Kinder erscheinen rechtsextremen Aktiven in Mecklenburg-Vorpommern als attraktiver Anknüpfungspunkt, um in die Gesellschaft zu wirken. Kein Wunder also, dass nicht nur die NPD mit scheinbar unpolitischen ?Kinderfesten? versucht, bei Mann und Frau Akzeptanz und Gehör zu finden. In Kitas gibt es rechtsextreme Eltern und Bewerbungen von Kita-Erzieherinnen neonazistischer Gesinnung ? und darüber hinaus bemühten sich Rechtsextreme auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, die Trägerschaft von Kindertagesstätten zu übernehmen.
Auf diesen Umstand weist nun Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) mit dem ?Kita-Erlass zur Gewährung der grundgesetzlichen Wertordnung? hin, der am 1. August in Kraft tritt. Im Kern besagt der: potenzielle Träger der Jugendhilfe müssen sich in Zukunft schriftlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Damit sollen Neo-Nationalsozialisten oder NPD-Mitglieder als Kita-Träger ausgeschlossen werden.
Im Februar war der Fall einer privaten Kindertagesstätte in Bartow bekannt geworden: Dort hatte sich der siebenfache Vater Matthias Schubert als ehrenamtlicher Betreiber angeboten, der zugleich NPD-Mitglied ist und in engem Kontakt zur NPD-Landtagsfraktion stand. Bartows Bürgermeister durchschaut das Angebot allerdings, der Gemeinderat lehnte die Übernahme der Kita durch Schubert ab. In Ferdinandshof wollte die Frau des NPD-Landtagsabgeordneten Tino Müller in der Kita ?alte Haushaltspraktiken? vermitteln, in der Schule des älteren Sohnes leitete sie einen Yoga-Kurs ? völkisch-ausgrenzende Ideen können so nebenbei verbreitet werden.
Ministerin Schwesig betonte auf der Pressekonferenz zum Kita-Erlass, dass dieser natürlich nur ein erster Schritt sein könne, der Aufmerksamkeit auf das Thema ?Rechtsextremismus in Kitas und Schulen? lenke und geeignet sei, für das Thema zu sensibilisieren, Diskussionen anzustoßen. So ist der Erlass geeignet, zu verhindern, dass Neonazis zumindest keine staatlichen Förderungen für ihr verfassungsfeindliches Treiben erhalten. Auch Erzieherinnen und Erzieher müssten sich so zu demokratischen Werten bekennen.
Viele praktische Probleme lassen sich allerdings kaum staatlich, sondern vielmehr durch eine aufmerksame Zivilgesellschaft lösen. Anne-Rose Wergin vom Projekt ?Lola für Lulu? der Amadeu Antonio Stiftung arbeitet mit Multiplikatorinnen aus Kitas und Grundschulen zum Thema. In der Praxis sei der Umgang mit rechtsextremen Eltern das dringlichere Problem, berichtet Wergin: ?Auch hier handelt es sich um Einzelfälle, die aber vor Ort eine große Dramatik entwickeln können.? Grundsätzlich rät sie zu Transparenz und Offenheit: ?Über rechtsextreme Eltern nicht zu reden, mag auf den ersten Blick leichter erscheinen. Aber die anderen Eltern in einer Kita haben auch ein Recht, zu erfahren, bei wem ihr Kind zu Hause spielen geht oder welche Interessen jemand vertritt, wenn er sich in den Elternrat wählen lässt?, sagt Wergin. Im Endeffekt gehe es um die Frage: ?Was soll mein Kind lernen? Soll demokratische oder neonazistische Erziehung sein Weltbild prägen??
Deshalb, betonte Wergin, ist jede Diskussion des Themas in der Öffentlichkeit wertvoll: ?Im Endeffekt kommt es vor allem auf sensible Eltern, Kommunen oder Träger an, die erkennen, wenn etwas schiefläuft und rechtsextreme Frauen und Männer in der Kinderbetreuung oder in Schulen Kinder und Eltern mit völkischem, rassistischem oder NS-verherrlichenden Gedankengut beeinflussen wollen.?
In einer Pressemitteilung unterstützt auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Mecklenburg-Vorpommern die Absicht von Sozialministerin Manuela Schwesig, von den Kita-Betreibern künftig einen Demokratie-Nachweis zu verlangen. „Kitas sind gesellschaftliche Institutionen, die einen klaren Bildungs- und Erziehungsauftrag haben. Da ist es abwegig, dass Ideologen einer krassen antidemokratischen Minderheit solche Einrichtungen leiten und ihr krudes Gedankengut an Kinder weitergeben können.“, so der Kita-Referent der GEW, Daniel Taprogge.
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