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Menschenfeindlichkeit Juli 2015 Rechtspopulismus – Pegida, HoGeSa, AfD, ALFA, CSU

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So sieht Bernd Luckes neue Partei "ALFA" auf seiner Facebook-Präsenz aus. Die Website der Partei ist noch deutlich unprofessioneller. Die Aufspaltung des deutschen Rechtspopulismus ist ja auch noch frisch. Viele Freund_innen hat "ALFA" noch nicht. (Quelle: Screenshot)

Showdown in Essen: Nach Wochen des Macht- und Ausrichtungs-Gerangels in der AfD kam es am 04. Juli 2015 zum entscheidenden Bundesparteitag der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Das Votum für Ausrichtung und Umgangston in der Partei fiel eindeutig aus: Parteichef Bernd Lucke, der sich zunehmend Sorgen um die immer stärker rassistische und islamfeindliche Ausrichtung der AfD machte, wurde abgewählt, Frauke Petry, die nur gemäßigt wirkende Vertreterin des Rechtsaußen-Spektrums, wurde mit Tusch an die Parteispitze gewählt und darf nun an der AfD-Ausrichtung als Wutbürger_innen- und Pegida-Partei feilen (vgl. TazDRadioKulturZeitSüddeutscheMDR).

Dabei werden die „wirtschaftsliberalen“ Teile der AfD auch nicht mehr stören, denn die verlassen nun in Scharen die Partei. Dazu trug – neben dem Wahlergebnis – wohl auch der neue „Umgangston“ in der Partei bei: Bernd Lucke wurde ausgebuht und beschimpft, als er auf dem Bundesparteitag noch etwas sagen wollte (vgl. Tagesspiegel.) Immerhin ging es den rechtspopulistischen AfD-Pöbler_innen ähnlich, als sie ihren „Sieg“ in einem Essener Biergarten feiern wollten: Dort veranstalteten Gegendemonstrant_innen so viel Lärm, dass die Rede der neuen Bundesvorsitzenden Frauke Petry nicht zu verstehen war. (Der Westen)

Unseren Lieblingskommentar zu Luckes Abwahl gab übrigens Brandenburgs AfD-Hardliner Alexander Gauland, der konstatierte, Lucke sei eben kein guter Führer gewesen. Also, Parteiführer, natürlich (vgl. n-tv).

Im Nachgang regt sich nun Bernd Lucke – und mit ihm die „wirtschaftsliberalen“ Köpfe der Partei, wie etwa Hans-Olaf Henkel – darüber aus, dass die AfD nun zur rechtspopulistischen Wutbürger-Partei umgestaltet werde. Das ist natürlich so nicht richtig, denn des gefährliche Spiel mit Islamfeindlichkeit, Rechtspopulismus und Rassismus haben Lucke & Co. selbst bedient. Nur haben sie offensichtlich unterschätzt, wie wenig der abwertende Hass in ihrem politischen Spektrum unter Kontrolle zu halten ist und wie schnell er jedes demokratische Maß verliert. (vgl. Handelsblatt)

ALFA

Der nächste Schritt ist dann folgerichtig: Bernd Lucke tritt aus der AfD aus und gründet eine neue Partei, um ein neues Zuhause für Rechtsaußen-Konservatismus zu schaffen. Sein erster Vorstoß in diese Richtung war der Vererin „Weckruf 2015“, dann wurde als neuer Parteiname „Neustart 2015“ diskutiert – nur ergab dies als Abkürzung „NS 2015“, was taktisch für eine Partei mit weniger Rechtsaußen-Hass als die AfD dann doch ein wenig unpassend schien. Jetzt heißt die neue Partei in Gründung „ALFA“ – „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“, gegründet am 19. Juli 2015. Nun prüfen der Autobauer Alfa Romeo Deutschland als auch die Organisation „Aktion Lebensrecht für Alle“, abgekürzt ALfa, ob sie Schritte gegen den Namen der jungen Partei einleitet (vgl. Neue Osnabrücker ZeitungAndreasKemper.Wordpress.com),

