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Monatsüberblick Januar 2016 Rassismus und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge

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Aufkleber in Köln, die gegen eine rassistische Vereinnahmung der Ereignisse der Silvesternacht in Köln protestieren. (Quelle: ngn / SR)

 

#KölnHbf und die Folgen

Wie bereits im Monatsüberblick Islamfeindlichkeit beschrieben, kam es in der Silvesternacht 2015/2016 kam es am Kölner Hauptbahnhof zu verschiedenen Formen von Kriminalität, zu Diebstählen und verschiedenen Formen von sexualisierter Gewalt gegen Frauen, die sich in der Menschenmenge rund um den Hauptbahnof befanden. Bis heute ist unklar, was dort genau passiert ist und aus welchen Intentionen (Diebstahl, Erniedrigung von Frauen, mit oder ohne Vorsatz, organisiert oder spontan), die polizeilichen Ermittlungen laufen, haben aber nicht viel Aussicht auf Erfolg. Allerdings gab es sofort eine Täterbeschreibung: Es seien „nordafrikanische“ und „arabische“ Täter gewesen, und zwar sehr viele. In Anschluss nutzten viele diese Angabe entsprechend ihrem eigenen Weltbild, um gegen Flüchtlinge zu hetzen oder um gegen Muslime zu hetzen (oder beides zugleich). Weitere Betrachungen zu #KölnHbf finden Sie entsprechend mit Monatsüberblick „Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit“ und unter „Islamfeindlichkeit“ sowie in unserem Januar-Schwerpunkt „Die Debatte um Sexismus und Rassismus„.

Kurzzusammenfassung: Was war rassistisch an der Debatte um die Ereignisse der Silvesternacht in Köln?

Statt über die sexualisierte Gewalt zu diskutieren, die die Frauen erleiden mussten, und über Konzepte zu sprechen, wie sich Frauen vor solchen Taten besser schützen können und wie die Zivilgesellschaft in Passantenform dabei helfen kann, wurde über die mutmaßliche Herkunft der Täter gesprochen und darüber spekuliert, ob und wie diese zur Tat beigetragen haben könne.Dabei ist bis heute keine Herkunft der Täter geklärt, weil keine Täter gefasst; die Diskussion fusst auf der Beschreibung „nordafrikanisch“ und „arabisch“, die nach reinem Augenschein allerdings auf viele Menschen mit nicht-weißer Haut und nicht-blonden Haaren angewandt werden kann, ohne etwas über das Herkunftsland, die Religion, die Bildung oder die Sozialisation des so Beschriebenen zu sagen. So wird ein Generalverdacht auf alle Männer gelegt, auf die diese Beschreibung zutrifft.Statt zu überlegen, wie der vorhandene Sexismus und Gewalt gegen Frauen gesamtgesellschaftlich und auch unter Geflüchteten bearbeitet werden kann, wurde anlässlich der angezeigten Übergriffe von Köln so argumentiert, als ob sexualisierte Gewalt eben nur von Männern mit Migrations- oder muslimischem Religionshintergrund ausgeübt werde. Jede Statistik zu Tätern und Opfern spricht dem entgegen. Es ist eine rassistische Zuschreibung, die auf einem jahrundertealten Stereotyp fusst (siehe Handreichung „“)Rechtsextreme nutzten die Straftaten der Silvesternacht, um speziell auch gegen Geflüchtete Stimmung zu machen.Darf man denn nicht überlegen, ob patriarchale Strukturen in Herkunftsländern oder religiöse oder kulturelle abwertende Frauenbilder oder Bildungsdefizite solche Gewalt begünstigen? Doch, natürlich – und es ist wichtig, diese Abwertungen, wo sie vorhanden sind, auch zu bearbeiten. Aber: Keine Länder, Religionen, Kulturen unter Generalverdacht stellen. Das ist schlicht rassistisch.

Weil es wenige Fakten zum Thema gibt, gab es umso mehr Kommentare, darunter auch gute. Lesenswert etwa Sonja Mikisch zu Verhaltenstipps für Frauen (tagesschau.de), Anja Reschke plädiert für Aufklärung und Fakten (NDR), Tagesspiegel („Der Gau, auf den die Rechte gewartet hat“), Streiten, nicht spalten (Olaf Sundermeyer, Deutschlandradiokultur), „Die Erfindung des Nordafrikaners“ (Lalon Sander, taz), „Die Aufregung über Köln ist mit Rassismus unterlegt“ (Anetta Kahane, Berliner Zeitung).

