Der ehemalige Schulleiter der Jawne, Erich Klibansky (1900-1942), hatte mittels der „Kindertransporte“ in einer waghalsig-vorausschauenden Aktion 130 seiner Kölner Schüler*innen aus Deutschland nach England gebracht – und rettete sie so vor ihrem sicheren Tod. Seine Schule war Anfang der 1930er Jahre unter dem Verfolgungsdruck auf 400 Schüler angewachsen. Klibansky und seine Familie wurden im Juli 1942 in der Nähe von Minsk ermordet.
Die Kindergedenkstätte Löwenbrunnen
Der Künstler Hermann Gurfinkel (1926 – 2004), selbst ehemaliger Jawne-Schüler, gestaltete 1997 die Kindergedenkstätte Löwenbrunnen am historischen Ort der Jawne, unmittelbar vor dem Lernort Jawne gelegen. Der Brunnen erinnert an die über 1100 deportierten Kinder und Jugendlichen aus Köln, deren Namen auf acht den Brunnen umlaufenden Bronzeplatten verzeichnet sind. Regelmäßig finden dort Gedenkveranstaltungen mit Schulklassen statt.
Dass die Tat der selbsternannten Kölner Tierschützer – die sich zu der Tat bekannten – als antisemitisch zu bewerten ist, spricht vieles: Vor allem, weil dieser in der Innenstadt gelegene Ort selbst für Kölner nur schwer zu finden ist. Den kleinen Erich-Klibansky-Platz kennen nicht viele Menschen. Die Täter müssen also, wie der Arbeitskreis Jawne in einer Presseerklärung mitteilt, „von seiner Existenz gewusst haben“ und sie müssen auch – die Inschriften auf dem Gedenkbrunnen sind eindeutig – „gewusst haben, dass es sich hier um eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer der Shoah“ handele. „Wir können uns keine Argumentation vorstellen, die diese Schändung erklärt, und wir wollen es auch nicht. Es ist einfach nur zum Kotzen,“ schreiben sie.
Das Entsetzen in Köln über die Tat war groß. Zahlreiche Institutionen gaben eigene Erklärungen ab. Abraham Lehrer, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden und der Kölner Vorstand der Synagogengemeinde, betonte, den Gedenkbrunnen „mit roter Farbe als Symbol für Blut zu schänden“ sei ein „Akt der grenzenlosen Geschmacklosigkeit und eine Verhöhnung der Opfer des Holocaust, insbesondere der Kinder und Jugendlichen sowie deren überlebenden Angehörigen.“
Nach einem Tag reagierte Animal Rebellion Köln via Twitter, mit einer Entschuldigung, die wenig überzeugend klingt: „Wir bedauern, dass hier der jüdischen Kultur unbeabsichtigt Unrecht getan wurde“, sie setzen also die planmäßige Vernichtung jüdischen Lebens mit der „jüdischen Kultur“ gleichs. Ihre Sprühparolen – ein Stierkopf sowie, auf dem Rand des Brunnen die Parole „Animals bleed for human greed“, würden sie „zeitnah entfernen“. Und: „Die Farbe im Wasser sollte sich nach unserem Kenntnisstand zeitnah selbst auflösen“. Zukünftig würden sie – es soll sich um eine kleine Gruppe junger Aktivist*innen handeln – den historischen Hintergrund für ihre symbolischen Aktionen „reflektieren“. Und, so fügen sie hinzu: „Wir sehen ein, dass Aktionen besser durchdacht werden müssen.“
Die naheliegende Frage, warum sie sich ausgerechnet diesen nur schwer zu findenden Ort in Köln für ihre mehr als geschmacklose Aktion ausgesucht haben, beantworten sie in ihrer Stellungnahme jedoch nicht. Auch nicht, ob sie mit der Wahl der jüdischen Gedenkortes nicht doch, im Einklang mit rechten Gruppierungen wie der AfD, bewusst gegen das jüdische Schächten protestieren wollten.
Kontinuität von Shoahvergleichen
Dass Holocaustvergleiche bei radikalen Tierschützer*innen keine „Ausnahme“, keine „Ausrutscher“ sind, das dürfte sich selbst in ihren Kreisen herumgesprochen haben. Solche geschichtsrevisionistischen Vergleiche treten seit Jahren in beängstigender Regelmäßigkeit auf. Vor wenigen Monaten sorgten die Aussagen des Mitbegründers von Extinction Rebellion, Roger Hallam, für Aufsehen. Der deutsche Ableger der Klimarebellen distanzierte sich nach öffentlichen Protesten hiervon und versprach im Dezember 2019 einen „Neustart“. Aber bereits vor acht Jahren, im November 2012, hatte der Europäische Gerichtshof das Verbot einer Peta-Kampagne bestätigt, weil hierdurch „das Persönlichkeitsrecht heute lebender Juden“ verletzt werde. „Masttiere sind keine KZ-Häftlinge“ titelte die taz 2012.