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Italien Nigerianer auf offener Straße zu Tode geprügelt

Am Freitag wurde in Italien ein nigerianischer Straßenhändler mit Gehbehinderung am helllichten Tag zu Tode geprügelt. Obwohl zahlreiche Passant*innen die Tat beobachteten und sogar filmten, griff niemand ein. Die Polizei reagierte schnell – und behauptet, kein rassistisches Motiv zu erkennen.

 
(Quelle: Privat, Pixabay, BTN)

Trigger Warnung: rassistische, ableistische und klassistische Gewalt, Mord

Am 29. Juli, gegen 14 Uhr, wurde ein 39-jähriger nigerianischer Straßenhändler im Adriaküstenort Civitanova Marche auf offener Straße totgeprügelt. Sein Name war Alika Ogorchukwu. Obwohl zahlreiche Menschen die Tat auf einer belebten Einkaufsstraße beobachteten und teils sogar filmten, griff niemand ein.

Der 39-jährige nigerianische Straßenhändler Alika Ogorchukwu hatte der Freundin eines 32-jährigen Italieners Taschentücher und Feuerzeuge zum Kauf angeboten. Als die Frau in ein Geschäft ging, griff der kräftig gebaute Täter den Schwarzen Straßenhändler an, berichtet Der Standard. Der Täter entriss Ogorchukwu, der eine Gehbehinderung hatte, dessen Krücken, und schlug damit auf den Mann ein. Alika Ogorchukwu wurde im Jahr 2021 Opfer eines Autounfalls, deshalb die Gehbehinderung. Der Straßenhändler ging schließlich zu Boden. Der Täter kniete sich dann auf die Brust des Opfers. Ogorchukwu versuchte, sich verzweifelt zu wehren. Doch der 32-Jährige schlug ihm mit seinen Fäusten ins Gesicht und würgte ihn. Als sich der Straßenhändler nicht mehr regte, nahm der Mörder seinem Opfer noch in aller Seelenruhe dessen Handy ab und ging davon.  

Beinahe noch schockierender als die Tat an sich, ist der Umstand, dass in der belebten Einkaufsstraße, in der sich dieser Mord ereignete, niemand eingriff. Mehre Handyvideos, angefertigt von umstehenden Passant*innen, dokumentieren die Einzelheiten dieser grausamen Tat. In den Videos ist zu hören, wie Menschen den Täter auffordern, von seinem Opfer abzulassen. Ein Mann rief dem Täter zu: „Auf diese Weise bringst du ihn um!“ Der Fall löste landesweit Entsetzen aus, auch weil dieser Mord vor den Augen zahlreicher Passant*innen geschehen konnte, ohne dass jemand eingriff.

Die benachrichtigten Rettungskräfte kamen für Alika Ogorchukwu, Vater eines fünf-jährigen Mädchens, zu spät. Er verstarb noch am Tatort. Beamte der italienischen Polizei konnten seinen Mörder noch am Tatort festnehmen.

Mit den Abscheulichkeiten geht es aber noch weiter: Während Zeugen im italienischen Fernsehen sagten, der Mann sei nur wegen seiner Schwarzen Hautfarbe getötet worden, betonte die Polizei, dass es aus Behördensicht „keine Anzeichen“ für eine rassistische Tat gebe. Als Auslöser des Verbrechens vermuteten die Ermittler eine übertriebene Reaktion des mutmaßlichen Täters, als das Opfer nach Geld fragte. Es macht fassungslos, dass die Behörde in diesem gut dokumentierten Fall von rassistischer, ableistischer und klassistischer Gewalt diese nicht einmal benennen kann und als ersten Reflex ausblendet. Stattdessen, macht sie das Mordopfer noch zum Mittäter, weil Ogorchukwu um Geld gebeten hat.

Nach dem Mord auf offener Straße rief die nigerianische Community am Samstag zu einem spontanen Protest in Civitanova Marche auf. „Italiener waren so gut wie gar nicht präsent“, schreibt die taz. Dabei ist es eine Tat, die alle angeht. Und sie verdeutlicht wieder einmal, die rassistische Gewalt, der in besonderem Maße Schwarze Menschen in Europa und auch in Deutschland ausgesetzt sind. 

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