Skandal um Datenhandel mit Cambridge Analytica: Facebook unter massivem Druck
Facebook ist in den vergangenen Wochen wegen des Datenskandals um die Firma Cambridge Analytica massiv unter Druck geraten. Die Analysefirma, die unter anderem für das Wahlkampfteam von Donald Trump arbeitete, hatte sich auf unerlaubte Weise Informationen von Dutzenden Millionen Facebook-Nutzern beschafft, die eine Umfrage-App gesammelt hatte. Die betroffenen Nutzer wurden nicht informiert – was jetzt nachgeholt werden soll. Zudem schränkte Facebook den Zugang von App-Entwicklern zu Nutzerdaten weiter ein. Facebook hat nun angekündigt, externe Datenhändler von seiner Werbeplattform auszusperren. (Tagesspiegel)
Wie ernst die Lage für Facebook ist, zeigt sich daran, dass Mark Zuckerberg etwas getan hat, was er überhaupt nicht mag: Er hat ein Fernsehinterview gegeben. Zuckerberg ging nach Tagen des Schweigens sogleich in die Vollen. Zeitgleich zur Ausstrahlung des CNN-Interviews um 2 Uhr deutscher Zeit in der Nacht zum Freitag gingen dann weitere Interviews mit Zuckerberg online: bei der „New York Times“, bei der Zeitschrift „Wired“ und auf dem Technikblog „Re:Code“. (T-Online)
Im Zuge dessen kündigte Facebook-Chef Zuckerberg an, die Lösung der Daten-Probleme der Plattform werde „einige Jahre“ in Anspruch nehmen. (Tagesschau)
Facebook sperrt rechtsextreme und islamfeindliche britische Organisation Britain First
„Wir haben das nicht leicht genommen“, teilte das Netzwerk mit, „aber sie haben wiederholt Inhalte geteilt, die gegen Minderheiten hetzen, was die Seite von unseren Dienstleistungen disqualifiziert.“ Auf eine schriftliche Warnung hätten die Betreiber nicht reagiert. Auch die persönlichen Seiten des Vorsitzenden Paul Golding und seiner Stellvertreterin Jayda Fransen wurden gesperrt. Beide sitzen seit vergangener Woche wegen Hassverbrechen in Haft. (Zeit)
Ermittlungen gegen Zuckerberg und Facebook-Verantwortliche eingestellt
Die Staatsanwaltschaft München ermittelt nicht weiter gegen Facebook. Der Würzburger Rechtsanwalt Chan-Jo Jun hatte zehn Facebook-Verantwortliche, darunter auch Mark Zuckerberg, wegen nicht gelöschter Hass-Posts im Netzwerk angezeigt. Die Staatsanwaltschaft begründet ihre Entscheidung damit, dass mit dem Einstellen eines Posts die Tat der Volksverhetzung abgeschlossen sei, eine Beihilfe von Facebook sei daher nicht gegeben. (Bayerischer Rundfunk, Radiogong)
SOZIALE NETZWERKE
So viel Hass gemeldet wie nie zuvor – Steigerung von Beschwerden wegen Rassismus um 120%
Seit 1995 gibt es den Verband der Internetwirtschaft in Deutschland. Bei einer Beschwerdestelle können Nutzer_innen, aber auch Firmen oder Institutionen rechtswidrige Inhalte in sozialen Medien, aber auch im Rest des Internets melden. Der Jahresbericht 2017 zeigt, dass das Bewusstsein für Rassismus gewachsen ist, aber auch, seine Bekämpfung mit technischen und juristischen Mitteln schwer ist. (Belltower.news)
Reddit will den Schreihälsen den Spielplatz nehmen
Wer besiegt Hass im Netz? Das, woran etwa Facebook scheitert, könnte ausgerechnet Reddit gelingen, dem Ort für Verschwörungen und virale Hits. Plattform-Chef Huffman zeigt, wie: Statt einzelne Nutzer zu verbannen, entfernten die Verantwortlichen nach und nach „ihre Spielplätze“. Und während einige die Meinungsfreiheit angegriffen sahen, schien der Großteil der Nutzer die Veränderungen zu akzeptieren. (Zeit)
Kriminologe: „Sichtbarkeit der Polizei in sozialen Medien bedeutet, dass das Gewaltmonopol greift“