Lesenswert auch: 

Sind wir über Nacht zu einer feministischen Nation geworden? Ein Gespräch über ungenügendes Sexualstrafrecht und die fatale Verquickung von Sexismus und Rassismus von Christina Clemm und Sabine Hark (Die ZEIT).Interview mit Anne Wizorek zu den Übergriffen in Köln: „Rassistische Standpunkte überwiegen in der jetzigen Debatte“ (Berliner Zeitung)Debatte um Übergriffe in Köln zeigt den Rassismus und nicht die Sorge um Frauen – Im Gespräch mit Antje Schrupp (Freiheitliebe.de)Verlogener Aufschrei – Wenn Rechte den Feminismus entdecken (Freiheitsliebe.de)Warum wir uns Feminismus nicht von Rassisten wegnehmen lassen dürfen (Maria Hofer, Vice)und unser Schwerpunkt zum Thema auf Belltower.news und unsere Handreichung „„Das Bild des übergriffigen Fremden – wenn mit Lügen über sexualisierte Gewalt Hass geschürt wird

Weit weniger Resonanz als die rassistsch aufgeladenen Täter- und Tat-Beschreibungen erhielten sachliche Augenzeuginnenberichte, die die Silvesternacht in Köln anders erlebt hatten: So etwa der Bericht einer in Tübingen studierenden Amerikanerin, die der New York Times schilderte, wie eine Gruppe syrischer Männer sie im Gedränge der Nacht zu schützen versuchte (SZ). Eine Leverkusnerin, die die Athmosphäre in Köln weniger aufgeladen und aggressiv erlebte als viele andere es berichteten, erntete dafür auf Facebook einen riesigen Shitstorm (WDR).

 

Danach: Gewalt gegen Migranten und Geflüchtete

Die rechte Hetze vom „Fremden“, der die „weißen Frauen“ angreift, wirkt. Noch mehr als zuvor werden Menschen angegriffen, weil ihnen rassistische Klischees zugeschrieben werden.

In Köln kommt es in der Nacht zum Sonntag zu Angriffen auf Migranten, zu denen sich laut Kölner Polizei die Täter aus der rechstextremen, Hooligan-, rocker- und Türsteher-Szene über soziale Netzwerke gezielt verabredet haben. Die Polizei überprüfte 153 Personen und sprach 199 Platzverweise aus, trotzdem kam es zu Übergriffen. Zwei Pakistaner mussten im Krankenhaus behandelt werden, ein Syrer wurde leicht verletzt. Ein 19-Jähriger aus Guinea wurde mit einer Flasche geschlagen. Ein anderer Afrikaner wurde von etwa 25 Angreifern verfolgt. „Das sind Taten von Menschen, die meinen, sie müssten das Recht in die eigene Hand nehmen“, sagte Michael Temme, bei der Kölner Polizei für die Gefahrenabwehr zuständig. „Wir dürfen radikalen Brandstiftern nicht das Feld überlassen“, warnte auch Bundesjustizminister Heiko Maas. Er habe den Eindruck, dass diejenigen, die jetzt im Internet oder auf der Straße Hetzjagden auf Flüchtlinge veranstalteten, auf die Taten von Köln nur gewartet hätten. „Anders lässt sich nicht erklären, wie schamlos das einige Gruppen nun instrumentalisieren“, sagte der SPD-Politiker 

Die Selbstjustiz gefällt vielen, die Angriffe auf Migranten in Köln werden auf Facebook gefeiert: „Geil, der Widerstand läuft an“, schreibt ein Udo W. „Jetzt geht es los“, jubelt ein anderer Nutzer über die Angriffe mit mehreren Verletzten. Auf Hunderten rassistischen Facebook-Seiten und in entsprechenden Gruppen werden zudem rund um die Uhr Artikel über Kritik am Kölner Polizeieinsatz sowie über mutmaßliche Straftaten von Flüchtlingen geteilt und kommentiert. Daraus wird der pauschale Schluss gezogen, der Staat wolle und könne die Menschen nicht vor den angeblich durchweg kriminellen Flüchtlingen schützen. Daher müsse dieser Schutz endlich selbst organisiert werden (tagesschauDerWesten).

