Aktuell hat die Hassrede gegen Flüchtlinge im rechtspopulistischen Spektrum alle anderen Themen (Islamfeindlichkeit, Anti-Gender-Aktivitäten) verdrängt – die AfD muss also auf diesen Zug aufspringen, um ihre rechtspopulistische Gefolgschaft nicht zu verlieren, kann dabei aber immerhin die Flüchtlingsfeindlichkeit mit der EU-Feindlichkeit verbinden.
Also stellt AfD-Chefin Frauke Petry sich hin und spricht darüber, ethnische Konflikte und Probleme durch Flüchtlinge nicht totzuschweigen und zwischen verfolgten Asylbewerber_innen und Menschen, die in Deutschland ein besseres Leben suchten und keinen Anspruch auf Asyl hätten zu unterscheiden – gibt also, ein erprobtes Muster, die sanfte Stimme des Rechtspopulismus (Deutschlandfunk).
Zeitgleich ruft ihre sächsische AfD zu „Mittwochsdemonstrationen“ gegen „Asylpolitik“ auf – die erste war mit 500 Teilnehmer_innen am 19.08.2015 in Dresden. Die Redner wetterten gegen die ihrer Meinung nach zu hohe Zahl von Flüchtlingen, forderten eine verstärkte Abschiebung und eine rigidere Aufnahmepolitik. Unter den Teilnehmer_innen waren viele Pegida-Sympathisant_innen, aber keine NPD-Kader (SZ, DNN).
In Thüringen lud die AfD parallel zur Thügida-Demonstration zu einem „Bürgerdialog“ zum Asyl und Zuwanderung – vor allem aber, um ihre Thesen zu verbereiten: Abschiebungen müssten konsequenter vollzogen werden, „gesonderte Unterbringung von gewaltauffälligen Asylbewerbern“, Kreis sicherer Herkunftsländer erweitern, „Fehlanreize“ abschaffen (inSuedThueringen.de).
Pegida-Demonstrationen:
04.08.2015, Berlin, Bärgida – 160 vs. Gegendemo 100 (ND)08.08.2015, Chemnitz, Cegida – 140 Teilnehmer_innen (FP)10.08.2015, Dresden, Pegida – 3.000 (SZ)10.08.2015, Hannover, Hagida, 40 vs. Gegendemo 2518.08.2015, Berlin, Bärgida – 135 Teilnehmer_innen (ND)18.08.2015, Eisenberg, Thügida – 80 vs. Gegendemo 40024.08.2015, Dresden, Pegida – 3.000 Teilnehmer_innen (SZ)24.08.2015, Berlin, Bärgida – vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales, wo Flüchtlinge ankommen (Berliner Kurier)28.08.2015, Dessau, Pegida – 80 Teilnehmer_innen, Gegendemo 250 (mz-web.de)29.08.2015, München, Bagida – 0 Teilnehmer, abgesagt (sueddeutsche.de)31.08.2015, Leipzig, Legida, 600 Teilnehmer_innen (mopo24)
Meldungen zu Pegida:
Die Tourismuszahlen in Dresden gehen zurück – Schuld ist offenkundig Pegida. 2,1 Prozent weniger Besucher_innen aus dem Ausland, und sogar 3,4 Prozent weniger Besucher_innen aus Deutschland. Unter anderem gab es für Dresden eine (kurzfristige) Reisewarnung des State Departement in Washington und eine des japanischen Außenministeriums (Tagesspiegel).
„Dügida“-Organisatorin Melanie Dittmer klagte gegen Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel, weil dieser zur Aktion „Lichter aus!“ gegen Dügida verfügt hatte, dass das Rathaus verdunkelt blieb – dies sei rechtswidrig. Damit bekam sie bedauernswerterweise beim Verwaltungsgericht sogar recht – erst das Oberverwaltungsgericht wies die Klage in zweiter Instanz ab: Es bestehe keine Wiederholungsgefahr (Antenne Düsseldorf).