In den vergangenen Jahren hat die Polizei ihre Präsenz in den sozialen Medien immer weiter ausgebaut. Dabei treten die Beamten mitunter frecher und lustiger auf, als man es bisher von der Polizei gewohnt war. Der Behördenstaat erprobt auf Facebook und Twitter aber nicht nur neue Methoden der Öffentlichkeitsarbeit. Der digitale Raum macht auch neue Formen der Polizeiarbeit möglich, wie der Kriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger von der Polizeifachhochschule Brandenburg im Gespräch mit Netzpolitik.org erklärt. (Netzpolitik)
Rassistische Inhalte: Instagram & Snapchat deaktivieren GIFs
Die beliebte GIF-Funktion auf Instagram und Snapchat, die von beiden Plattformen erst vor kurzem eingeführt wurde, ist seit einigen Tagen vorerst abgeschaltet. Grund dafür sind rassistische Inhalte, die über den Dienstleister Giphy in Umlauf gebracht wurden. Nutzer hatten die Dienste darauf Aufmerksam gemacht. (Online Marketing)
Vize-Landeschef der AfD gibt zu: Seine Partei ersticht täglich Kinder
Kommas können Leben retten, aber auch ein durchdachter Satzbau kann dabei helfen. Bei Freiherr von Lützow, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD in Brandenburg, hat das diesmal leider nicht funktioniert. Auf einem Sharepic, das er auf seiner Facebook-Seite verbreitet hat, ist neben von Lützow selbst – vor wehender Nationalfahne und mit selbstverständlich besorgtem Blick in die Ferne – der belastende Satz zu lesen: „Täglich werden Kinder von uns mit Messer getötet!“ Schlimm. (Belltower.news)
Mord an Keira (14): Wenn jede Wahrheit nur Lüge sein kann
Ein junger Mann, ein Mädchen und ein Messer – da ist für viele Menschen vor allem aus der rechten Sphäre bereits alles klar. Ermittlungen brauchen sie nicht. Denn auch wenn es traurig klingt, wir haben uns schon fast daran gewöhnt: Ein junges Mädchen wird ermordet, und das ganze rechte Internet weiß schon vor Aufnahme der Polizeiermittlungen, wer der Täter sein muss. Und wenn sich die Annahmen nicht bestätigen, ist das den rassistischen Hetzer_innen komplett egal. (Belltower.news)
Betreiber der Internetseite „Migrantenschreck“ in Ungarn verhaftet
Der Betreiber des Waffen-Onlineshops Migrantenschreck, Mario Rönsch, ist am Mittwoch in Ungarn verhaftet worden. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelte seit mehr als einem Jahr gegen ihn wegen illegalen Waffenhandels in 193 Fällen und suchte ihn mit einem Europäischen Haftbefehl. Rönsch hatte über den Onlineshop mit dem zynischen Namen gefährliche Schreckschusswaffen vertrieben und sie von der ungarischen Hauptstadt Budapest aus an Kunden in Deutschland geliefert. (Zeit, Spiegel, Tagesspiegel)
COUNTERSPEECH & AKTIV GEGEN DEN HASS
Der digitale Mülltrenner
Stephan Ruhmannseder arbeitet für die Meldestelle „respect!“ in Baden-Württemberg. So sieht sein Tag aus: Hass sichten, Hass einordnen, dann dagegen vorgehen. Oder auch nicht; je nachdem, was möglich ist. Ein Bericht über den Arbeitsalltag in der Meldestelle. (taz)
Umgang mit Hassrede: Ansprechen statt totschweigen
Bei Hassreden denken die meisten wahrscheinlich direkt ans Internet und die sozialen Netzwerke. Und tatsächlich haben laut einer Umfrage der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen etwa 90 Prozent der Jugendlichen Erfahrungen mit Hass im Internet gemacht. Doch Sebastian Wachs, der sich an der Universität Potsdam mit Erziehungs- und Sozialisationstheorie beschäftigt, warnt: Hate Speech kommt auch ganz analog in unserem Alltag vor. (Deutschlandfunk)
Trollen gegen Journalisten: Lügen, bestehlen, erpressen
