR ZUM THEMA IN DER BROSCHÜRE „POSITIONIEREN. KONFRONTIEREN. STREITEN“:
Praxisbeispiel: »Wir haben uns gefragt: Ist die AfD mit unserer Satzung vereinbar?« Sprecher_innenkreis des Kinder- und Jugendrings Sachsen-Anhalt e.V. (KJR) Beispiel Hannover: Ein Jugendhilfe ausschuss unter Vorsitz der AfD
Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre „Positionieren Konfrontieren Streiten -Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD“ der Amadeu Antonio Stiftung.
Sie können die Broschüre auf der Website der Amadeu Antonio Stiftung als pdf herunterladen oder unter info@amadeu-antonio-stiftung.de gedruckt bestellen.
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