Außerdem klagte die AfD: Das ALFA-Programm sei abgekupfert. Lucke begründet dies damit, dass die Autorin des AfD-Programms mit zu ALFA gewechselt sei und dort am Parteiprogramm mitschrieb (vgl. Tagesschau). Neu sind allerdings Passagen, die rassistische Rechtspopulist_innen in Zukunft fernhalten sollen. Laut F.A.Z. heißt es in der Präambel des Programmentwurfs: „Wir wenden uns gegen eine Politik der populistischen Schlagworte.“ Man wolle Sachkunde und kein „Schwarzweißdenken“. Man wende sich „entschieden gegen hetzerische Äußerungen oder Versuche, fundamentale Persönlichkeitsrechte von Minderheiten einzuschränken“. In einer weiteren Passage heißt es: „Wir bekennen uns uneingeschränkt zur Westbindung, zur Nato als Basis unserer transatlantischen Sicherheitsarchitektur. Die USA sind traditionell unsere engen Verbündeten.“ Und: Man sei für Freihandelsabkommen im Allgemeinen, unter bestimmten Bedingungen auch für jenes mit den Vereinigten Staaten, TTIP.“ Zuwanderung soll nach den Kriterien Bildung, Berufserfahrung, Sprachkenntnissen und dem Bedarf auf dem Arbeitsmarkt gesteuert werden. Ausdrücklich lehnt „ALFA“ Positionen „ausländerfeindlicher, rassistischer, nationalistischer, antisemitischer, islamfeindlicher, islamistischer, homophober, rechts- oder linksradikaler“ Natur innerhalb und außerhalb der Partei ab (laut Bundessatzung, vgl. Wikipedia). Einen Einblick ins Programm gibt es unter www.alfa-bund.de (Achtung, noch sehr hässliche Website).

Wir sind gespannt, ob Bernd Lucke diesmal Rechtspopulismus ohne Abwertung und Rassismus umsetzten kann. Unser Tipp ist: Nein.

Dafür geht es gleich ins volle Politikleben: Durch Übertritte von der AfD ist „ALFA“ bereits mit fünf Abgeordneten im Europäischen Parlament, einem Abgeordneten im Thüringer Landtag, drei Abgeordneten in der Bremischen Bürgerschaft sowie in zahlreichen Kommunalparlamenten vertreten (Wikipedia).

Partei­vorsitzender von „ALFA“ ist Bernd Lucke. General­sekretärin Ulrike Trebesius, Stell­vertretende Vorsitzende sind Bernd Kölmel, Gunther Nickel, Reiner Rohlje, Bundes­schatz­meister Jochen Seeghitz.

Und weiter?

Von ALFA hörte man nach der Gründung nicht mehr viel. Die AfD wählte einen neuen Bundesvorstand. Er besteht nun aus Frauke Petry als Bundeschefin, Jörg Meuthen als Bundeschef, Beatrix von Storch, Alexander Gauland und Alexander Glaser als Vizechefs, Alice Weidel, Julian Flak, André Poggenburg, Dirk Driesang, Armin Paul Hampel, Georg Pazderskials Beisitzer (vgl. zu deren politischen Ausrichtung: taz). Erstes politisches Lebenszeichen nach der Spaltung: Die AfD Baden-Württemberg verabschiedet einen „Anti-Gender-Antrag“, der quasi jegliche Erwähnung der Existenz sexueller Vielfalt als „Propaganda“ verbieten möchte – offenbar, weil die AfD Angst davor hat, dass Menschen allein durch das Wissen darum, dass es auch etwas anderes als zweigeschlechtliche Liebe gibt, sofort homosexuell werden:  „Die Alternative für Deutschland lehnt jegliche staatliche Propaganda – in Schulen, den Massenmedien oder im öffentlichen Raum – für bestimmte sexuelle Orientierungen oder Verhaltensweisen strikt ab. Die Förderung der klassischen Familie ist davon ausgenommen.“ (vgl. ViceQueer.de) Nach aktuellen Umfragen bekäme die AfD bei der nächsten Bundestagswahl nur noch 3 Prozent der Stimmen (Blick nach rechts).

Pegida

Die böse Saat der Islamfeindlichkeit und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge hat Pegida erfolgreich in Deutschland gesäht. Die Aufmarsch-Bewegung geht aber ihrem Ende entgegen, die Teilnehmer_innen-Zahlen und die mediale Aufmerksamkeit sinken (noch auf der Straße: Bagida (IIBärgida (IIIII), Pegida, LegidaCegida). Selbst die Polizei will bei Pegida ab Juli 2015 nicht mehr die Teilnehmer_innen mitzählen (vgl. DNN)

Womit Pegida im Juli 2015 noch Schlagzeilen machte:

Pegida möchte Landespolitik machen und in Landtage einziehen. Zunächst in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (vgl. ZeitSüddeutsche)Pegida ruft konsumkritisch zum „Kaufstreik“ auf (mopo24)Pegida will eine Bürgerbegehren gegen den Rundfunkstaatsvertrag anstreben (ngn)Pegida-Gründer Lutz Bachmann hetzt derweil weiter im Internet, entfacht etwa einen Shitstorm gegen eine niedersächsische Schlachterei, die auch nach muslimischem Brauch schlachtet (vgl. Menschenfeindlichkeit Juli 2015: Islamfeindlichkeit)