Es ging hoch her in der Bürgerversammlung, als im Örtchen Sumte in Niedersachsen Flüchtlinge einquartiert werden sollten. Darüber hatte das Online-Magazin Bento mit einer Videoreportage auf YouTube berichtet. Das war 2015. Nun bekam Redaktionsleiter Ole Reißmann eine Verwarnung. „Wir haben am 15. Februar die Nachricht von YouTube bekommen, dass sich jemand beschwert hatte über dieses Video, weil es gegen die Richtlinien verstößt, und vorgeworfen wurde uns da Hassrede, also hate speech, und auch die Beschwerde dagegen, dass dieses Video verschwindet, war erfolglos. Da war das Video weg.“ Für Journalisten und Medienhäuser sind Plattformen wie YouTube oder Twitter wichtig, aber auch gefährlich: Beschuldigungen, Inhalte transportierten Hass oder seien geklaut, lassen sich nur schwer widerlegen. Und im schlimmsten Fall droht der Account-Tod. (Deutschlandfunk)
Pakistan: Handy-App gegen Hassrede
Die pakistanische Regierung hat eine Handy-App für die Anzeige von Hassreden auf den Markt gebracht. „Sie soll helfen, extremistische Tendenzen in der Gesellschaft einzudämmen“, sagte ein Sprecher der pakistanischen Anti-Terrorismus-Behörde. (ZDF)
Hetzer kommen an die Kasse
Interview mit Jolanda Spiess-Hegglin: Wer sich von Hetzern einschüchtern lässt, überlässt ihnen das Feld. Widerstand braucht Kraft, doch er lohnt sich. Das zeigt die Geschichte von Jolanda Spiess-Hegglin. (Tageswoche)
DIGITALISIERUNG UND LERNEN
Deutschland bekommt erstmals Staatsministerin für Digitales
Dorothee Bär (CSU) will im Kanzleramt für mehr Tempo sorgen. Unabhängig von neuen Visionen ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur immer noch das drängendste Thema. Die vorherige Bundesregierung hatte jedem Bürger bis 2018 Internetzugänge mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit pro Sekunde versprochen und war daran gescheitert. Als Staatssekretärin im dafür zuständigen Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hatte auch Bär ihren Anteil daran. (Der Tagesspiegel)
NETZWERKDURCHSETZUNGSGESETZ
Die Kritik am Gesetz gegen Hassrede im Netz war groß. Zwei Monate nach der Einführung zeigt eine erste Bilanz: Beschwerden über das Löschverhalten der Sozialen Netzwerke sind seltener als erwartet. (Tagesschau, ZDF)
Ein NetzDG für Frankreich
Der französische Regierungschef Édouard Philippe kündigt schärfere Gesetze an, um die Betreiber von sozialen Medien für illegale Inhalte zur Verantwortung zu ziehen. Parallel zur nun angekündigten nationalen Gesetzgebung soll auch eine europäische Regelung gegen Hassrede im Netz vorangetrieben werden. (Netzpolitik)
Breites Bündnis gegen Upload-Filter
In einem offenen Brief appelliert ein breites Bündnis aus Zivilgesellschaft, Internetwirtschaft und Verbraucherschützern an deutsche und europäische Politiker, von der Idee der Upload-Filter abzurücken. Diese seien nicht dazu geeignet, gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorzugehen, und würden die Meinungsfreiheit bedrohen. (Netzpolitik)
VERURTEILUNGEN
AfD-Kreisverband Mettmann muss für Volksverhetzung zahlen
Die Autorin eines Facebook-Beitrags auf der Seite der AfD Mettmann (Nordrhein-Westfalen) saß nun auf der Anklagebank des Amtsgericht Mettmann. „Liebe deutsche Steuerzahler! Danke, dass ihr uns finanziert und ein Auge zudrückt, wenn wir mit Drogen handeln, renitent sind, dass ihr auf Wohnraum verzichtet, den wir dann belegen und dass wir eure Frauen zwangsbegatten können“, war vor inzwischen drei Jahren auf der Seite zu lesen. Das sei satirisch gemeint gewesen, erklärte die Autorin. Dieser Sicht der Dinge konnte und wollte sich der Richter hingegen nicht anschließen. „Satire hat dort ihre Grenzen, wo Menschen verleumdet und beschimpft werden“, stellte der er klar. Hier sei aus seiner Sicht der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Er verurteilte die Angeklagte daher zu einer Geldstrafe von 2700 Euro. (RP-online)
„Ich war wütend und mein Account wurde gehackt“ – ja was denn nun?
