In Leipzig wird derzeit darum gestritten, ob man mit rechten Maler*innen ausstellen soll und die Debatte wird geführt, als gehe es um die Frage der Kunstfreiheit.
Die Debatte entbrannte an der Person Axel Krause, Maler und Mitglied der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Nachdem bekannt wurde, dass er für die diesjährigen Leipziger Jahresausstellung zusammen mit 36 weiteren Künstler*innen nominiert worden war, gab es Proteste. Künstler*innen weigerten sich, ihre Werke mit ihm gemeinsam auszustellen. Krause wurde daraufhin vom Veranstalter, dem Verein Leipziger Jahresausstellung, kurz vor der Eröffnung wieder ausgeladen. Seine öffentlichen Äußerungen widersprächen den ethischen Grundsätzen des Vereins. „Wir können an dieser Stelle nicht mehr die Kunst vom Künstler trennen. Die Ereignisse der letzten Tage haben uns die politischen Dimensionen der Auswahl der Bilder Axel Krauses vor Augen geführt,“ heißt es in einer Pressemitteilung. Die Ausstellung wurde ganz abgesagt und der Vorstand des Vereins trat zurück. Die Schau fand letztendlich aber doch statt – allerdings ohne Krause.
Der Verein stand offenbar unter massivem Druck. Dabei hätte er eigentlich wissen können, wen er sich da in die Ausstellung einlädt. Bereits im Jahr zuvor, 2018, war die politische Person Krause im Zentrum einer Diskussion. Damals führte Krauses politische Meinung, die er stets auf Facebook in die Welt trägt, nach 14 Jahren zum Bruch mit seiner Galerie.
Krause ist Teil einer Rechtsaußen-Kulturbewegung
Krause gehört er zu den Erstunterzeichnern der „Charta 2017“, einer Erklärung, die von der Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen als Online-Petition veröffentlicht worden war und die sich gegen die Ausgrenzung neurechter und rechtsextremer Verlage auf Messen ausgesprochen hatte. Er gibt Interviews in einem Kulturmagazin der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, postet zahlreiche rassistische und diskriminierende Beiträge auf Facebook und schwafelt davon, dass Deutsche in Deutschland bald zu einer Minderheit gehören würden, was stark nach der rechtsextremen Ideologie um den „großen Austausch“ klingt. Krause ist etablierter Teil der rechten Kulturlandschaft, ein „alternativer Maler“.
Krause ist damit Teil einer rechten Kulturbewegung. Als Galerie und als Aussteller von Krauses Werken muss man sich also bewusst machen, dass man diese politische Positionierung mit verbreitet, mutmaßlich auch rechtes Publikum anzieht. „Man wird dann Teil dessen. Man wird okkupiert“, so Britt Schlehahn, Kulturredakteurin des Stadtmagazins „kreuzer“ am Dienstag auf einer Podiumsveranstaltung im Leipziger Museum für bildende Künste (MdbK) zu diesem Thema.
Axel Krause, der „alternative Maler“
Seitdem Krause nun vor wenigen Wochen von der Jahresausstellung ausgeladen wurde, reagiert er so, wie wir es von Rechtsaußen-Akteuren kennen: er sieht sich als Opfer „linker Meinungsdiktatur“ und wird in dieser Erzählung von anderen Prominenten Rechtsaußen-Agitator*innen wie Erika Steinbach unterstützt; alles schon zigmal miterlebt. Recht neu ist an diesem Fall allerdings, dass er die Kunstszene betrifft und scheinbar Fragen nach der Kunstfreiheit aufwirft.
Auf der Auftaktveranstaltung zu diesem Themenkomplex am Dienstag, merkte Fabian Bechtle vom Mitveranstalter “Forum für demokratische Kultur und zeitgenössische Kunst” an, dass es in der derzeitigen Auseinandersetzung eigentlich nie um Freiheit, Kunst oder Gesellschaft ging. „Die Debatte um Kunstfreiheit, die nun geführt wird ist ein Ablenkungsmanöver. Es ging hier doch gar nicht um Kunstfreiheit.“ Es geht vielmehr um eine Haltung und Entscheidung, ob andere einen sich rechtspopulistisch positionieren Maler ausstellen oder ob sie mit ihm ausstellen wollen. Krause hat genug Unterstützer*innen, um an anderer Stelle seine Werke zu präsentieren. Trotzdem versucht er, Freiheitsrechte für die Verbreitung demokratiefeindliche Einstellungen in Anspruch zu nehmen – ein klassischer Topos in rechtspopulistischen Debatten.
Und es funktioniert: Ein rassistischer Künstler, der Teile der deutschen Gesellschaft verunglimpft und entmenschlicht, mahnt an, dass sein Ausschluss die Kunstfreiheit bedroht. Dann wird von vielen Medien diskutiert, dass auch rechte Kunst einen Platz braucht, weil sie offenbar auch Teil der Gesellschaft ist. In seiner Argumentation greift Krause dabei oft auf die eingeschränkte Kunstfreiheit in der DDR zurück. Er und seine Fürsprecher*innen aus der AfD fordern hier Freiheit der Kunst ein, während besonders die sächsische Kulturlandschaft zunehmender Repressionen durch die AfD ausgesetzt ist. „Es werden doppelte Standards behauptet, um doppelte Standards durchzusetzen“, so der Historiker Patrice Poutrus.
Krause gibt sich als Opfer ist aber der Gewinner
Obwohl Krause nach der Ausladung ziemlich laut jammert, lohnt sich die Auseinandersetzung für ihn aktuell. Sein Name ist derzeit in aller Munde. An Galerien, die seine Werke ausstellen, mangelt es ihm nicht. Es ist derselbe Effekt wie bei der AfD, die zwar stets jammert, ihr würde zu wenig Sendezeit in Funk und Fernsehen eingeräumt, ergo gäbe es keine Redefreiheit mehr – und dann sitzen AfD-Vertreter*innen beinahe in jeder Talkshow. In rechten Kreisen und Kunstmedien wird Krause wird nun als „junger alternativer Künstler“ gefeiert.
Aber wie steht es nun um die Kunstfreiheit?
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass sich auch die Kunstszene auf die Rassist*inen und Rechtspopulist*innen der AfD einstellen muss. Im Umgang damit hat jede*r das Recht, sich frei zu entscheiden. Niemand hindert Krause daran, seine Bilder zu malen, niemand belegt ihn mit Arbeitsverbot und niemand hängt seine Bilder ab, wie es in autoritären Staaten üblich ist. Es gibt Galerien, die ihn ausstellen, genauso wie es Galerien gibt, die ihn nicht ausstellen. Zur Kunstfreiheit gehört auch, dass Künstler*innen selber entscheiden, wo und in welchem Format sie ihre Werke ausstellen wollen. Wenn sie sie nicht gemeinsam mit einem Maler ausstellen wollen, der sich offen rassistisch und muslimfeindlich äußert, ist das ihr gutes Recht und auch Teil der Kunstfreiheit. Wer Krause und anderen rechtspopulistisch positionieren Künstler*innen kein Podium bieten möchte, um die Normalisierung ihrer politischen Ansichten nicht zu unterstützen, kann dies genauso als Teil der Meinungsfreiheit tun, wie anderen ihn einladen und ausstellen können. Es ist eine Frage der Abwägung, bei der aber auch immer der Schutz derjenigen bedacht werden sollte, die von den stetigen Angriffen durch die AfD, ihrer Netzwerke und Freunde am stärksten betroffen sind.
„Es gibt kein unpolitisches Ausstellen, jede Auswahl bedeutet eine Setzung sowohl formal als auch inhaltlich.“ Britt Schlehahn