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Mecklenburg-Vorpommern 2016 Rechtspopulismus auf dem Vormarsch, Rechtsextreme stark im ländlichen Raum

Ausführlich zur rechtsextremen Szene in Mecklenburg-Vorpommern berichtetet die RAA in der Broschüre "Rechts oben II" (Ausschnitt des Titelbildes) (Quelle: RAA MV)

 

 

Auf Tuchfühlung mit den „besorgten BürgerInnen“ – rechtes Mobilisierungspotenzial und Demonstrationsbereitschaft bleiben 2016 ebenfalls in M.-V. auf erklecklichem Niveau

Auch im Zeitraum 2016 verzeichnen wir eine bemerkenswerte Anzahl an rechten Demonstrationen, Mahnwachen, Konzerten, Kundgebungen, Flashmobs, Web 2.0-kompatiblen Formen neurechter Kommunikationsguerilla‘ (z.B. provokante Transparent-Enthüllungen rassistischer und flüchtlingsfeindlicher Couleur) sowie sonstigen Störaktionen im öffentlichen Raum. MVgida, die Pseudobündnisse ‚besorgter BürgerInnen‘ von „WX wehrt sich“ bis hin zu „YZ – Asylmissbrauch stoppen“, die Propagandaattacken der unvermeidlichen NPD und der sich mit ihren Zielen und Akteuren vermehrt fraternisierende, völkische Flügel der AfD führten ebenso ihre menschenverachtenden, diskriminierenden und „islamkritischen“ Demonstrationen in Mecklenburg-Vorpommern fort ? wenngleich diese Entwicklung, Art und Weise der politischen Intensität als auch die Frequenz rechter Aufmärsche bis zur Landtagswahl im Gegensatz zum Vorjahr merklich abflachte (rund 28 Aktionen in der Region Westmecklenburg / etwa 97 im gesamten Bundesland). Vor diesem Hintergrund bildete den Negativhöhepunkt in der breiteren Wahrnehmung sicherlich der traditionelle Aufmarsch der NPD zum 1. Mai 2016. Diesmal fand dieser in Schwerin mit etwa 400 rechtsextremen TeilnehmerInnen aus dem gesamten Bundesgebiet statt (die Zahl der GegendemonstrantInnen auf der DGB-Seite belief sich auf ca. 850). NPD-Chef Frank Franz, die Parteiikone Udo Pastörs, der Landesvorsitzende Mecklenburg-Vorpommerns, Stefan Köster, sowie Andreas Theißen als ehemaliger Leiter des Bundesordnungsdienstes der NPD und Ex-Funktionär der neonazistischen „Wiking-Jugend“, versprachen sich von der Veranstaltung einen Auftrieb zur bevorstehenden Landtagswahl.

Die Vorzeichen dafür, dass der gewaltbereite Rechtsextremismus 2016 ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern auf hohem Niveau verharrt, verdichten sich bedauerlicherweise zunehmend. Die KollegInnen von LOBBI, dem Beratungsverein für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, konstatierten bekanntlich für das Vorjahr 2015 die unfassbare Zahl von 130 rechten Gewalttaten. Auch M.-V.s Innenminister, Lorenz Caffier (CDU), musste bei der Vorstellung der Bilanz für politisch motivierte Straftaten im April 2016 einräumen, dass 1.032 aller PMK-Delikte (von insgesamt 1.259 polizeilich registrierten Delikten) – also vier von fünf Straftaten – auf das Konto von Rechtsextremen und deren Sympathisanten ging. Deutlich zugenommen haben zudem Attacken auf Geflüchtetenunterkünfte. Die amtliche Statistik für rechtsextreme Gewalttaten wies numerisch die Zahl 94 aus – annähernd dreimal so viele wie ein Jahr zuvor. Die bundesweite Entwicklung steht diesen Punkt betreffend auch 2016 unter einem dunklen Horizont: Bis September 2016 registrierten die Sicherheitsbehörde im gesamten Bundesgebiet offiziell bereits 507 Fälle rassistischer Gewalt, wie aus einer kleinen Anfrage der Bündnis-Grünen Bundestagsfraktion an das Innenministerium unter Ressortleiter Thomas de Maizière hervorgeht. Summa summarum  wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 über 1.800 PMK-Straftaten gegen AsylbewerberInnen und Geflüchtete registriert. Herunterpoliert auf M.-V. verheißt diese statistische Entwicklung in Sachen politisch motivierter Kriminalität (PMK) nichts Gutes. Wie schwer es den Behörden im konkreten Fall noch fällt, rechtsextreme PMK-Delikte zu erkennen, einzuordnen sowie konsequent zu ahnden, darauf verwies eindrücklich Dr. Jörn Hauschild (Oberstaatsanwalt vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof) während der „8. Regionalkonferenz Rechtsextremismus und Demokratieförderung“ der RAA und ihrer Partnerorganisationen in Wismar, dem größten bundesländerübergreifenden MultiplikatorInnenforum gegen die extreme Rechte im Norden der Republik.

