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Massive rassistische Mobilisierung Der Jahresrückblick 2013 aus Brandenburg

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7. September 2013, "Mahnwache" der NPD vor dem geplanten Flüchtlingsheim in Premnitz. (Quelle: Presseservice Rathenow)

Von: Opferperspektive e.V. Brandenburg

Die NPD setzte 2013 ihre neue Strategie fort: Statt überregionaler Demonstrationen und großer Aufmärsche führte sie kleine Kundgebungen und „Wander-Mahnwachen“ durch, um mit geringem personellem Einsatz an vielen Orten Präsenz zeigen und Stimmung machen zu können. Auf die Art betrieb die Partei seit April eine Kampagne gegen Flüchtlinge mit dem Slogan „Einmal Brandenburg und zurück – Asyl ist kein Selbstbedienungsladen!“. Die Veranstaltungen wurden immer wieder direkt vor Flüchtlingsunterkünften abgehalten, am 3. August auch an der zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt. Dort wurden Protestierende mit den Rufen „Rote Faschisten“ und „Juden“  von den Neonazis angegriffen und  sechs Personen verletzt, einer davon so schwer, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Seit Mitte des Jahres ist folgende Entwicklung zu beobachten: In Orten, in denen neue Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet werden sollen, entstehen unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne „Nein zum Heim“ – Seiten auf Facebook, die sich als neutrale Bürgerinitiativen ausgeben, zu Protesten aufrufen und gegen Flüchtlinge hetzen. Unter den Diskutierenden sind wie zufällig die NPD-Funktionäre und einschlägigen Neonazis der Region, es werden Videos von Naziaktionen hochgeladen, aus der Jungen Freiheit zitiert usw. »Nein zum Heim in Bad Belzig« hatte innerhalb weniger Tage 500 Befürworter. »Nein zum Heim in Gransee« konnte innerhalb einer Woche 900 Likes sammeln.

Die Kreisverwaltungen versuchen, Neonazis von Bürgerversammlungen fernzuhalten, was mehr oder weniger gut gelingt. In Premnitz (Havelland) und Pätz (Dahme-Spreewald)  greift die rassistische Mobilisierung bisher am stärksten. NPD und Kameradschaften organisierten hier und andernorts diverse Kundgebungen und Aufmärsche (7.9. Premnitz, 26.10. Pätz, 13.11. Panketal, 20.11 Zepernick u.a.).  Neben der NPD und Kameradschaften mobilisiert auch „Die Rechte“ mit Kundgebungen gegen Flüchtlingsunterkünfte, so in Oderberg am 16.11.

In Premnitz wurde am 19. September die leerstehende Schule angezündet, die als neue Flüchtlingsunterkunft vorgesehen ist. Einen Brandanschlag gab es auch auf das Heim in Luckenwalde am 17. August und bereits Silvester hatte es einen Brandanschlag in Beelitz auf ein Gebäude gegeben, das dort zur Flüchtlingsunterkunft werden sollte.

Es gibt aber fast überall entschiedene Gegenwehr und  Solidarität mit den neu ankommenden Flüchtlingen und die Landesregierung versucht, durch Bereitstellung zusätzlicher Mittel  Kommunen zu unterstützen die Flüchtlinge unterbringen. Die Einschätzungen der Lage gehen weit auseinander. Ob Brandenburg ein »rassistischer Flächenbrand« droht, wie manche befürchten, oder die rechte Mobilisierung weitgehend ins Leere läuft, wie andere meinen, ist von vielen Faktoren abhängig.

Nazis im Sport

Im Jahr 2013 sorgten wiederholt Neonazis in Sportvereinen für Aufsehen. Einen besonderen Skandal verursachten Fans des TuS Sachsenhausen, die bei einem Spiel gegen den in der Region als links geltenden SV Babelsberg 03 am 8. Mai ein Transparent mit dem Text „Gas geben Sachsenhausen“ zeigten. Nicht nur Fans, auch einige Spieler des Vereins kommen aus der rechten Szene. Öffentlich bekannt wurden auch rechte Angehörige von Cottbusser Kampfsportvereinen und Mitglieder von Potsdamer Fußball- und Judoclubs. Unklar ist, ob sich darin verstärkte Aktivitäten von Neonazis im Sportbereich wiederspiegeln oder ob durch Recherchen von Antifagruppen bzw. durch eine sensibilisierte Öffentlichkeit mehr solcher Fälle öffentlich werden. Nach den Berichten über weitere Neonazis in städtischen Sportclubs wurde am 16. April 2013 die Satzung des Stadtsportbundes geändert. Einstimmig beschlossen wurde der Satzungszusatz: „Die Vereine treten Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit und anderen Formen des Extremismus öffentlich klar entgegen“.