In Dresden werden am Montag danach zwei israelische Studenten angegriffen und verletzt – weil sie als vorgebliche „arabische“ Männer identifiziert und entsprechend beschimpft wurden. Sechs schwarz gekleidete Männer beschimpften die 25- und 26-Jährigen, der ältere der beiden wurde zudem geschlagen. Als die Israelis flüchteten, schlug einer aus der Gruppe eine Scheibe des Ladens ein. Auf der Facebook-Seite des „Bündnisses für ein offenes Dresden“ berichtet einer der beiden Studenten davon, dass er mit anti-arabischen Parolen beschimpft worden sei. Zudem habe er mehrfach bei der Polizei anrufen müssen, bevor ihm und seinem Begleiter geholfen worden sei. Auch Syrer seien angegriffen worden, hieß es weiter (mdrBILD)

Weitere Gewalt gegen Flüchtlinge:

In Wismar greifen 30 vermummte Schläger zwei syrische Flüchtlinge mit Baseballschlägern und anderen Waffen vor einer Flüchtlingsunterkunft an und schlugen sie krankenhausreif (Focus)Zwei Männer werfen Bengalos gegen die Fenster einer Flüchtlingsunterkunft in Mülheim. Nach ihrer Verhaftung zeigen sie offen ihre Sympathie für die „Pegida“-Bewegung in NRW und für die Hooligan-Szene, als deren Teil sie an der zweiten „HoGeSa“-Demonstration in Köln teilgenommen hatten (ksta)Alle Gewalt- und Bedrohungsvorfälle gegen Flüchtlinge unter www.mut-gegen-rechte-gewalt.de 

Danach: Rassistische und sexistische Cover: Süddeutsche entschuldigt sich, Focus nicht

Am Wochenende war auf der Titelseite der SZ eine kleine Schwarz-Weiß-Illustration abgedruckt, die zeigt, wie eine schwarze Männerhand einer weißen Frau zwischen die Beine greift. Die Grafik bezog sich auf die sexuellen Übergriffe in Köln. Bei Facebook wurde das Bild heftig kritisiert und als rassistisch betitelt. SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach entschuldigte sich daraufhin (meediaSpiegel online). 

Danach: Neue Hashtag-Initiative #ausnahmslos

Als Reaktion auf die Ereignisse in Köln entsteht die neue femistische Hashtag-Aktion: #ausnahmslos wendet sich gegen sexualisierte Gewalt und gegen Rassismus. Sie fordern Hilfe und Unterstützung für alle Betroffenen und „solidarisch mit all denjenigen, die sexualisierte Gewalt und Belästigung erfahren und erfahren haben“. Wichtig sei der „konsequente Einsatz“, so die Frauen. Sexualisierte Gewalt dürfe nicht nur dann thematisiert werden, „wenn die Täter die vermeintlich ‚Anderen‘ sind: die muslimischen, arabischen, Schwarzen oder nordafrikanischen Männer – kurzum, all jene, die rechte Populist_innen als ’nicht deutsch‘ verstehen“. Es sei für alle schädlich, wenn feministische Anliegen von instrumentalisiert würden, um gegen einzelne Bevölkerungsgruppen zu hetzen (meediaWebsite der Ini).

Positionen und Interviews zu Kampagne mit Kübra  Gümü?ay (BR & BRII), Stefanie Lohaus (Süddeutsche Zeitung)

In Köln demonstrieren 1.000 Menschen gegen Sexismus und Rassismus und gegen Pegida (GAB). 

Der Fall Elena/Lisa: Der angebliche sexuelle Übergriff durch Geflüchtete auf eine 13-Jährige in Berlin

Kaum gab es eine latente emotionale gesellschaftliche Beruhigung nach den Diskussionen um die Silvesternacht in Köln, gab es schon den nächsten spektakulären Fall angeblicher sexualisierter Gewalt durch angebliche „Südländer“, diesmal in Berlin-Marzahn.

