Nun werden solche Listen selten ohne Widerspruch bleiben – dafür sind subkulturelle Bezüge oft zu schillernd und wechselhaft. Allerdings werden alle Marken, die auf der Liste der Berliner Polizei stehen, ohne Zweifel gern in der rechtsextremen Szene getragen.
Belltower.News stellt hier nun kurz die genannten Marken vor und beleuchtet die Hintergründe zum jeweiligen Label.
„Nationale“ Marken, welche sich bewusst an die rechtsextreme Szene wenden
„Thor Steinar“-Träger auf der rechtsextremen Großdemonstration in Dresden 2009
Thor Steinar
„Thor Steinar“ ist die ungekrönte Lieblingsmarke der rechtsextremen Szene. Die Kleidungskollektionen der Marke aus dem brandenburgischen Königs Wusterhausen ist ebenso dezent nach außen wie eindeutig nach innen gestaltet. Anfangs war „Thor Steinar“ fast ausschließlich in einschlägigen Naziläden und Versänden zu kaufen. Inzwischen drängt sie auch in Sportgeschäfte. Mit germanischen Runen, völkischer Symbolik, sowie zweideutigen T-Shirt-Aufdrucken, wie „Ski Heil“ oder “ Hausbesuche“ (mit einem Maschinengewehr darunter) machte sich die Marke schnell in der rechtsextremen Szene beliebt. Allerdings wurde jüngst bekannt, dass es mit der Mähr, Verkaufserlöse flössen zurück in die rechtsextreme Szene, nicht mehr weit her ist: Die ursprünglichen Besitzer verkauften an einen Investor aus Dubai, der die Marke nun international herausbringen will.
Aus dem aktuellen „Consdaple“-Angebot
Consdaple
Dieses Modelabel wurde vom langjährigen Funktionär der rechtsextremen Parteien „Die Republikaner“ und „NPD“, Franz Glasauer, gegründet. Glasauer, der vergeblich versuchte, die Marke zum Patent anzumelden, betreibt im oberbayrischen Kirchberg den Neonaziversand „Patria“. Der Name „Consdaple“ wurde bewusst gewählt, da er die Buchstabenfolge „NSDAP“ enthält. Gern werden T-Shirts oder Sweatshirts in Kombination mit einer offenen (Bomber-)Jacke getragen, welche die jeweils ersten und letzten beiden Buchstaben verdeckt. Das Logo ähnelt in der Gestaltung stark dem ebenfalls in der Neonaziszene beliebten Modelabel „Lonsdale“, das sich jedoch seit Jahren von neonazistischen Kunden distanziert. Hinter dem Namen „Consdaple“ verbirgt sich ein einfacher Scheinanglizismus, der das Parteikürzel „NSDAP“ und den englischen Begriff für Wachmann, ?constable?, kombiniert. Wer diesen Schriftzug trägt, demonstriert damit seine Zugehörigkeit zur Szene. Wird „Consdaple“ in Verbindung einer geöffneten Jacke getragen, lässt sich eindeutig die Buchstabenfolge „NSDAP“ erkennen. Zusätzlich zum Schriftzug findet man zum Teil einen Adler aufgedruckt, der den Adlern ähnelt, die in Logos des Dritten Reiches verwendet werden. Auch der Verfassungsschutz wurde auf dieses Label aufmerksam und ordnet die Marke eindeutig der neonazistischen Szene zu.
Aus dem aktuellen „Masterrace Europe“-Angebot
Masterrace Europe
Ins Deutsche übersetzt bedeutet die Marke „Herrenrasse Europa“ und demonstriert darin bereits ihre ideelle Stoßrichtung. Sie ist in allen Neonazi-Spektren sehr beliebt. Die mit dem Aufdruck versehenen Jogginghosen, T-Shirts und Pullover werden ausschließlich in neonazistischen Läden und in einschlägigen Versänden verkauft.