Interessante Analysen zum Rechtspopulismus in Deutschland
Was ist los in diesem Land?Forscher Wolfgang Frindte: Das frage ich mich auch, und das Geschehen bereitet mir große Sorge. Es kommt etwas an die Oberfläche, was wir schon seit 20 Jahren wissen: Dass der Rechtsextremismus nicht nur ein Randphänomen ist, sondern weite Teile der Bevölkerung betrifft. Zum anderen sortieren sich Rechtsextremisten und Rechtspopulisten neu. Seit Pegida zeigen die Leute ihren Hass offen auf der Straße und im Internet. Wir erleben einen Schulterschluss zwischen den alten und den neuen Rechtsextremen. Dabei ist der Rechtsextremismus keineswegs nur ein Jugendproblem, sondern geht durch alle Alters- und Bildungsschichten. Was wir momentan erleben, ist ein Angriff auf unsere Demokratie.Das heißt, Pegida und Co haben die Fremdenfeindlichkeit bis in die Mitte der Gesellschaft salonfähig gemacht?Wolfgang Frindte: Salonfähig waren Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus schon vorher, wie Untersuchungen belegen. Was Pegida erreicht hat, ist, den Salon weit nach außen zu öffnen. Menschen haben keine Hemmung mehr, in Kameras hinein ihre Wut und ihren Hass über Flüchtlinge zu äußern. Was früher vielleicht am Stammtisch gesagt wurde, wird jetzt auf dem Marktplatz herausgebrüllt.Interview: Welt
Aber muss man da nicht irgendwo Grenzen ziehen zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus? Ist es rechtsextrem zu sagen, wir wollen keine Flüchtlinge hier haben?Forscher Andreas Zick: Nein, das erst mal nicht. Dass Bürger Sorgen haben und dass ein Bürgermeister sagt, die Vorwarnzeit reicht nicht, wobei es sollte ja nicht eine Vorwarnzeit sein, sondern eine Vorbereitungszeit, dass Bürger Fragen stellen und verunsichert sind, was bedeutet es, wenn wir jetzt an die Millionengrenze kommen der Zuwanderung, das ist kein Problem. Das Problem ist: Rechtsextremismus fängt da an, wo Gewalt als legitim betrachtet wird. Und ich würde einen Schritt weitergehen: Wir haben vor einigen Wochen auch gesagt, es bildet sich so etwas wie eine rechtsterroristische Mentalität. Das heißt, das Rechtssystem, was vor Ort eigentlich gelten sollte, das wird infrage gestellt und als illegitim betrachtet, und Gewalt ist legitim. Da fängt der Rechtsextremismus an. Viele Bürger distanzieren sich von der Gewalt, aber wir haben bei Pegida immer beobachten müssen, diese Gewalt- und Aggressionsdistanz funktioniert nicht, denn da wird mit sehr aggressiven und gewaltorientierten Symbolen auch operiert.Interview: Deutschlandfunk
Die Innenministerkonferenz meint: Der Osten ist anfälliger für Rassismus als der Westen. Die Menschen in den neuen Bundesländern seien deutlich anfälliger für Rechtsradikalismus als die im Westen, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) der „Welt“. Dort gebe es „eine größere Bereitschaft zu einer fremdenfeindlichen Radikalisierung“ (t-online-News). „Im Osten ist es offenkundig so, dass Migranten Angst und Fremdenfeindlichkeit auslösen. Und zwar in einem Ausmaß, das wir im Westen nicht für möglich gehalten haben.“ Die Innenminister der östlichen Bundesländer sehen das anders. Die Diskussion führt nicht zu passgenaueren Maßnahmen gegen Rassismus bundesweit, aber zu viel beschriebenem Papier.
Pack und Idioten:
„Das Niveau, auf dem die Flüchtlingsdebatte in Deutschland derzeit geführt wird, scheint einen neuen Tiefpunkt erreicht zu haben. Die Nerven liegen blank seit den Exzessen in Heidenau und den täglichen Meldungen über abgefackelte oder geflutete Flüchtlingsheime. Kein Wunder, dass der Ton rauer wird und sich mancher auch darin vergreift. (…) Dass auch Gutmeinenden einmal der Kragen platzt, sollte man ihnen zugestehen. Wer ist nicht wütend und ratlos angesichts der Krawalle? Aber dann reicht’s auch mit der verbalen Aufrüstung. Wo soll das hinführen, wenn sich die Empörten gegenseitig mit Beschimpfungen überbieten? Wer nur mit Kraftausdrücken um sich wirft, heizt Spannungen an und beweist doch nur, dass er rhetorisch am Ende ist.“Heinrich Maria Löbbers, Sächsische Zeitung
Das hätten wir jetzt nicht erwartet:
Die textlich bisher eher rechtsoffen wirkende Band „Frei.Wild“ hat offenbar die Nase voll von ihren rassistischen Fans. Deshalb gab es ein deutliches Statement, explizit gegen Pegida und die AfD – und daraufhin viel Entsetzen unter den „rechtsoffenen“ Fans. „Es ist Wurscht, wie sich solche Idioten und Gruppierungen nennen, ganz egal ob „Pegida“, „AfD“, „Keine Asylanten in …“ usw.: IHR SEID SCHEISSE UND DIESE SCHEISSE WERDEN WIR NICHT ZULASSEN! NICHT BEI UNS UND NICHT MIT DIESER BAND!“ Das ist doch mal erfreulich deutlich (news.de)
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Die Welt ist bunt!Und Frei.Wild’s Ländereien sind es auch!?Teilen erwünscht!?? http://news.frei-wild.info/archiv/7B22BAB3A9D64118.htm#anker2
Posted by Frei.Wild on Donnerstag, 13. August 2015
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