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Kommentar Naidoo – Dieser Weg wird zu Chris Ares führen

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(Quelle: Screenshot: YouTube Digitaler Chronist Alternative vom 19.04.2020)

Vor kurzem kam mir eine Situation wieder in den Sinn, die ich beinahe ganz vergessen hätte: Samy Deluxe fragte mich im Jahr 2012 in seiner Kunstwerkstatt, wo ich mit Irie Révoltés an den Aufnahmen zu „Allez“ saß, in welcher Stadt ich leben würde.

Meine Antwort brachte ihn zum Strahlen. „Mannheim“, freute er sich, „wie Xavier“. Wahrscheinlich wollte er nett sein und ein bisschen Konversation mit Kunden betreiben, mir aber blieb mein Käsebrot im Hals stecken. Denn in meiner Wahrnehmung empfanden sich Samy und Naidoo als Freunde. So kam ich nicht umhin, mich an Samys Küchentisch von seinem Freund Naidoo zu distanzieren, denn ich mag wirklich eine ganze Menge an Mannheim, Naidoo gehört nicht dazu und das hat gute Gründe.

Erwartungsgemäß endete daraufhin mein Gespräch mit Samy abrupt, was mir damals offen gestanden selbst in meiner erwachsen gewordenen „Fan“-Seele weh tat, schließlich war ich unter anderem mit seinem Rap groß geworden. Allerspätestens seit „Dis‘ is wo ich her komm“ könnte man auch über ihn diskutieren, aber darum soll es jetzt hier nicht gehen.

Und jetzt, 2020, ist es also soweit. Aber halt. Das war vorschnell. Vor vier Jahren, 2016, interviewten mich play loud! productions für die Dokumentation German Pop and Circumstance – Deutsche Pop Zustände die auf 3sat und im ZDF ausgestrahlt wurde. Das Konzept der Sendung sah vor, verschiedene Protagonist*innen mit Musik(-Videos) zu konfrontieren und ihnen Einschätzungen zu den Songs zu entlocken. Ich kam nicht umhin mich mit einem Song Naidoos auseinander setzen zu müssen, dem „Hidden Track“ des „XAVAS“ Album von Kool Savas und Naidoo. Nach dem Hören und bei der inhaltlichen Einordnung des Songs empfahl ich vor laufender Kamera, freilich zynisch motiviert, eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremen Rapper „Makss Damage“ für die nächste Schulhof CD der NPD.

Und jetzt, 2020, ist es also soweit. Vor wenigen Tagen ist Xavier Naidoo virtuell zugeschaltet im Youtube-Kanal von „Digitaler Chronist Alternative“ zu Gast, wo ihn Thomas Grabinger nach zähen beinahe zwei Stunden Sendezeit fragt:

„Könntest du dir vorstellen, eventuell, … ich weiß nicht ob du’n bisschen über die Musikszene der … Patrioten… ich mag das Wort eigentlich gar nicht so gern, aber das ist halt so der Oberbegriff für unsere Kanäle, mal vielleicht auch Chris Ares oder Prototyp falls dir die…, die sind HipHopper, Deutsche, die … also … ähm … eben nicht mit….“

An dieser Stelle fällt ihm Naidoo ins verstammelte Wort und gibt trotz fehlender Fragestellung die Antwort:

„Also mit Chris Ares stehe ich sowieso in Kontakt.“

Woraufhin Grabinger entgegnet:

„Na siehste, geht doch.“

Er lässt dabei offen, ob er einen vollständigen Hauptsatz meint, den immerhin der Gast des Talkformats zustande bringt, oder den Inhalt von Naidoos Äußerung.

Noch mal der Reihe nach. Naidoo ist also am 19. April 2020 Gast in der nach eigener Beschreibung „polit-satirischen“ (mit Verweis auf Art. 5 III Satz 1 GG, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit) Sendung „Digitaler Chronist Alternative“, „moderiert“ (naja…) von Thomas Grabinger. Soweit, so unspektakulär, denn seit Naidoos sogenanntem „Schockervideo“ buhlen selbsternannte Patrioten auf YouTube wie Grabinger und Oliver Janich um dessen Aufmerksamkeit, um ihn als leuchtende Spirit of Ecstasy Kühlerfigur vor den nationalistischen Rollce Royce zu nageln.

Schauen wir uns also einmal die Beteiligten an:

Thomas Grabingers Youtube-Kanal „Digitaler Chronist Alternative“ hat momentan knapp unter 53.000 Abonnements. Wie auf den meisten solcher rechtsalternativen Kanäle geht es inhaltlich und in den Kommentaren um GEZ-Gebühren, Kritik an den etablierten Parteien, das linke Meinungsdiktat und in den letzten (Corona-)Wochen auch um Bill Gates, dem Verschwörungstheoretiker gerade unterstellen, er stecke hinter Covid 19 und wolle mit Hilfe eines Mikrochips die Kontrolle über die Menschheit erlangen.

Grabingers Hauptbetätigung der letzten Wochen scheinen dabei die sogenannten „Hygiene-Demonstrationen“ auf dem Rosa- Luxemburg-Platz in Berlin zu sein. Hier gibt er sich als journalistischer Beobachter der Szene. Dabei ist er mit Nikolai Nehrling (der sogenannte „Volkslehrer“), Ken Jebsen (KenFM) und Martin Lejeune in bester Gesellschaft.

Grabinger fragt Naidoo im Interview nach möglichen Zusammenarbeiten mit den Rappern „Chris Ares“ und „Prototyp“:

– Chris Ares ist ein extrem rechter Rapper aus dem Landkreis Ebersberg (Bayern), der der „Identitären Bewegung“ nahe steht und im „Bund Deutscher Patrioten“ aktiv ist. Seine Zuhörerschaft findet er vor allem über soziale Netzwerke wie YouTube.

– Auch Prototyp ist sowohl als Feature Gast von Chris Ares als auch Solo aktiv. In seinem Song „Deutschland“ konstatiert er: „Am Ende wird man sehen, ob der Deutsche zuletzt gelacht hat.“ – Welches Ende er meint, bleibt offen. Dafür ist die Ansage inklusive: „hier bei uns zählen Schläge zur Normalität.“

Nun kam dieser ganze national-patriotische Rapkram bisher aus der patriotischen-DIY- Schmuddelecke. Das könnte mit Naidoos Vertriebspartner ganz anders aussehen. Denn der heißt Sony Music Germany. Und die lassen auf Nachfragen seit drei Wochen vor allem eins schreien: Stille.

 

Als Rapper ist der Mannheimer Chaoze One seit 20 Jahren auf den Bühnen unterwegs. Von dort hatte er eine einzigartige Perspektive auf die politische Stimmung in Deutschland. 2019 erschien sein Debütroman „Spielverderber: Mein Leben zwischen Rap & Antifa“

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