Analog hierzu konstatieren wir (ähnlich zu den Erkenntnissen der Fachkollegin Andrea Röpke, vgl. „Ohne Verbindungen kein Erfolg im Land. Rechtsextreme Netzwerke in M.-V.“ („rechts oben II“, März 2016, S. 34-41)), dass die traditionell starke und gut vernetzte rechte Kameradschaftsszene sowie die ProtagonistInnen der Autonomen Nationalisten weiterhin im Verborgenen manche Strippen in der Szene ziehen, um einzelne Protestgruppen aufgebrachter „Wutbürger“ manipulativ zu beeinflussen oder gar personell zu infiltrieren. Diese Gruppen nennen sich in der Folge „Unser Grevesmühlen“ oder „Teterow wehrt sich“. Sie gründen Bürgerwehren in Rostock und Güstrow oder inszenieren – wie Anfang Oktober 2016 – Übergriffe und Gewalttaten gegenüber Geflüchteten auf dem Schweriner Marienplatz (Gruppierung „Deutschland wehrt sich“). Weiterhin aktiv sind viele der einschlägigen Akteure der Neonazi-Kameradschaften in Vorpommern. Dergestalt fraglos der „Kameradschaftsbund Anklam“ (KBA), die „Nationalgermanische Bruderschaft“, die „Aryan Warriors“ in Ueckermünde respektive der „Kameradschaftsbund“ auf Usedom und in Bargischow als auch der „Jugendbund Pommern“. Als Rädelsführer des KBA sind u.a. der Hammerskin Detlef R. und sein Kompagnon Alexander W. aus Salchow anzusehen. Die Gruppierung „Freies Pommern“ unter straffer Führung der Gebrüder Tino und Marko Müller ist im drittgrößten Landkreis der Bundesrepublik, Vorpommern-Greifswald, agitierend unterwegs. Dabei war der ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete Tino Müller bereits im Rahmen der letzten Kommunalwahlen in M.-V. in die Schlagzeilen geraten, weil gegen ihn und dessen Bruder im Kontext eines Gewaltdeliktes in Greifswald („Überfall von vermummten rechten Schlägern auf ein linkes Wohnprojekt“) ermittelt wurde.

Die andere Seite der Medaille sozialer wie gesellschaftspolitischer Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern soll an dieser Stelle nicht verhehlt werden: Seit der sozietären Herausforderung im Kontext der Geflüchtetenarbeit, rund um das Ringen gegen die Menschenfeindlichkeit aus dem rechten Spektrum und die Ankunft der NeubürgerInnen sind seit 2015/2016 über 100 Initiativen, Menschenrechtsvereinigungen, Integrationsorganisationen, engagierte BürgerInnen- und Aktionsbündnisse in Mecklenburg-Vorpommern aktiv geworden. Ebendiese wirken Tag für Tag erfolgversprechend und darüber hinaus zumeist ehrenamtlich für ein demokratisches Miteinander sowie gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus an der ostdeutschen Küste zwischen Wismar und Usedom. Eine wichtige Tatsache, der in der medialen Auseinandersetzung mit den Sachverhalten und ‚Bad News‘ aus dem „braunen Nordosten der Republik“ oft nicht das publizistische Gewicht zugebilligt wird, welches diese zweifellos verdient hätte.

 

Wahlen in MV 2016[1] – Ist die Demokratie mit dem blauen Auge davongekommen? Wohl kaum!

