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Messerangriff auf Antifaschisten in Dortmund

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Plakat bei einer Demonstration in Dortmund (Quelle: Flickr.com / Creative Commons / Bündnis 90/Die Grünen NRW / CC by-SA)

Am vergangenen Sonntag, 14.08.2016, wurde ein junger Antifaschist im Dortmunder Westen von drei Vermummten mit einem Messer attackiert. Die Angreifer lauerten dem 24-jährigen am Nachmittag vor seiner Wohnung aus einem Auto heraus auf. Sie schlugen auf ihn ein, dann zog einer der Angreifer ein Messer und stach zwei Mal zu, berichtet das antifaschistische Bündnis „BlockaDo“. Der Angegriffene erlitt eine Stichverletzung im Bauchbereich. Dennoch gelang es dem Dortmunder, zu flüchten. Nach einer ersten ambulanten Versorgung im Krankenhaus erstattete er Anzeige.

„Die Polizei reagierte zunächst kaum“, sagt einer der Aktivisten, der in den nächsten Tagen an der Aufarbeitung des Angriffs mitarbeiten wird. „Die Aufnahme des Tatbestands verlief dilettantisch, es gab beispielsweise keine Tatortbegehung.“ Auch ein Gespräch mit der Polizei sei erst für morgen geplant gewesen. Wegen der großen Öffentlichkeit, die der Fall seit der Veröffentlichung auf Facebook bekommt, habe die Polizei nun aber reagiert und das Gespräch auf den heutigen Nachmittag vorgezogen. Inzwischen sucht die Dortmunder Polizei auch nach Zeugen für den Angriff. Beschrieben werden die Täter wie folgt: “ Alle drei waren mit Sturmhauben vermummt. Zwei trugen schwarze Oberbekleidung, einer war mit einer Militärhose bekleidet.“ Hinweise können telefonisch unter 0231/132-7441 gemeldet werden.

Bereits am 1. August war der junge Antifaschist im Stadtteil Dorstfeld, der als Neonazi-Kiez bekannt ist, von Rechtsextremen angegriffen worden. Er erkannte die beiden Täter und erstattete Anzeige bei der Polizei. Seither tauchten immer wieder Nazis vor seiner Haustür auf – viele Aktivisten vermuten deshalb, der Messerangriff vom vergangenen Sonntag könnte einen Racheakt der Dortmunder Naziszene sein. „Dortmund ist Schauplatz militanter Nazigewalt. Es gab zahlreiche Übergriffe auf Antifaschistinnen und Antifaschisten“, schreibt das Bündnis BlockaDo zu den sich häufenden Angriffen aus der rechten Szene.  „Jetzt griffen sie am helligten Tag vermummt und bewaffnet einen Antifaschisten vor seiner Wohnung in einem belebten Viertel an und nahmen seinen Tod billigend in Kauf.“

Um der Gewalt von rechts etwas entgegenzusetzen, soll es morgen ein offenes Treffen in Dortmund geben. Die Initiativen „BlockaDo“, die Linksjugend [’solid] Dortmund, die SAV Sozialistische Alternative sowie die ver.di Jugend Dortmund laden dazu ein, eine gemeinsame Protestaktion zu organisieren. „Es würde sich anbieten, zusammen eine Demonstration zu planen“, sagt einer der Aktivisten. „Nicht nur aus Solidarität mit dem aktuell Betroffenen, sondern gegen jede rechte Gewalt.“

Foto unter Creative Commons Lizenz CC by-SA 2.0

 

Update 29.08.2016

Die Demonstration „Es reicht“ setzte am Samstag, den 20.08.2016, ein Zeichen gegen rechte Gewalt. Vertreter_innen und Einzelpersonen von zahlreichen antifaschistischen Gruppen, linken Organisationen, Parteien und Gewerkschaften hatten als Reaktion auf den Messerangriff zu der Demonstration in Dortmund aufgerufen. Nach Angaben der Polizei nahmen rund 700 Menschen teil, „Blockado“ geht von etwa 800 Teilnehmer_innen aus. Demo-Anmelderin Iris Bernert-Leushacke von der Dortmunder Linkspartei sagte der taz: „Wir sind sehr glücklich, dass es uns innerhalb von wenigen Tagen gelungen ist, Hunderte Antifaschisten zu einer kraftvollen Demo zu mobilisieren.“

Vor Beginn der Demonstration hatten etwa 50 Rechtsextreme Platzverweise bekommen, sechs wurden im Laufe des Tages von der Polizei in Gewahrsam genommen. Trotzdem gelang es einigen Neonazis, die Demonstrant_innen im Stadtteil Dorstfeld anzugreifen. Mehrfach warfen sie Farbbeutel in Richtung der Nazigegner_innen, zwei Menschen wurden bei Böllerwürfen durch Neonazis verletzt.  Während der Abschlusskundgebung hielten vermummte Personen eine Reichsfahne und Transparente aus einem Fenster. Auf einem Transparent stand „HTLR“, eine Abkürzung für Hitler.

Rechte Gewalt werde von Teilen der Gesellschaft unterschätzt, erklärte Anwalt Jasper Prigge vor einigen Tagen in einem Interview mit der Jungen Welt. Er vertritt das Opfer des Messerangriffs. „Ein generelles Problem ist, dass Neonaziübergriffe auf Linke schnell als Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen bagatellisiert werden. Auch bei Polizei und Justiz muss ankommen, dass die zunehmende rechte Gewalt ein großes Problem ist, dem begegnet werden muss“, sagte er.

Im Laufe dieser Woche sollen die nächsten Schritte der Kampagne gegen rechte Gewalt besprochen werden. Eine Großdemonstration ist für den 24. September geplant.

 

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Auch zwei Jahre nach dem Verbot der neonazistischen Gruppierung „Widerstand Südbrandenburg“, auch „Spreelichter“ genannt, kommt es in Spremberg regelmäßig zu Gewalttaten von Neonazis, vor allem gegen alternative Jugendliche. In ihrem Überlegenheitsgefühl wird die örtliche rechte Szene durch das Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Gerichten bestärkt: Oft dauert es Jahre, bis es zu Gerichtsverhandlungen gegen neonazistische Intensivtäter kommt. Für die Betroffenen rechter Gewalt ein untragbarer Zustand.

Von der Redaktion

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