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Jahresrückblick 2023 Sachsen-Anhalt – Anastasia, Institut für Staatspolitik und AfD

Jahresrückblick: In Sachsen-Anhalt arbeitet das „Institut für Staatspolitik“ relativ unbeachtet weiter an der Radikalisierung der AfD, während sich Anastasia-Siedler*innen im Harz einquartieren.

 
Wienrode, ein idyllisches Dorf im Harz, wurde von Anastasia-Anhänger*innen als Siedlungsort auserkoren. (Quelle: Wikimedia / Dguendel / CC BY 3.0)

Die Fragen beantwortet David Begrich von Miteinander e.V.

Welche Akteur*innen aus dem rechtsextremen bzw. demokratiefeindlichen Spektrum sind wie in Erscheinung getreten?

Das Spektrum ist breit und reicht von der neonazistischen Kleinstpartei „Dritter Weg“ über verschiedene Gruppen der Reichsbürger bis zu verschwörungsideologisch motivierten Protestformaten, die aus den Corona-Protesten hervorgegangen sind. Zwischen Reichsideologen und den lokalen Protestformaten gibt es durchaus Schnittmengen. Die sogenannten Montagsproteste haben sich in einigen Regionen in Sachsen-Anhalt auf niedrigem Niveau verstetigt und bilden ein vorerst selbstreferenzielles Milieu, welches jedoch beständig die Mehrheitsgesellschaft in der Hoffnung auf einen Protestaufschwung adressiert.

Die Aktivitäten des rechtsextremen „Institut für Staatspolitik“, welches seinen Sitz in Sachsen-Anhalt hat, stehen nur selten im Licht des öffentlichen Interesses. Die hier stattfindende Schulungs, – Vernetzungs, und Strategiearbeit hat Einfluss auf die gesamte AfD und deren politisches Umfeld.

Gibt es neue Entwicklungen?

Für Sachsen-Anhalt beobachteten wir im zu Ende gehenden Jahr den Zuzug von Neonazi-Kadern aus NRW. Es ist offenkundig, dass diese Personen beabsichtigen, sich in Sachsen-Anhalt neu aufzustellen, sich hier zu verankern und von hier aus ihre Aktivitäten fortzuführen. Es zeigt sich, dass Ostdeutschland für diverse extrem rechte Akteure eine Region ist, wo Neustarts ausprobiert werden.

Wie geht es der AfD in Sachsen-Anhalt?

Der AfD Landesverband Sachsen-Anhalt gehört seit Jahren zu jenen im Gesamtgefüge der Bundespartei, die Radikalisierung der Partei strategisch vorangetrieben haben. Außerparlamentarisch versuchte die Landespartei in 2023 zu den Themen Energiepreise und Ukraine-Krieg zu mobilisieren. Hierzu gab es Demonstrationen und Kundgebungen. Diesen Protest konnte die Partei jedoch nicht verstetigen. Die AfD Jugendorganisation „Junge Alternative“ richtete 2023 ein in der Altmark stattfindendes Sommerfest aus, welches bundesweite Ausstrahlung hatte und mehrere hundert Teilnehmer anzog.

Wie andere Landesverbände auch, setzt die AfD in Sachsen-Anhalt sehr auf die strategische Kommunikation ihrer Inhalte über TikTok und ähnliche Plattformen. Dort ist sie, von den Nutzerzahlen her betrachtet, sehr reichweitenstark.

Derzeit wirbt die AfD um Kandidaten für die 2024 stattfindenden Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt, von deren Ergebnissen sich die Partei eine breitere Verankerung in den Kommunen und Kreisen verspricht.

Gibt es etwas, was Du vermehrt in Sachsen-Anhalt beobachtest?

Exemplarisch ist hier das völkische Siedlungsprojekt in Wienrode im Harz zu nennen, wo „Anastasia“ ein Anwesen betreibt, in welchem über das eigene Milieu hinaus um Publikum und Anhängerschaft geworben wird. Feste und Begegnungsevents gehören zum Repertoire, um Menschen anzuziehen, die auf der Suche nach alternativen Lebensentwürfen und Stilen sind.

Wie reagiert die Zivilgesellschaft?

Es gibt in zahlreichen Orten Initiativen und Einzelpersonen, die mit hohem Engagement unter nicht gerade einfachen Bedingungen eine lokal verankerte Arbeit für Demokratie leisten. Viele Aktive erleben Anfeindungen, berichten davon, dass ihre Kräfte und Ressourcen auf harte Proben gestellt werden, und sie Prioritäten setzen müssen. Es braucht Mut, sich einem kleinstädtischen Kontext dauerhaft zu engagieren.

Die Proteste gegen den Europa-Parteitag der AfD im Sommer in Magdeburg waren ein wichtiges Zeichen, der Sichtbarkeit demokratischen Engagements, das von vielen Menschen getragen wurde und bundesweit Beachtung fand.

 

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