Die Anastasia-Bewegung ist eine esoterische Gruppierung mit großen ideologischen und personellen Überschneidungen zu den völkischen Siedler*innen. Sie fußt auf einer zehnteiligen Romanreihe des russischen Autoren Wladimir Megre. Die weibliche Hauptfigur dieser Bücher, Anastasia, verfügt über übernatürliche Fähigkeiten: Sie lebt allein in der russischen Taiga, kann mit Tieren reden, ist der Telepathie fähig, besitzt einen „Heilstrahl“, mit dem sie jeden Menschen auf der Erde heilen kann. Neben allerhand esoterischen Irrlehren enthalten die Bücher zahlreiche menschenfeindliche und diskriminierende Positionen sowie das Konzept der „Familienlandsitze“, mit denen alle Probleme dieser Welt behoben werden sollen. Gemeint ist hier die Selbstversorgung von Familien, indem sie auf einem Hektar Land alles Lebensnotwendige anbauen.
In den Romanen wird die Weltsicht des Autors dargelegt. Die westlichen Staaten bezeichnet er als „Dämon Kratie“, die von sogenannten „Dunkelmächten“ gesteuert würde. Hinter diesen Kräften stünden Oberpriester, die das „jüdische Volk“ erwählt hätten, um als ihre „Soldaten“ ihr Streben nach der Weltherrschaft umzu-setzen. Den Jüd*innen wird daher eine Mitschuld am Holocaust unterstellt, da sie „Schuld auf sich geladen“ hätten. Neben diesem deutlichen Antisemitismus finden sich in den Büchern sexistische und rassistische Positionen wie die sogenannte „Telegonie“, nach der der erste Sexualpartner einer Frau dieser einen „Stempel“ aufdrücke, der dafür sorge, dass ihre späteren Kinder – egal mit welchem Partner – die körperlichen und charakterlichen Eigenschaf-ten des ersten Mannes tragen würden.
Im deutschsprachigen Raum hat sich in den letzten Jahren eine sendungsbewusste und gut vernetzte Szene formiert, die die Gesinnung der Romane in die Realität umsetzen will. Für sie hat das Buch handlungsleitenden Kultcharakter. So befinden sich zahlreiche „Familienlandsitze“ im Aufbau. Zudem planten die Anastasianer*innen eigene Schulprojekte, die sich nach einem autoritär-nationalistischen Vorbild in Russland ausrichten. Unter den Anhänger*innen befinden sich völkische Rechtsextreme sowie Reichsbürger*innen und Holocaustleugner*innen. 2015 fand auf einem Anastasia-Hof in Brandenburg ein Zeltlager des rechtsextremen Sturmvogels statt.
Die neue Broschüre „Land Unter? Handlungsempfehlungen zum Umgang mit völkischen Siedler*innen“ können Sie hier bestellen und herunterladen.