Wie schon bei den diesjährigen Wahlen in Brandenburg und Sachsen, wirbt die NPD in Thüringen offensiv nur um Zweitstimmen, auf Wahlkampfplakaten aber auch direkt im „Kurzwahlprogramm”. Bei der Landtagswahl 2014 erreichte die NPD nur noch 3,6 Prozent. Aufgrund der starken AfD, die in ihrem Radikalisierungsprozess immer mehr Inhalte der NPD besetzt, dürfte die NPD bei diesen Wahlen noch weniger Stimmen bekommen.
NPD wirbt zugunsten der AfD nur um Zweitstimmen
Die AfD hat gezeigt, dass Rechtsaußen kein Tabu mehr ist. Das hat auch Auswirkungen auf die NPD, die wahlpolitisch kaum mehr relevant ist. Scheinbar unbelastet von einer Alt-Nazi-Vergangenheit ist die AfD für weite Teile der Gesellschaft wählbarer und kann so rassistische Vorurteile erfolgreich aufgreifen, verbreiten und sogar in die Parlamente tragen. Die AfD hat erreicht, was die NPD jahrzehntelang vergeblich versucht hatte: Die Enttabuisierung von Rechtsaußen-Positionen. Mit dem Werben um Zweitstimmen zugunsten der AfD versuchen sich die „Nationaldemokrat*innen“ offenbar mit einer Allianz vor dem Bedeutungsverlust zu retten.
NPD und AfD – die Kameraden im Geiste
In einem Videostatement vom 25. September kündigt auch der umtriebige NPD-Mann Thorsten Heise an, am 27. Oktober die AfD mit der Erststimme zu wählen. Heise geht eigentlich für die NPD ins Rennen. Er spricht davon, dass Migrant*innen Deutschland verlassen müssten, „und wenn ihr wollt, dass dem Nachdruck verliehen wird, dann müsst ihm am 27. Die NPD wählen. Und zwar mit der Erststimme AfD, ich sage es ungern, aber es ist halt so, wir werden es auch tun und mit der Zweitstimme die NPD.“
Dass die NPD wiederholt so agiert, muss wohl als mittelfristige Strategie gewertet werden. In dem Wissen, dass der Gewinn eines Direktmandates für die eigene Partei unrealistisch ist, gibt man generös die eigenen Erststimmen einem aussichtsreicheren Bewerber – in diesem Fall der AfD. Im Geiste, wie Heise bemerkt, verfolge man schließlich dasselbe Ziel.
An anderer Stelle heißt es auf einem Sharepic der NPD hingegen „Keine Experimente! Das Original wählen“. Das Plagiat wäre dann wohl die AfD und das Original die NPD. Aber auch gegen den sogenannten „Großen Austausch“ wird gewettert, eine antisemitische Verschwörungserzählung, nach der die deutschen Bevölkerung angeblich mit Migrant*innen ausgetauscht werden sollen.
Antje Vogt, die Spitzenkandidatin
Der Thüringer Landesverband der rechtsextremen NPD hat nach eigenen Angaben etwa 260 Mitglieder. Auf Listenplatz eins der NPD-Thüringen steht Antje Vogt, verheiratete Mutter von drei Kindern, die für die NPD im Gemeinderat von Mihla sitzt. Rechtsextreme Parteien und Organisationen stellen Frauen gerne in den Vordergrund ihrer politischen Bewegung, da sie vermeintlich ungefährlich wirken. Ihre menschenfeindliche Ideologie soll so anschlussfähig an das bürgerliche Milieu wirken. Und so ist Vogts Schwerpunkt rassistische Familien- und Sozialpolitik.
Der Thüringer NPD-Landesvorsitzende Patrick Weber aus Sondershausen (Kyffhäuserkreis) nimmt auf der Kandidatenliste Platz 2 ein. Er setzt auf den Ausschluss von „kulturfremden Menschen“. Der einflussreiche NPD-Bundesvize Thorsten Heise aus Fretterode (Landkreis Eichsfeld) reiht sich auf dem dritten Platz ein. Genau wie Weber, liegt auch Heises Schwerpunkt auf angeblicher Sicherheitspolitik.
Was die NPD aber konkret für Thüringen will, ist nicht sicher. Die Neonazis der NPD haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, ein eigenes Programm für die Landtagswahl zu verfassen. Das Kurzwahlprogramm ist betitelt mit: „Keine Macht den Roten! Sonst kommen noch mehr Schwarze“.
NPD kopiert „Ein Prozent“-Kampagne
Die NPD regt ihre Unterstützer*innen an, Wahlbeobachter*innen zu werden. „Notiert Euch, wie viele Stimmen die NPD bei der Auszählung erhalten hat, schaut, weshalb Stimmen als ungültig gewertet wurden und meldet Euch, wenn die von Euch notierten Zahlen nicht mit den veröffentlichten übereinstimmen“, heißt es in einem NPD-Aufruf auf Facebook.
Bereits bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen warb das neurechte Netzwerk „Ein Prozent“ mit solch einer Kampagne. Genau schon wie die Kampagne von „Ein Prozent“ zugunsten der AfD, soll das Vertrauen in die Demokratie weiter untergraben werden. Mit falschen und alarmistischen Behauptungen wird Angst und Unsicherheit geschürt. Wähler und Wählerinnen sollen verunsichert oder in ihrem ohnehin schon gefestigten rechtsextremen Weltbild bestärkt werden. Die Kampagne von „Ein Prozent“ und der NPD hat nichts mit Aufklärung von Wähler*innen zu tun, sondern nur mit Desinformation.
Die AfD hat das Erbe der NPD angetreten
Jüngst kam eine Analyse des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) zu dem Schluss, dass die AfD dort in Thüringen besonders gut abschneidet, wo sich Rechtsextremismus über eine lange Zeit normalisieren konnte und Teile der Bevölkerung sich vom demokratischen System abgekoppelt haben. Sprich: Die AfD schneidet dort besonders gut ab, wo die NPD in vorigen Wahlen besonders erfolgreich war.