Am 2. November 2021 fand zum ersten mal seit seiner Rückkehr an die Uni Greifswald wieder eine Vorlesung des Juraprofessors Ralph Weber statt, begleitet von Protesten. Denn der Professor saß bis vor kurzem noch für die AfD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und gilt als Rechtsaußen in der ohnehin schon rechtsradikalen Partei.
Mehre hundert Studierende beteiligten sich am Dienstag an einer Demonstration vor dem Audimax an der Greifswalder Uni und begleiteten die erste Vorlesung des Ex-AfDlers auch durch strömenden Regen. Das Studierendenparlament hatte sich kritisch zu Webers Rückkehr geäußert. Zum Protest aufgerufen hatte unter anderem die Initiative „Uni ohne Nazis“.
2016 hatte Weber noch das Direktmandat in Vorpommern-Greifswald gewonnen und konnte in den Landtag einziehen, bei den letzten Landtagswahlen im September 2021 gelang ihm das nicht mehr. Bei der Kandidatenaufstellung beim Parteitag war Weber gescheitert, den Platz für eine Direktkandidatur gewann ein anderer Bewerber. Gegen den Professor, der dem rechtsextremen „Flügel“ der Partei nahestehen soll, läuft ein Parteiausschlussverfahren wegen „parteischädigendem Verhalten“. Weber hatte Leif-Erik Holm, Parteichef in MV, „diktatorisches Verhalten“ vorgeworfen. Seine ehemaligen Parteifreunde bezeichnet er in Facebook-Posts als „kriminelle Gurken“. Die AfD nannte er im Wahlkampf „unwählbar“.
Dem Parteiausschluss kam Weber nun offenbar zuvor. Am 1. November schickte er eigenen Aussagen nach sein Austrittschreiben an die Bundes- und Landesgeschäftsstelle der Rechtsradikalen. Wieder geht es gegen die Parteikolleg:innen. Statt Expertise gehe es bei parteiinternen Wahlen um Gefolgschaftstreue. Mandate seien reine Geldquelle für AfDler:innen, die anders ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren könnten oder wollten. Bemerkenswert ist dabei aber besonders, dass Weber kritiseirt, dass die Partei sich weg von der „Professorenpartei“ verändert habe. Mittlerweile dominierten Seilschaften aus dem Burschenschaftsmilieu.
Dabei hatte vor allem Weber selbst bisher keine Probleme mit der Nähe zu teilweise rechtsextremen Gedankengut. Weber fabulierte zum Beispiel vom „Großen Austausch“, einer Verschwörungserzählung aus dem Umfeld der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ und der sogenannten „neuen“ Rechten. 2017 forderte er eine „deutsche Leitkultur“: „Wir ‚Biodeutsche‘ mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern müssen hierfür sorgen.“ Dabei schreckte Weber auch nicht von eindeutig rechtsextremen Parolen zurück und verkündete via Facebook: „Deutschland den Deutschen und alles für unser geliebtes Deutschland!“. Die Universität „distanziert sich ganz entschieden von den unsäglichen Äußerungen“ Webers, heißt es damals in einer Pressemitteilung.
Rechtsaußen war Ralph Weber schon vor seiner Mitgliedschaft in der AfD. Bereits 2010 hielt Weber Vorlesungen im „Thor Steinar“-Outfit. Die Universität reagierte und nahm ein Verbot der „Verwendung von Kennzeichen mit verfassungswidrigen, rassistischen, fremdenfeindlichen, gewaltverherrlichenden oder anderen menschenverachtenden Inhalten“ in die Hausordnung auf. 2014 nahm er den Sänger der Rechtsrockband „Hassgesang“ als Doktorand an.
Eine Recherche zum politischen Hintergrund Ralph Webers hatte das Greifswalder Fleischervorstadt-Blog bereits 2016 veröffentlicht.
Die Universität Greifswald hatte in einer Pressemitteilung am 31. Oktober die Proteste gegen Weber mit den Worten „Das Recht auf friedliche Demonstrationen ist ein bedeutender Pfeiler unserer freiheitlichen Demokratie“ kommentiert und auf die Werte der Hochschule verwiesen: „Die Universität Greifswald bekennt sich darin zu einem freiheitlichen, zivilen und friedlichen Menschenbild.“
Weber scheint sich jedenfalls wieder ganz auf den Uni-Betrieb einzustellen, Auf der Website seines Lehrstuhls sucht der Professor bereits eine wissenschaftliche Mitarbeiter:in und eine studentische Hilfskraft.
Foto oben: Wikimedia / Olaf Kosinsky / CC BY-SA 3.0 DE