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Saarland 2011 Proteste gegen „Deutschenfeindlichkeit“ und potenzielle NSU-Morde

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Über das Saarland informiert heute Uwe Albrecht, Mitarbeiter der saarlandweiten Fachberatungsstelle gegen Rechtsextremismus, angesiedelt beim Adolf-Bender-Zentrum in St. Wendel.

Was waren die wichtigsten Ereignisse im Saarland im Jahr 2011, bezogen auf Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus?

Im Oktober 2011 fanden in Saarbrücken die Oberbürgermeisterwahlen statt, an denen sich auch der Landesvorsitzende der saarländischen NPD, Frank Franz, beteiligte. Die Wahlplakate zeigten durchweg das Konterfei von Frank Franz, der sich in Sakko, Hemd und modischem Haarschnitt nach außen hin zahm gab und vor allem mit sozialen Themen wie Bildung, Familie und soziale Gerechtigkeit sowie als Gegner zu städtebaulichen Großprojekten auf Stimmenfang ging. Der von der NPD erhoffte Achtungserfolg blieb jedoch aus. Mit 2,8% der Wählerstimmen erhielt Frank Franz gut einen Prozentpunkt weniger als sein Vorgänger von der NPD bei der Oberbürgermeisterwahl 2004. In drei von 20 Wahlkreisen konnte Frank Franz, der seit November 2011 auch im Bundesvorstand der NPD sitzt, jedoch mehr als 5 Prozentpunkte erreichen.

Auch wenn der Kandidat der NPD im Vorfeld der Wahlen versuchte, sich nach außen hin sozial darzustellen, schlugen immer wieder die NPD-typischen fremdenfeindlichen, rassistischen und muslimfeindichen Reflexe durch. Als Beispiel hierfür kann das seit Herbst 2011 veranstaltete Frauenschwimmen in Saarbrücken genannt werden. Diese Veranstaltung findet auch bei Musliminnen großen Anklang. Direkt vor dem Schwimmbad veranstaltete die NPD eine Demonstration gegen „Deutschfeindlichkeit und Diskriminierung“. Insgesamt muss konstatiert werden, dass aber auch in zahlreichen Leserbriefen und Kommentaren in Internetforen zum Frauenschwimmen massive Muslimfeindlichkeit geäußert wurde.

Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2011 kam es in Dillingen an der Saar gleich zu mehreren rechtsextremen Vorfällen. Unter anderem wurde die Moschee von Dillingen zweimal innerhalb kurzer Zeit Ziel von rechtsextremer Gewalt. Im Februar 2011 wurde das muslimische Gotteshaus mit Hakenkreuzen beschmiert. Keine zwei Monate später warfen Rechtsextreme mehrere Fenster der Moschee ein und skandierten dabei rechtsextreme Parolen.

Ebenfalls im Frühjahr wurde der im Dillinger Stadtteil Diefflen gelegene jüdische Friedhof geschändet. Dabei wurden zahlreiche Gräber und Namenstafeln zerstört. Nach offizieller Sprachregelung seitens der Behörden sei die Schändung des zweitgrößten jüdischen Friedhofs im Saarland nicht auf eine politisch motivierte Tat zurückzuführen. Trotz Unkenntnis über die Täter wird demnach ein rechtsextremer Hintergrund ausgeschlossen.

Auch in Völklingen ging man lange Zeit davon aus, dass die zwischen 2006 und 2011 verübten Brandanschläge auf Häuser, in denen ausschließlich Menschen mit Migrationshintergrund wohnten, keinerlei rechtsextremen Bezug hätten. Erst nachdem bekannt wurde, dass bei der örtlichen Moschee eine DVD der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) eingegangen sei, sollen nun die Brandanschläge, bei denen 20 Personen verletzt wurden, auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund hin untersucht werden. In diesem Zusammenhang wird der bis dato ungeklärte Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken im März 1999 ebenfalls neu aufgerollt.

Am 8. Dezember kam es in Saarbrücken zu einer spontanen Mahnwache für die Opfer rechter Gewalt, an der sich ca. 250 Bürgerinnen und Bürger beteiligten.

Was wird für das Jahr 2012 erwartet?

Die Untersuchungen der Brandanschläge in Völklingen sowie der Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken werden die zuständigen Behörden des Saarlandes noch einige Zeit beschäftigen. Dementsprechend ist zu hoffen, dass im neuen Jahr dem Thema Rechtsextremismus mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Der saarländische Landtag hat indessen im November für das kommende Jahr einmalig 100.000 Euro zusätzlich für Maßnahmen gegen Rechtsextremismus bereitgestellt. So begrüßenswert diese Aufstockung ist, so sind doch Zweifel angebracht, ob mit einer einmaligen Finanzmittelaufstockung dem Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft nachhaltig entgegengesetzt werden kann.

Mehr im Internet:

| Adolf-Bender-Zentrum

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

Jahresrückblicke 2011

| Baden-Württemberg: Gewalttätige und bewaffnete Nazi-Strukturen
| Berlin: Brandanschläge und verheimlichte Demonstrationen
| Brandenburg: „Spreelichter“ und „Unsterbliche“
| Hamburg: Rechtsextreme PR-Offensive
| Hessen: Gaskammerpartys und terrorisierte Nachbarn
| Nordrhein-Westfalen: Nazis setzen auf Islamfeindschaft und Gewalt
| Saarland: Proteste gegen „Deutschenfeindlichkeit“ und potenzielle NSU-Morde
| Sachsen: Ein Todesopfer, eine Terrozelle und viele Nazi-Events
| Schleswig-Holstein: Legitimationsstrategie im Landtagswahlkampf

2010

| Das kleine Saarland begehrt auf – gegen rechtsextremistische Tendenzen

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