Das Jahr 2016 wird bedauerlicherweise als frustrierender zeitlicher Wendepunkt in die jüngere Politikgeschichte eingehen, an dem Rechtspopulisten auch in Mecklenburg-Vorpommern den Einfluss- und Ereignishorizont des politischen Establishments stark eingetrübt haben. Die „Einwanderungskritiker“ und Rechtspopulisten der AfD zogen als zweitstärkste Kraft mit knapp 21% der abgegebenen Zweitstimmen (WählerInnenvotum von ca. 168.000 Menschen) ins Schweriner Schloss ein. Trotz eines intensiven und phasenweise unerträglich aggressiven Wahlkampfes flog die NPD mit 3% — respektive mit einem Zweitstimmenergebnis von etwas über 24.000 WählerInnen — aus dem Landtag. Nichtsdestotrotz bleiben die Rechtsextremen der NPD lokal und regional gut vernetzt sowie landesweit in vielen Kommunalparlamenten und allen Kreistagen M.-V.s vertreten und somit eine rezente Gefahr für die demokratische Entwicklung zwischen Ostseeküste und Mecklenburgischer Seenplatte.

Der AfD-Parteivorsitzende im Küstenland rechts der Elbe, der ehemalige Moderator des privaten Radiosenders Antenne Mecklenburg-Vorpommern und „rechte Sonnyboy“ Leif-Erik Holm schwadronierte angesichts des Erdrutschsieges seiner Partei im Stammland von Bundeskanzlerin Merkel im September 2016 von einer „kleinen Bundestagswahl“. Die AfD etablierte sich im Wahlkampf durch die Instrumentalisierung und Polarisierung der öffentlichen wie medialen Debatte um die Kernthemen Zuwanderung und Integration und hatte mit der scharfen Ablehnung sowie der pauschalen Verurteilung der Politik der Bundesregierung Erfolg. Auch in M.-V. verfolgte die AfD ihre Strategie der harschen Skandalisierung demokratischer Politik, insbesondere im Themenfeld der Flucht- und Asylfragen. Furore machte in diesem Kontext die Personalie der Schweriner Stadtvertreterin Petra Federau, die angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen mit der Integration geflüchteter NeubürgerInnen von einer avisierten „Umvolkung“ durch etablierte politische Kräfte sprach. Zuvor fielen Protagonisten der AfD bereits negativ auf, da sie beispielsweise — wie der zweite Sprecher des Landesverbandes, Matthias Manthei, oder AfD-Mitglieder des Kreistags von Vorpommern-Greifswald — für NPD-Anträge votierten. Die folgenden Monate im Wahlkampf zur Neubesetzung des Schweriner Parlamentes zeigten deutlich, dass der nationalkonservativen Flügel der AfD den Landesverband faktisch dominiert. En passant zum Wahlergebnis in M.-V. wurde der in den zurückliegenden Jahren gegenüber der NPD erfolgreich angewandte „Schweriner Weg“ vom Parlament ad acta gelegt.

Achtzehn Abgeordnete der AfD zeigen seitdem im Schweriner Schloss Präsenz. Darunter Vertreter, die offen Ressentiments gegenüber dem Islam, Geflüchtete, „Fremde“ und „linke Gutmenschen“ als Feindbilder schüren und die parallel hierzu die grassierende Politik- und Elitenverdrossenheit innerhalb einiger Gesellschaftsmilieus geschickt für ihre wenig fundierte Agenda auszunutzen verstehen (Vgl. den Kasseler Soziologen Heinz Bude, der das „Milieu der Verbitterten“ untersuchte). — Dementsprechend ist beispielsweise der Burschenschaftssympathisant („Rugia Greifswald“) und Ex-Schill-Parteigänger Enrico Komning in der Machtzentrale parlamantarischer Entscheidungsfindung angelangt. Als Mitglied des Innen- und Europaausschusses des Landtags strebt er in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK), die unter Geheimhaltung den Landesverfassungsschutz kontrolliert; zudem besitzen die Mitglieder des letztgenannten Gremiums das Recht, jede nachrichtendienstliche Stelle zu besuchen und Akteneinsicht zu fordern. Hochsensible Daten stünden dem Rechtspopulisten damit zur Verfügung. Sein Parteifreund Thomas De Jesus Fernandes, bereits seit 2014 Abgeordneter im Kreistag Ludwigslust-Parchim, hetzte im Vorfeld des Wahlkampfes offen gegen ältere ArbeitnehmerInnen, „Scheinasylanten“ und den „Nazifizierungskomplex“ der demokratischen Parteien wider die AfD.

