Heute antwortet Jörn Menge von Laut gegen Nazis, zu Gast im Saarland
Was waren die wichtigsten Ereignisse im Saarland im Jahr 2010, bezogen auf Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus?
Das kleinste Flächen-Bundesland konnte sich in der Vergangenheit nicht immer rühmen, wenn es um die Bekämpfung gegen den wachsenden Rechtsextremismus und gar den Nationalsozialismus geht (1935 gewollter Anschluss an das Deutsche Reich). Bis vor einigen Jahren war die verbotene rechtsextreme Kameradschaft „Saarsturm“ in Saarlouis noch aktiv. Diese wurde zwar verboten, aber ist unter anderem Namen wohl immer noch aktiv. Ansonsten können wir die Situation mit der bundesweiten Lage durchaus vergleichen. Die rechtsextreme Szene ist hier 2010 genauso aktiv gewesen wie anderenorts. Erfreulich ist, dass die großen Institutionen wie der DGB, VERDI und gar der Regionalverband Saarbrücken aktiv gegen rassistisches, antisemitisches und homophobes Gedankengut agieren. So unterstützen jene dauerhaft (auch 2010) die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“, bei denen wir als bundesweite Kampagne „Laut gegen Nazis“ aktiv als Partner mitarbeiten. Im März 2010 fanden in diesem Rahmen zwei Wochen lang Konzerte (u. a. mit D-Flame und Noah Sow), Workshops an Schulen (EXIT Deutschland u. w.) und viele Sonderveranstaltungen (Serdar Somuncu) statt, die in erster Linie Jugendliche für das Thema sensibilisierten. Selbst die Landesregierung und der Ministerpräsident Peter Müller engagierten sich im Rahmen dieser Veranstaltungen mit einer Schirmherrschaft. Auch 2011 werden die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ mit einem breitgefächerten Programm geschmückt und schließen mit einem Konzert von „Gentleman“ in Saarbrücken ab.
Bildungspolitik zum Thema – Regionalverband Saarbrücken (Jugendamt/Abteilung Kinder- und Jugendarbeit): „Ohne Mich!“ ist ein erfolgreiches Schulprojekt des Jugendamtes des Regionalverbandes Saarbrücken. Es richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Klasse 6 und 7, die noch nicht mit rechtsextremen Strömungen sympathisieren. Es versteht sich als „No Entry-Projekt“ und zielt darauf ab, Jugendliche in ihrer demokratischen Grundhaltung zu bestärken und über Rechtsextremismus aufzuklären. Auch 2010 wurde dieses umgesetzt.
Niederlage des NPD Vorsitzenden (Mecklenburg-Vorpommern) Udo Pastörs im Saarland 2010: Der aalglatte Pastörs aus Mecklenburg-Vorpommern wurde im Mai 2010 wegen Volksverhetzung am Landgericht Saarbrücken zu einer Haft-Bewährungsstrafe von zehn Monaten und einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt. Grund: 2009 hatte Pastörs auf einer Aschermittwochsveranstaltung der NPD in Saarbrücken-Schafbrücke vor laufenden Kameras (ARD Team) und Mikrofonen lauthals Menschen türkischer und jüdischer Herkunft beschimpft. Er sprach von „muselmanischer Bedrohung“, „Judenrepublik“ und ließ noch viel mehr vom Stapel. Im Oktober 2010 ging er in Revision. Genützt hat ihm das nichts, der Richter hielt an dem Urteil fest.
Widerstand gegen Naziveranstaltungen 2010 durchaus gut organisiert, aber auch im Saarland lässt die Anzahl der beteiligten Demokraten zu wünschen übrig. Am 17.02.2010 fand der „Politische Aschermittwoch“ in Völklingen/Geislautern statt. Kirchen, Soziale Verbände und Gewerkschaften riefen zur Blockade auf. Die anwesenden Gegendemonstranten konnten zwar erfolgreich dafür sorgen, dass die NPD-Veranstaltung nicht so gut besucht wurde, aber sie waren eben auch nicht in Masse zugegen.
Letztendlich ist das Saarland auch ein Spiegelbild der bundesweiten Entwicklungen. Die rechtsextreme Szene gibt sich wie überall gesellschaftsfähig und agiert wie immer. Auch mit Gewalt. Die Anzahl der Opfer rechter Gewalt für 2010 können wir jetzt leider noch nicht angeben. Uns liegen noch keine Zahlen vor. Fakt ist, Rassismus, Antisemitismus und Homophobie sind auch hier beherrschende Themen in Kneipen und unter Jugendlichen, die im Rahmen der „Extremismus-Debatte“ drohen, unterzugehen. Nach unserem Wissensstand soll auch im Saarland bei Projekten gegen Rechtsextremismus 2011, gekürzt werden. Grund: Es gibt neue Projekte gegen den Linksextremismus, munkeln Fachleute. Nun denn ? eben das gleiche Bild wie im übrigen Lande.
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