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Landtagswahlen Die Wahl-Hotspots der AfD in Thüringen

Nach Sachsen und Brandenburg steht am Sonntag die nächste Wahl im ostdeutschen Raum an. Am 27.10.2019  wird der Landtag in Thüringen gewählt. Aktuelle Prognosen sehen die AfD als drittstärkste Kraft. In einigen Wahlkreisen könnte die rechtsradikale Partei stärkste Kraft werden. Welche das sein könnten, lassen vergangene Ergebnisse ahnen.

 
Am 27. Oktober wird der Landtag in Thüringen gewählt. (Quelle: Thüringer Landtag)

Geschichtsrevisionismus, NS-Sprache und öffentliche Nähe zu Rechtsextremist*innen: Das politische Auftreten des thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höckes ist öffentlichkeitswirksam, weil es alarmierend ist. Höcke verkörpert den rechtsradikalen Flügel der Partei. Die völkisch-nationalistischen Ideen spiegeln sich auch in den politischen Konzepten der AfD Thüringen wieder. Höcke ist aber längst nicht der einzige Hardliner in Thüringen – so wurde beispielsweise der Kreisverband Ilm-Kreis von Paul Latussek gegründet, der als Publizist mit einigen rechtsextremen Zeitschriften agierte und mit der NPD in Verbindung gebracht werden kann. Seit den Bundestagswahlen 2017 ist auch Thüringen ein interessanter Wahlstandort für die rechtsradikale Partei. Insbesondere der Ilm-Kreis, südlich von Erfurt, der die Städte Arnstadt und Ilmenau umfasst, wählte die AfD immer wieder auf hohe Plätze. Mit Ausnahme des zentral gelegenen Landkreises, konzentrieren sich die AfD-Ballungen auf aneinandergrenzenden Landkreise im östlichen Thüringen: Gera, Greiz, Saale-Holzland, Saalfeld-Rudolfstadt, Saale-Orla-Kreis und Altenburger Land.

AfD-Räume in Thüringen – Die Wahlergebnisse

Bei den Landtagswahl 2014 in Thüringen landete die AfD (10,6 %) knapp hinter der SPD (12,4 %) auf Platz vier. Die meisten Stimmen konnte die CDU (33,5 %), gefolgt von der Linkspartei sammeln (28,2 %). Dennoch konnte die AfD in allen Wahlkreisen die fünf-Prozent-Hürde knacken – die besten Ergebnisse erzielte sie an der Grenze zu Sachsen-Anhalt, in Saale-Holzland (14,2 %), wie auch im benachbarten Gera I (13,9 %) und Gera II (13,6 %). An der sächsischen Grenze gab es in Greiz I (14,0 %) die höchsten AfD-Stimmanteile – in diesen Wahlkreisen wurde die AfD drittstärkste Kraft und lag über dem thüringischen Durchschnitt. Gleiches gilt für den zentral gelegenen Ilm-Kreis (15,2 %), in dem die AfD Thüringen ihr Spitzenergebnis erzielte. Damit kommt die rechte Partei auf sieben von 91 Sitzen im Landtag, zuzüglich drei fraktionslose Abgeordnete, die ebenfalls über die AfD-Landesliste einzogen.

In den Bundestagswahlen 2017 zog die AfD im thüringischen Durchschnitt (22,7 %) an SPD (13,2 %) und LINKEN (16,9 %) vorbei. Damit konnte die „Alternative“ in Thüringen, nach Sachsen, die meisten Stimmanteile im bundesdeutschen Durchschnitt gewinnen. CDU blieb stärkste Kraft (28,8 %). Ihre Spitzenergebnisse erreichte sie erneut im östlichen Thüringen, im Bundestagswahlkreis Gera – Greiz – Altenburger Land (27, 1 %; CDU: 27,3 %) und Saalfeld-Rudolstadt – Saale-Holzland-Kreis – Saale-Orla-Kreis (25,8 %; CDU: 28,1 %). Erneut gingen auch im Ilm-Kreis fast die Mehrheit der Stimmen an die AfD (24,1 %; CDU: 27,8 %). In den Landkreisen Stadt Gera (28,5 %) und Saalfeld-Rudolstadt (27,0 %) konnte die AfD sogar die höchsten Stimmanteile einfahren.

Eine ähnliche Verteilung zeichnet sich in der Europawahl 2019 ab. Die AfD ist mit 22,5 % knapp hinter der Spitzenpartei-CDU mit 24,7 %. LINKE (13,8 %) und SPD (11,0 %) wurden abgehängt. Die besten Erfolge erzielte die AfD wieder in den gleichen Gebieten, in Ost- und Zentralthüringen – wobei die AfD mit 29,6 % in Gera einen deutlichen Sieg schaffte (CDU: 18,2%). Stärkste Kraft wurde sie ebenfalls in Saalfeld-Rudolfstadt (27,6 %; CDU: 23,0 %), im Altenburger Land (27,1 %; CDU 25,5 %), im Saale-Orla-Kreis (27,1 %; CDU: 25,1 %) und knapp in Sonneberg (26,4 %; CDU: 26,2 %). In vielen weiteren Landkreisen gab es zwischen den Konservativen und den Rechtspopulist*innen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. In allen thüringischen Wahlkreisen konnte die AfD Prozente im zweistelligen Bereich einfahren, in der deutlichen Mehrheit auch im Zwanzig-Prozentigen Bereich.
Aus den Kommunalwahlen 2019 trat die AfD ebenfalls als zweitstärkste Kraft, hinter der CDU hervor – aber mit einem deutlich größeren Abstand (AfD: 17,7 %, und CDU: 27,3 %). Wieder konnte die AfD in Gera (28,8 %) die meisten Stimmen gewinnen. In Saalfeld-Rudolstadt lag die AfD mit der CDU fast gleichauf.

 

Mehr zum Thema:

Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena:
Die AfD zur Kreistagwahl 2019 in Thüringen: Empirische Analyse zur Erklärung der Wahlergebnisse auf  Gemeinde-Ebene.
Jena 2019

Als PDF zum Download:
https://www.idz-jena.de/fileadmin/user_upload/IDZ_Brosch%C3%BCre_Die_AfD_zur_Kreistagswahl_2019_in_Th%C3%BCringen_WEB.pdf

 

 

Grafik: Wikimedia / Furfur / CC BY-SA 4.0

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