Nachwirkungen der „Spreelichter“ in Spremberg und Lauchhammer

Im November bestätigte das Oberverwaltungsgericht das im letzten Jahr ergangene Verbot des Neonazinetzwerkes  „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“. Die bekanntesten Aktionen aus diesem Netzwerk waren die Fackelzug-Inszenierungen der „Spreelichter“, die nachts in verschiedenen Orten stattfanden, gefilmt und ins Internet gestellt wurden.

Dass Verbote nur beschränkte Wirkung haben, zeigen Aktionen der jüngsten Zeit, die vom Inhalt und Stil her wie eine Fortsetzung der „Spreelichter“-Propaganda wirken:

In Senftenberg und Lauchhammer taucht seit Oktober eine als Krümelmonster aus der Sesamstrasse verkleidete Personen auf und verteilt Flugblätter in der Fußgängerzone. „Demokraten bringen uns den Volkstod“ ist die Botschaft in verschiedenen Variationen. Auch Zugang auf einen Schulhof verschaffte man sich. Dort gehörte zur Aktion, die Figur mit Schulkindern abzulichten und die Bilder mit der Botschaft auf Facebook zu verbreiten. Im November wurden Flugblätter auf die Fensterscheiben einer Schule geklebt und am Sportplatz fand sich ein grabähnliches Loch mit Holzkreuz und der Ankündigungen des nahenden „Volkstodes“.

Zwei Webseiten sind ebenfalls ganz im Stil der verbotenen Spreelichter gehalten und verbreiten die gleichen Inhalte.

Auch anders wirkt das verbotene Neonazi-Netzwerk fort: 2013 gelang es der rechten Szene in Spremberg, durch einige militante lokale Neonazis den Bewegungsraum von alternativen Jugendlichen durch Angriffe und Bedrohungen massiv einzuschränken. Daran beteiligt waren Minderjährige und junge Erwachsene, die im Umfeld der „Spreelichter“ politisch sozialisiert worden sind. Im Jahr davor hatte es bis zum Verbot im Juni zahlreiche, zum Teil massive, Angriffe auf alternative Jugendliche und die Lokalredaktion der Zeitung, die kritisch über die Neonazis berichtete, wie auch das Parteibüro der Linkspartei gegeben. Danach war zunächst nichts mehr vorgefallen. In diesem Jahr häuften sich die Übergriffe dann wieder. Der größte Teil wird von einer nur geringen Anzahl von Vielfachtätern begangen. Ihr selbstsicheres Auftreten deutet darauf hin, dass sie sich durch ihr Umfeld bestätigt und durch die meist langwierige und in der Vergangenheit häufig erfolglose Strafverfolgung ermutigt fühlen. Die von der rechten Gewalt betroffenen alternativen Jugendlichen dagegen fühlen sich allein gelassen. Zwar unterschrieben fast 4.000 EinwohnerInnen einen Aufruf des Bürgermeisters gegen die rechten Angriffe auf das Parteibüro und die Zeitungsredaktion. Eine ausdrückliche Solidarisierung mit den Jugendlichen, die die Hauptbetroffenen der Gewalt sind, blieb aber bis heute aus. Stattdessen gibt es hitzige Diskussionen über Antifa-Graffitis, die ihnen angelastet werden und die Stadt verschandeln würden.   

Ausblick für 2014

Im Mai sind in Brandenburg Kommunalwahlen, im September Landtagswahlen. Es ist zu befürchten, dass NPD, Die Rechte und die Pro-Parteien das Thema Asyl darin zum Schwerpunkt nehmen und versuchen werden, lokale Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkünfte zu radikalisieren. 

Außerdem ist zu erwarten, dass die „Alternative für Deutschland“ in Landtagswahlkampf sehr präsent und erfolgreich sein wird und das Euro-Thema besetzt.

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:| Alle Bundesländer im Jahresrückblick 2013

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