HoGeSa

Die Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) wollen im zweiten Halbjahr 2015 mal wieder auf der Straße aktiv werden. Allerdings ist die Szene massiv zerstritten, deshalb mobilisieren verschieden Gruppierungen zu verschiedenen Terminen – Ausgang offen. Aktuell im Topf:

Hamburg: 12. September 2015, „Tag der Deutschen Patrioten“, Aufrufer: „Gemeisam Stark e.V.“ (vgl. Blick nach RechtsZeit)Köln: 25. Oktober, Aufrufer: Dominik Roeseler, Ex-Sprecher des Hool-Vereins „Gemeinsam Stark Deutschland“ und stellvertretender Chef von „pro NRW“Köln: 24. Oktober, „Bündnis-Großdemonstration“ von „Gemeinsam Stark Deutschland“ (GSD), „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), „Bündnis Deutscher Hooligans“ (B.D.H) und „Berserker Deutschland“ – weil die Demo am 25.10. nicht abgesprochen gewesen sei (vgl. Blick nach rechts). Na, dann.

Bei der Teilnahme sollten die Islamfeinde aberauf ihre Bekleidung achten: Nach der Kölner Demo im Oktober 2014 wurde im Juli eine junge Frau verurteil, weil sie ein T-Shirt  mit der Aufschrift „University Auschwitz, EST 1941“ getragen hatte. Darüber hinaus war auf dem Kleidungsstück „Genetics, Ethnogency, Final Solution“ aufgedruckt. Diese Begriffe, übersetzt etwa „Genetik, Rassenkunde, Endlösung“, entstammen unmittelbar dem Wortschatz des Nationalsozialismus. Kostet: 750 Euro (50 Tagessätze à 15 Euro) (vgl. Kölner Stadtanzeiger).

CSU

In der Debatte um den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland entscheidet sich die bayerische CSU mal wieder für aggressive Rhetorik wie in den 1990er Jahren. “An den Grenzen stehen 60 Millionen Flüchtlinge”, behauptet CSU-Generalsekretär Scheuer – und fragt: “Wie sollen wir dieser Massen Herr werden?” Weiter spricht er von Zustrom, Wellen, Druck, der kaum noch auszuhalten sei – lauter „Klassiker“ (vgl. Patrick-Gensing.info). CSU-Chef Seehofer handelt entsprechend, lässt gesonderte Lager für Flüchtlinge aus dem Balkan eröffnen, die laut seiner Darstellung kaum Chancen auf Anerkennung ihres Asylantrags haben (vgl. n-tv) – praktisch sind es „Roma-Lager„. Seehofer sprach zudem von „massenhaftem Asylmissbrauch“ (FR).  Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) bedient das rassistische Klischee des „Wirtschaftsflüchtlings“, indem er auf die Abschaffung des monatlichen Taschengeldes für Flüchtlinge in Höhe von 140 Euro drängte. „Das ist soviel wie ein Monatslohn in Serbien oder im Kosovo. Für viele Menschen auf dem Balkan ist dieses Taschengeld ein Anreiz, zu uns zu kommen“, sagte der CSU-Politiker (Focus). Bundesjustizminister Heiko Maas hat das Verhalten der Union beim Thema Flüchtlinge kritisiert. Die Partei müsse ihren Widerstand gegen ein Einwanderungsgesetz aufgeben, forderte er in einem Zeitungsinterview. Flüchtlingen per se Asylmissbrauch zu unterstellen, verschärfe die Debatten unverantwortlich (Tagesschau).

Europa

Die Rechtspopulist_innen im Europaparlament haben es doch noch geschafft, ihre Zwistigkeiten beizulegen. So gibt es nun eine Rechtsaußen-Fraktion namens „Europe for Nations and Freedom (ENF)“. Dazu gehören die französische Front National, die niederländische Partij voor de Vrijheid (PVV), die österreichischen Freiheitlichen (FPÖ), die italienische Lega Nord, der belgische Vlaams Belang sowie zwei Polen und eine Britin an – insgesamt 37 Abgeordnete. Der Fraktionsstatus bedeutet: Rechtliche Vorteile im EU-Parlament, finanzielle Zuflüsse von 17,5 Millionen Euro bis 2019 und höhere Aufmerksamkeit der Medien (Blick nach rechts).

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