Outlaw
Outlaw steht für Gesetzlose, die Marke zielte auf Gewaltverherrlichung ab. Sie war nach Angaben der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) nie besonders verbreitet, ob es sie überhaupt noch gibt, ist fraglich.
Rizist
Diese über Naziversände und Naziläden vertriebene Bekleidungsmarke versucht durch ihre im Graffiti-Style gehaltenen Logos und Schriftzüge vor allem Gruppen, die für die klassische Naziszene eher untypisch sind, zu gewinnen. Die über Naziläden und Versand vertriebenen Kleidungsstücke richten sich an Hip Hopper und Skater. Durch das Angebot an T-Shirts und Windbreakern, aber auch in der Hip Hop- und Skaterszene typischen weiten Hosen erfreut sich diese Nazilabel vor allem in ostdeutschen Großstädten immer größer werdender Beliebtheit.
Troublemaker
Der Markenname bedeutet ins Deutsche übersetzt „Krawallmacher“. Die Marke ist bei Hooligans und Skinheads ebenso wie im Rockermilieu beliebt. Angeboten wird eine breite Palette von Hosen, Jacken, T-Shirts, Aufnähern, Wollmützen und Base-Caps. Vertrieben wird Troublemaker über einschlägige neonazistischen Versandkataloge und Läden. Die Firma hält darüber hinaus noch die Rechte an dem Chiffre „A.C.A.B.“ welches für „All Cops are Bastards“ steht und teilweise als eigene Kleidermarke oder in Kombination mit „Troublemaker“ Verwendung findet. Die Abkürzung „A.C.A.B.“ findet allerdings in vielen jugendlichen Subkulturen, wie etwa auch der Punk-, Hooligan- und Hardcorebewegung, Verwendung.
„Nichtnationale“ Marken, welche lediglich „benutzt“ werden
Aus dem aktuellen „Pit Bull“-Angebot
Pit Bull
Benannt nach der als aggressiv geltenden Hunderasse bietet diese Bekleidungsmarke alle nur erdenklichen Kleidungsstücke von T-Shirts über Bademäntel, Jogginghosen, Handtücher, Trainingsanzüge bis zu kugelsicheren Überwurfwesten. Im Design wird auf aggressive Gestaltung und einen martialischen Eindruck Wert gelegt, welcher sich auch aus der Namensgebung herleitet. Die Firma aus Frankfurt am Main ist zwar hauptsächlich dem Rocker- und Hooligan-Milieu zuzurechnen, wird aber nach wie vor auch mit der neonazistischen Szene in Verbindung gebracht. Das rührt neben dem zum Teil fließenden Übergängen der einzelnen Szenen daher, dass die Marke sich insbesondere in den 1990er Jahren unter Neonazis großer Beliebtheit erfreute. Die Firma distanzierte sich im Jahre 2001, nach dem das Tragen von „Pit-Bull“-Textilien an einer Schule verboten wurde, deutlich von rassistischen Einstellungen und gab bekannt, dass über 50 Prozent der Angestellten Ausländer und selbst einer der Geschäftsführer der Firma türkischer Abstammung seien.
Die folgenden Label hat der Polizeipräsident von Berlin nach massiven Protesten seitens der betroffenen Firmen wieder von der Liste der für Polizisten verbotenen Kleidung nehmen lassen. Allerdings werden sie in einem Zusatz weiterhin als Marken genannt, welche zwar „an sich“ kein rechtsextremes und menschenverachtendes Gedankengut transportieren, sehr wohl aber innerhalb der rechten Szene als „Erkennungsmarken“ Verwendung finden. Diese Marken werden allerdings auch in vielen anderen subkulturellen Zusammenhängen getragen.
