Am vergangenen Samstag, den 1. Juni 2019, haben Rechtsextreme verschiedener Parteien und Geschichtsrevisionist*innen im Dorfhaus in Wiehl-Dreisbach (NRW) zum wiederholten Mal eine Veranstaltung durchgeführt.
Zu dem „Lesertreffen“ der Zeitschrift „Die Russlanddeutschen Konservativen“ waren mehr als 50 Personen angereist. Die „Russlanddeutschen Konservativen“ ist ein Netzwerk rechtsextremer Russlanddeutscher, dass personell hohe Überschneidungen mit der 2013 in Wiehl gegründeten neonazistischen Kleinstpartei „Arminius – Bund der Deutschen“ (Arminiusbund) aufweist. Zuvor war dieser Personenkreis als „Russlanddeutsche in der NPD“ aufgetreten. Im Mittelpunkt des Programmes des Arminusbundes stehen Begriffe wie Volk und Abstammung. Eines ihrer Ziele ist die Ablösung des Grundgesetzes durch eine „richtige“ Verfassung, die Direktwahl des Bundespräsidenten sowie eine finanzielle monatliche Unterstützung von Müttern für jedes deutsche Kind.
Das ganztägige Treffen im Dreisbacher Dorfhaus am Samstag diente unter anderem zur Vernetzung der geschichtsrevisionistischen Holocaustleugner-Szene. Die Veranstaltung wurde von Johann Thießen, dem Bundesvorsitzenden des Arminiusbundes und Irma Geppert aus Marienheide organisiert. Geppert war 2014 Kandidatin des Arminiusbundes zur Wahl des Oberbergischen Kreistages. Die Teilnehmer*innen und Referenten waren teils aus Bayern, Rheinland-Pfalz, Norddeutschland und Thüringen in das Oberbergische angereist.
Als Referenten waren der AfD-Mann aus Heusenstamm, Carsten Härle, Roland Wuttke, Redakteur der neonazistischen Zeitschrift „Volk in Bewegung“, Wolfram Schiedewitz, Vorsitzender des rechtsextremen Vereins Gedächtnisstätte e.V., sowie der völkische und antisemitische Youtuber Nikolai Nerling („Der Volkslehrer“) vor Ort. Im Vorfeld war zwar der Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub angekündigt. Seinen Vortrag über die Ziele der „Europäische Aktion“ (EA) übernahm dann jedoch Axel Schlimper, früherer Bereichsleiter der angeblich aufgelösten „Europäische Aktion“ in Thüringen.
„Europäische Aktion“
Die international agierende Gruppe „Europäische Aktion“ wurde etwa 2008 oder 2009 durch den Holocaustleugner Bernhard Schaub in der Schweiz gegründet. Er deutet nicht nur an, dass die Shoah lediglich eine „angloamerikanisch-zionistische Propaganda-Lüge“ sei. Laut Schaub seien in Auschwitz höchstens 74.000 Häftlinge gestorben, davon „die Hälfte eines natürlichen Todes“. Die EA galt oder gilt als Dachverband für Holocaustleugner*innen. Ihr Ziel ist es, alle „Nicht-Europäer*innen“ aus Europa zu verbannen und eine wehrhafte europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik einzuführen. Grundlage dieser europäischen Neuordnung sollen ethnisch und kulturell homogene Nationalstaaten sein. Die Europäische Aktion wirbt daher für die Erhaltung einer europäischer Kultur gegenüber allen nicht-europäischen, die sie bedrohen sollen. Ihre angestrebte Weltordnung entspricht einer Welt globaler Apartheid. Der internationale Zusammenschluss gibt vor, sich offiziell 2017 aufgelöst zu haben.
Unter den Teilnehmer*innen der Veranstaltung am Samstag befand sich auch Sascha Wagner (ehemaliger Vize-Vorsitzende der NPD in Rheinland-Pfalz), Manfred Dammann (NPD / Nordland TV) und Henry Hafenmayer. Bereits im vergangenen Jahr hatte im Dorfhaus in Dreisbach ein „Lesertreffen“ der „Russlanddeutschen Konservativen“ stattgefunden. Als Referenten waren damals u.a. Roland Wuttke und Bernd Schaub aufgetreten. Zu Beginn der Veranstaltung wurde das Deutschlandlied in allen drei Strophen gesungen. Genau wie am vergangenen Samstag.
Bei der Veranstaltung wurden zahlreiche rechtsextreme Bücher und Zeitschriften angeboten, unter anderem „Die Russlanddeutschen Konservativen“, „Volk in Bewegung“, die Bücher „Kommandaturbefehle – eine Betrachtung“ von Ernst Böhm, „Wie tickt Gauland? “ vom Karl-Heinz Hoffmann, sowie das Heft „Das danken wir dem Führer“, Erstausgabe 1938 in einer Neuauflage von 2019.
AfD-Mann Carsten Härle war der erste Redner
Der AfD-Politiker Carsten Härle war im offiziellen Programm der Veranstaltung nicht aufgelistet, allerdings war er der erste Redner. Er kritisierte die AfD scharf für ihre Abgrenzung gegenüber Rechtsextremen, die Unvereinbarkeitserklärung der Partei und erzählte vom derzeit laufenden zweiten Parteiausschlussverfahren gegen ihn.
Alle Redner sprachen über Paragraphen 130 StGB, der Volksverhetzung unter Strafe stellt. Sie bezeichneten die juristische Ahndung bei Volksverhetzung als „Denkverbot“ und die offizielle Geschichtsschreibung als „Diktat der Besatzer“. Daher sei die „Neuordnung“ der Gesellschaft und des Staates nicht durch Parteien, Vereine oder Körperschaften zu erreichen, da diese verboten würden, wenn sie gewisse Grenzen überschreiten. Als Hoffnungsträger wurden immer wieder lose Strukturen wie völkische Siedler, Kameradschaften, Projekte der Anastasia-Bewegung und patriotische Stammtische oder die offiziell aufgelöste „Europäische Aktion“ benannt. Axel Schlimper betonte, dass die EA nur aufgelöst worden sei, um den staatlichen Repressionen zu entgehen. Sämtliche Strukturen der Bewegung würden jedoch weiterhin an der „Befreiung des deutschen Volkes“ arbeiten. Vor allem mit den osteuropäischen „Kameraden“ bestehe eine enge Zusammenarbeit.
Schlimper sprach davon, dass die Ziele der EA verbreitet werden sollen, damit am Tag X die neue Ordnung auf den Grundsätzen der EA aufgebaut werden kann und dann keine Zeit zum Diskutieren sei. Dabei entspricht ihre angestrebte Weltordnung einer Welt globaler Apartheid. Diese Konzept beschreibt eine Welt ethnisch und kulturell homogener Staaten. Sie argumentieren dabei unverhohlen rassistisch, da sie gerade die Hautfarbe als entscheidendes Merkmal ausmachen. Die Kultur spiegelt für sie den biologischen Charakter von Völkern wieder.