Ein 13-jähriges Mädchen (je nach Quelle „Elena“ oder „Lisa“ genannt) kam in der Nacht des 11. Januar 2016 nicht in ihre Elternhaus zurück und erzählte ihren Eltern hinterher, sie sei von Flüchtlingen verschleppt und sexuell missbraucht worden.Diese behielten die Information nicht für sich und überließen die Ermittlungen zum Fall nicht der Berliner Polizei. Stattdessen berichtete eine angebliche Cousine des Mädchens auf einer flüchtlingsfeindlichen NPD-Demonstration über die angebliche Tat und die angeblich untätige Polizei (wovon es ein Video gibt, vgl. BZTagesspiegelBerliner KurierND), während weitere Menschen aus dem vorgeblichen Familien-Umkreis des Mädchens diese Version im Interview dem russischen Staatsfernsehem bestätigten.250 Menschen protestierten aggressiv vor der Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marzahn, in der sie die „Täter“ wähnten.Währenddessen sagte die Polizei bereits klar: Es gab keine Entführung, es gab keine Vergewaltigung.Allerdings glaubte gerade die russlanddeutsche Community in Deutschland nicht der Polizei, sondern Verschwörungsideologien von der „Zersetzung“ der „deutschen Kultur“ durch Flüchtlinge und die „Unfähigkeit“ des deutschen Staates, seine Bürger_innen zu schützen. Im Internet kursieren Aufrufe, es stünde ein „Krieg“ bevor, es gelte „Schweigekartelle“ zu durchbrechen (vgl. Die ZEIT, Watson). Befeuert wurden solche Ideen von Neonazis wie auch von russischen Medien, die den Fall nutzten, um gegen die Flüchtlingspolitik Deutschlands und Europas zu hetzen und anti-europäische Ressentiments zu schüren (vgl. WatsonBerliner Morgenpost). Ein russischer Reporter wird später wegen Volksverhetzung angezeigt, vgl. rbb.Die Familie selbst befeuerte diese durch Erzählungen, das Mädchen habe nur solche Aussagen gemacht, weil die Polizei sie unter Druck gesetzt habe. Selbst der russische Außenminister Sergej Lawrow schaltete sich in den Fall ein und warf den deutschen Behördern vor, den Fall „aus politischer Korrektheit“ verheimlicht zu haben, und versprach dem Mädchen, welches er „unsere Lisa“ nannte, konsularische und sonstige Unterstützung.  (vgl. WeltFAZ).In der Folge kam es zu zahlreichen flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen im ganzen Bundesgebiet aus der russlanddeutschen Community, auch in Kooperation mit Neonazis und auch vor Flüchtlingsheimen (z.B. 700 in Berlin vor dem Kanzleramt, 200 in Augsburg, 500 in Ellwangen, 200 in Köln, 400 in Regensburg, weitere Demos mit fast 3.000 Teilnehmer_innen in Nürnberg, Erlangen, Ansbach, Neustand an der Aisch, Schwäbisch Gmünd, Lahr, Rastatt und Villingen-Schwenningen (Welt). Die Polizei sah sich also gezwungen, mit Einzelheiten an die Öffentlichkeit zu gehen, die normalerweise bei einer Minderjährigen nicht so ausgebreitet würden: Tatsächlich gab es in der Nacht ihres Verschwindens keinen sexuellen Übergriff und keine Entführung, weder durch Geflüchtete noch durch andere Männer. Das 13-jährige Mädchen hatte nach Polizeiangaben Angst vor einem Gespräch mit ihren Eltern, weil sie Ärger in der Schule hatte, und blieb die Nacht bei einem deutschen Freund und seiner Mutter. Um ihr Verschwinden zu erklären, erfand sie die Lüge über den sexuellen Übergriff durch Geflüchtete, weil sie wusste, dass die rassisisch konotierte Ängste ihres Umfeldes bediente und geglaubt werden würde (vgl. Spiegel Online, zu Lügen über angebliche sexualisierte Gewalt über Geflüchtete ZDF und unsere Handreichung zum Thema).Demonstrationen gingen trotzdem weiter, z.B. in 500 in Nürnberg 

Weitere Gewalttaten gegen Flüchtlinge

Angriff auf Flüchtlingsunterkunft: Die Schüsse von Dreieich: Ein Unbekannter hat in der Nacht zum Montag gegen 2.30 Uhr Schüsse auf eine Flüchtlingsunterkunft im hessischen Dreieich-Dreieichenhain im Kreis Offenbach abgegeben. Der Täter feuerte laut Polizei mehrfach auf eine Fensterfront der Einrichtung, mehrere Scheiben wurden dabei zerstört. Im Inneren des Gebäudes wurde ein 23-jähriger Asylbewerber im Schlaf von einem Projektil getroffen. Das Opfer, ein Syrer, erlitt nach Informationen von SPIEGEL ONLINE einen Streifschuss am Bein. Er wurde im Krankenhaus behandelt, konnte die Klinik aber nach kurzer Zeit wieder verlassen. Ein Syrer, der ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft wohnt und in einem Nachbarraum des Opfers untergebracht ist, beschrieb der Polizei einen einzelnen Angreifer, der mehrfach gefeuert habe. Die „Hessenschau“, ein Regionalmagazin des Hessischen Rundfunks, und die Deutsche Presse-Agentur berichten unter Berufung auf den Zeugen, der Täter sei vermummt gewesen und habe gezielt sechs- bis siebenmal mit einer Handfeuerwaffe geschossen (vgl. taz).