Aus dem aktuellen „Lonsdale“-Angebot
LONSDALE
Eine englische Marke für Sportbekleidung, speziell für den Boxsport, mit langer Tradition, die auf den Earl von Lonsdale zurückgehen soll. Der Legende nach war Lonsdale ein englischer Arbeitersportverein und Boxsport-Club, dem in den 1960er -Jahren viele Skinheads angehört haben sollen. Die Bekleidungsmarke Lonsdale existiert seit 1909. Deren Popularität bei den Neonazis gründet sich auf die darin enthaltenen Buchstaben NSDA, die bei geschickt geöffneter Jacke der erkennbare Namensbestandteil sind. Das Schriftdesign der sich zur Mitte hin verkleinernden Buchstaben ist zum Standard der neonazistischen Szene geworden und findet stetig Nachahmer (Nationaler Widerstand, Freie Kameradschaften). Der Stil war Vorbild für Marken wie „Masterrace Europe“ und „Consdaple“. Ab 1999 hat sich die Firma verstärkt von ihrem neonazistischen Kundenkreis distanziert und die Belieferung von Neonazi-Läden und Versandhäusern im deutschsprachigen Raum eingestellt. Darüber hinaus fördert Lonsdale antirassistische Projekte und die britische antifaschistische Vereinigung „Antifascist Action“.
Aus dem aktuellen „Fred Perry“-Angebot
Fred Perry
Der aus einfachen Verhältnissen stammende Tennisspieler Fred Perry, der als Erster das Tennisturnier von Wimbledon dreimal hintereinander gewann, avancierte zur Kultfigur der englischen Arbeiterklasse. Der Lorbeerkranz dient als Symbol des Siegers und wurde stilbildendes Modefragment der extremen Rechten wie etwa auch Springerstiefel. Es ist eine traditionelle Skinhead-Marke, die von den verschiedenen Spektren der Szene getragen wird. Als Bekleidung werden vor allem qualitativ hochwertige Hemden, Pullunder mit V-Ausschnitt und Jacken angeboten. Die Popularität unter Neonazis erklärt sich aus der Verwurzelung der Marke in der Skinhead-Szene und daraus, dass die Polo-Shirts zum Teil mit Kragen in den Farben schwarz-weiß-rot angeboten werden. Von Neonazis wird die Marke oft in Unkenntnis dessen getragen, dass Fred Perry jüdischen Glaubens war. Die Firma distanziert sich ausdrücklich von Neonazis und unterstützt antirassistische Aktionen. Dennoch wird Fred Perry auch über den neonazistischen Versandhandel und Läden verkauft.
Aus dem aktuellen „Ben Sherman“-Angebot
Ben Sherman
Der Modeschöpfer Ben Sherman galt in den 1960er-Jahren als Held der Londoner Kulturmeile Carnaby Street und der damaligen Party- und Musikszene. Für die Jugendbewegung der Mods war er eine Kultfigur. Seine typischen „Button-Down“ – Hemden wurden ab Ende der 1960er von der ursprünglich unpolitischen Skinhead-Bewegung getragen. Ben Sherman gilt als „traditionelle Skinhead-Marke“ und hat keinerlei politische Hintergründe und Aussagen. Die Marke versucht dementsprechend auch, sich von der Vereinnahmung durch Neonazis zu distanzieren und den Vertrieb über zweifelhafte Internetseiten zu unterbinden.
„Alpha Industries“-Träger auf der rechtsextremen Großdemonstration in Dresden 2009
Alpha Industries
In der neonazistischen Szene ist die Marke beliebt, weil das Logo dem verbotenen Zivilabzeichen der SA ähnelt. Angeboten werden vorrangig Bomberjacken mit dem „Alpha Industries“-Logo als Brustemblem. Bei dieser kommerziellen US-amerikanischen Marke, welche seit 1959 auch Ausstatter der US-Army ist, gibt es keine Verbindung zu neonazistischen Kreisen. In Deutschland ist „Alpha Industries“ allgemein unter Jugendlichen beliebt, da etwa der Berliner Rapper Bushido bei seinen Auftritten und in seinen Videos häufig Kleidung der Marke trägt. Dessen ungeachtet gehört insbesondere die „Alpha Industries“-Bomberjacke „MA-1“ zum festen Inventar innerhalb der Skinheadszene und die Firma zu einem Bestandteil diverser Nazi-Onlinekataloge.