Der Greifswalder Rechts(extrem)-Professor Ralph Weber, der gern mal – trotz Verbot – mit Thor Steinar-Kleidung zur Uni kam und sich als notorischer Grundgesetzkritiker geriert, ist dem völkischen Flügel der AfD zuzurechnen. Zudem hatte er dem ehemaligen Rechtsrocker der Neonaziband Hassgesang (Maik Bunzel, faschistoide Songs: „Bis zum letzten Tropfen Blut“, „Zurück ins Reich“ oder „Nigger out“) zum Doktortitel in Jura verholfen. Letzterer trat von seiner Cottbusser Anwaltskanzlei aus 2016 als Verteidiger Ralf Wohllebens im NSUProzess auf.

Auch AfD-Landesvorstand Holger Arppe und Hans-Thomas Tillschneider, Vorstandssprecher der „Patriotischen Plattform“ der Rechtspopulisten, sind dem Konzept der „Identitären Bewegung“ (IB) der „Bewahrung unserer deutschen Identität“ (zit.: Homepage-Aussage) nicht abgeneigt. Sie plädieren für eine engere Kooperation mit neueren rechten Bewegungen.

 

Identitäre: „Rechte Hipster“ ziehen nach Rostock

Bereits ab März 2016 machten Akteure der „Identitären Bewegung“ (IB) durch Sticker-Aktionen und Flashmobs verstärkt im öffentlichen Raum auf sich aufmerksam (Rehna, Wismar, Rostock, Ribnitz-Damgarten u.a.). Es zeigt sich auch hier: Die Identitären mit ihrem scheinbar weichgespülten und mainstreamkompatiblen Konzept des Ethnopluralismus (aka „kulturelle Reinhaltung eines Volkes“) tun sich schwer damit, in praxi tatsächlich ohne biologistische, völkische bis hin zu offen rassistischen Parolen auszukommen. Mit ihren – in einschlägigen sozialen Netzwerken artifiziell aufgepimpten und verbreiteten – Kampagnen greifen sie konsequent auf die „Widerstandsrhetorik klassischer Hetzparolen“ altrechter Vorkämpfer zurück. Weiterhin hieß es dann auch in MV: „Wehr dich! Es ist dein Land!“ oder die immer wiederkehrende provokante Frage wird gestellt: „Willst du wirklich warten?!“ (im Kontext der Silhouette einer schwarzen, „islamisierten Stadt unter arabischer Mondsichel“, die vormals wohl einmal Berlin gewesen sein soll). Neben dem Rostocker Daniel Fiß, Ex-„JN-Schulungsbeauftragter“, Organisator und Gallionsfigur der IB in MV, tauchen des Öfteren Jan Krüger und Daniel Funke als Redner und ideologische Anheizer der Identitären entlang der Ostseeküste auf.

Die Akteure der IB selbst bezeichnen sich in geschichtsvergessener und äußerst eingeschränkt reflektierter Manier kontinuierlich als „Jugend ohne Migrationshintergrund“. Einige stehen unverblümt den Jungen Nationaldemokraten (JN) nahe und huldigen mit plakatiertem Konterfeit und Buttoncamouflage ohne Skrupel dem neurechten Vordenker Götz Kubitschek, der mit dem hetzerischen „Thinktank“ Institut für Staatspolitik (IfS) von sich reden macht. – Im Juni 2016 störten AktivistInnen der Identitären den „Tag der offenen Tür“ im Landtag, hissten Banner vor dem Schweriner Schloss, bedrängten VertreterInnen der B90/GRÜNEN Landtagsfraktion und skandierten unmissverständlich die Parole „Unser Land ? Unsere Werte ? Unsere Fahnen“.

Bis zum Jahresende wird der Vereinssitz des „Identitäre Bewegung Deutschland e.V.“ wohl komplett aus Nordrhein-Westfalen in die Hansestadt Rostock verlegt worden sein. IB-Bundesleiter Nils Altmieks sieht augenscheinlich gute Gründe, in Mecklenburg-Vorpommern aktiv zu werden. Akteure der Rostocker Kameradschaft „Nationale Sozialisten Rostock“ (Autonome Nationalisten-Szene), die mutmaßlich mit der IB sympathisiert, wird es freuen.

 

Reichsdeutsche Verschwörungstheorien gedeihen auch an der Ostseeküste. Leider.