Teurer Facebook-Post: Ein Mann aus Bremen wurde wegen Volksverhetzung verurteilt. In seinem Eintrag ging es um Konzentrationslager und Straftäter mit Migrationshintergrund. Dazu hatte ein heute 30-Jähriger aus Lüssum (Ortsteil von Bremen) Ende Dezember 2016 einen Satz über Facebook verbreitet. Ein weiterer Facebook-Nutzer entdeckte die Passage und zeigte ihn daraufhin wegen Volksverhetzung an. Nun wurde der Lüssumer zu 100 Tagessätzen zu 20 Euro, also 2000 Euro, verurteilt. Der Verurteilte versuchte sich vor Gericht herauszureden: Er könne sich nicht erinnern, entweder seit er sauer gewesen oder sein Account gehackt worden. (Weser Kurier)
„Abschlachten“: 1.800 Euro Geldstrafe für Reichsbürgerin
Wegen Volksverhetzung wurde eine 59-jährige Ostallgäuerin, die der Reichsbürger-Bewegung nahesteht, vom Kaufbeurer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt worden. Laut Anklageschrift hatte die Frau im Oktober 2016 in einem zwischenzeitlich gelöschten Internet-Beitrag geschrieben, jeder Andersdenkende, Homosexuelle oder Flüchtling gehöre „abgeschlachtet“. (das allgäu online)
2250 Euro Strafe wegen Volksverhetzung
Außer dem Satz „Das Pack muss raus“ hatte der 57-jährige Angeklagte aus Einnigerloh (Nordrhein-Westfalen) auch „Ist doch nur ein psychisch Kranker. Genau wie unsere Rechtsprechung. Werden langsam zu viele Einzeltaten“ geschrieben. Eindringlich machte die Richterin dem Frührentner deutlich, dass sein Facebook-Post als geistige Brandstiftung gefährlich sei und erklärte ihm, dass er seine Meinung wie jeder Bürger selbstverständlich in die politische Diskussion einbringen oder selbst für ein Parlamentsmandat kandidierten dürfe: „Eine sachliche Diskussion ist in Ordnung. Aber keine Herabwürdigung anderer Menschen. Und schon gar nicht auf diese Weise in einem sozialen Netzwerk.“ (Die Glocke)
1200 Euro Strafe für Brandenburger, der zum Erschießen von Flüchtlingen aufrief
Das Landgericht der Stadt hat einen 52 Jahre alten Mann aus Brandenburg an der Havel verurteilt, weil er im sozialen Netzwerk Facebook einen volksverhetzenden Kommentar veröffentlicht hat. Er wurde zu 30 Tagessätzen à 40 Euro, also 1200 Euro verurteilt. Er hatte in einem Kommentar zur Erschießung syrischer Flüchtlinge aufgerufen. Der Angeklagte beteuert, dass er seinen Kommentar schnell wieder gelöscht habe und ihm nicht klar gewesen sei, dass er außerhalb seines Facebook-Freundeskreises mit 69 Personen gelesen werden konnte. Der Logistikarbeiter distanziert sich von seinem Hasskommentar, akzeptiert die Strafe. (Märkische Allgemeine)
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Titelbild: Flickr / Christopher / CC BY-SA 2.0