Im ausgehenden Jahr 2016 wurde durch die Gewaltereignisse um den 49-jährigen „Reichsbürger“ Wolfgang P. aus Georgensgmünd (tödlicher Schusswaffengebrauch gegen einem aus M.-V. stammenden Polizisten im Freistaat Bayern) eine lange Zeit jenseits von FachvertreterInnen kaum beachtete Spielart rechter Aktionsformen medial überregional bekannt: Die sogenannte Reichsbürgerbewegung. Irisierende Selbstdarsteller wie der „König von Deutschland“, Peter Fitzek, oder der Mecklenburger Rüdiger Hoffmann (alias Klasen aka „Kunkel Speerwerfer“) von „Staatenlos.info“ erlangten in der Folge auch über ihre einschlägigen YouTube-Kanäle (im Durchschnitt Klickraten im mittleren vierstelligen Bereich) hinaus ein verhältnismäßig hohes Kontingent an Aufmerksamkeit. Der seit langem polizeibekannte Hoffmann, reichsideologischer Politaktivist und ehemaliger NPD-Kader, tritt dabei stets mit seinem Adlatus Helmut Buschujew auf und macht durch die Verhöhnung der Bundesrepublik und ihrer gewählten Vertreter bzw. ihrer entsprechenden Verwaltungsakteure im öffentlichen Dienst von sich reden. Das Spektrum der in der Tat äußerst verschrobenen Ideologie der Reichsbürger reicht dabei von völkischer Esoterik, Antisemitismus inklusive Holocaustleugnung, über das Bekenntnis zum Nationalsozialismus und einem damit amalgamierten, chronischen Geschichtsrevisionismus, bis hin zur gewaltaffinen Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie einer propagandistischen Hinwendung zur totalitären Autokratie. Auch Bedrohungen, Einschüchterungsversuche und tätliche Übergriffe gegenüber Verwaltungsmitarbeitenden stellen in diesem Kontext bedauerlicherweise keine Ausnahmen dar. In M.-V. wurden insbesondere Behördenmitarbeitende in der Landeshauptstadt Schwerin, aber ebenfalls Angestellte und MandatsträgerInnen in Wismar, Rostock, Wittenburg, Stralsund, Greifswald und Parchim (u.a.) bedrängt.

Der Zuspruch des berüchtigten Volksverhetzers Horst Mahler, der im Schulterschluss mit seinen Kameraden Uwe Meenen und Reinhold Oberlercher das straff antisemitische und rassistische Schulungszentrum Deutsches Kolleg (DK, Würzburg) betreibt, gab den „Reichsdeutschen“ zusätzlichen Auftrieb. Charismatische und selbst in der Szene kontrovers diskutierte Sozial-Media-Hetzer und notorische Hasscholeriker vom Format eines Frank Thomas Blüthner, der als „faschistoider Trollfürst“ die sozialen Netzwerke hierzulande belagert, strahlten in jüngster Vergangenheit dito auf das bizarre politische Engagement der „Reichsdeutschen“, „Selbstverwalter“ und völkischen Milieumanager ab.

Es bleibt zu konstatieren, dass die „Reichsbürger“ mit ihrer Agitation die postfaktische Sehnsucht einer völkisch-konservativen Einwohnerklientel nach einem voraufklärerischen, im gewissen Sinne „magischen“, realitätsfernen Wirklichkeitsverständnisses bedienen, in dem das bloße Bauchgefühl über die Ambiguität als auch über die sozialen Härten einer im Kern »unverstandenen wie grundsätzlich abgelehnten globalisierten Moderne triumphiert. Insofern gilt vor dieser Bühnenblende auch für einige ewig gestrige Bevölkerungskreise Mecklenburg-Vorpommerns: »‚Fake News‘ are good News!«

 

Lesetipps:

„Eine wertvolle Handreichung und Aufklärung über Rechtsextremismus im nordöstlichsten Bundesland“ (Horst Freires, Rezension in: Blick nach rechts, 7. April 2016) bietet: Regionale Arbeitsstellung für Bildung, Integration und Demokratie M.-V. e.V. (RAA, Hrsg.): Rechts oben II, Waren (Müritz) 2016, 176 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Download als PDF- sowie als EPUB-Datei unter: www.raa-mv.de/de/publikationen

[1]   Vgl. Martin Koschkar/Jan Müller/Christian Nestler (Hrsg.) Die Landtagswahl in Mecklenburg- Vorpommern 2016 – Die Parteien im Wahlkampf und ihre Wähler, in: Rostocker Informationen zu Politik und Verwaltung (Heft 36?2016), 146 Seiten.

 

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