Handgranate auf Flüchtlingsheim in Villingen-Schwenningen: In der Nacht auf den 29.01.2016 wirft jemand eine Handgranate über den Zaun einer Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen. Die Handgranate enthielt Sprengstoff, der Sicherheitssplint war gezogen, doch der Sprengkörper explodierte nicht. Möglicherweise war kein Zünder verbaut. Ein Wachmann bemerkte die Granate gegen 1.15 Uhr. Die Granate fliegt in Richtung eines Containers, in dem sich drei Wachleute eines privaten Sicherheitsdienstes aufhalten. Eine Handgranate als Waffe – das wird deutschlandweit als neue Dimension der Gewalt gegen Flüchtlingsheime in Deutschland. Erstmals wurde Sprengstoff verwendet (SZ). Doch diesmal bewahrheitet sich das polizeiliche Ermitteln „in alle Richtungen“: Der Anschlag galt nach aktuellem Ermittlungsstand den Wachleuten, nicht den Geflüchteten. Es gehe um einen Streit zwischen Sicherheitsfirment mit Beteiligten aus dem Rocker-Milieu (Spiegel OnlineSWR).

Eine Übersicht über alle bekannten flüchtlingsfeindliche Bedrohungen und Gewalt im Januar wie immer als Chronik der „Aktion Schutzschild“ auf www.mut-gegen-rechte-gewalt.de

 

Flüchtlingsfeindlichkeit aus der „Mitte“ 

Essener SPD will gegen die Unterbringung von Flüchtlingen demonstrieren

Demonstrationen gegen die Unterbringung von Geflüchteten kommen eigentlich politisch meist aus einer anderen Ecke als aus der SPD – deshalb sorgte ein Demo-Aufruf von SPD-Ortsvereinen im Essener Norden gegen die Flüchtlingsverteilung bundesweit für Aufmerksamkeit. Motto der Demo sollte sein: „Der Norden ist voll“. Rechtsextreme, AfD und NPD applaudierten. Abgesagt wurde die Demo, um den Rechten „keine Plattform“ zu geben – und die SPD-Ortsvereine fühlten sich missverstanden (DerWestenSpiegel OnlineN24). 

Freiburger Clubs sperren pauschal Asylbewerber aus

In Freiburg recherchiert die Badische Zeitung, dass in vielen Clubs und Diskotheken nach Klagen über sexuelle Belästigung, Gewalt und Diebstahl pauschal Flüchtlinge keinen Zutritt mehr haben. Zwar gibt es keine Anzeigen bei der Polizei, keine Nachweise darüber, dass Täter Geflüchtete waren, doch mindestens sechs Gastrobetriebe änderten ihre Einlasspolitik pauschal diskriminierend. Andere Gastronomen gewähren nur noch begrenzten Zutritt, differenzieren nach Art der Veranstaltung oder geben spezielle Einlasskarten aus, die nur derjenige erhalte, der Gewalt, Sexismus und Diskriminierung ablehne. Behördenr kritisieren die pauschale Diskriminierung (Die ZEIT).

Badeverbot für geflüchtete Männer in Bornheim

Gegen einen Flüchtling einer Bornheimer Unterkunft wird wegen sexueller Belästigung ermittelt. Außerdem soll es verbale Übergriffe gegen Frauen im städtischen Hallenbad gegeben haben. Dies nahm der Erste Beigeordnete der Stadt Bornheim zum Anlass, ein Zutrittsverbot für alle erwachsenen männlichen Flüchtlinge zum städtischen Hallenbad durch die Stadt Bornheim aussprechen zu lassen. Dies berichtete der WDR. Die Folge für diese rassistische Praxis, nicht die Täter zu bestrafen oder mit Hausverbot zu belegen, sondern eine ganze Bevölkerungsgruppe pauschal zu diskriminieren, war bundesweite Empörung (ksta.de). Wenige Tage später wird das Schwimmbadverbot wieder aufgehoben (DWRP-Online). 

Flüchtlingsbus vors Kanzleramt

Und dann war da noch der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler), der in seiner Kommune eine Belastungsgrenze durch die Unterbringung von Geflüchteten erreicht sah und deshalb damit drohte, er werde die Flüchtlinge in einen Bus setzen und sie zum Kanzleramt nach Berlin karren lassen. Und so kam es dann auch am 15. Januar 2016 in einer PR-Aktion zum Fremdschämen in jeglicher Hinsicht. Einer Gruppe Syrer wurde die (utopisch) Unterbringung in Berlin statt in Landshut versprochen, damit sie „freiwillig“ in den Bus stiegen, der sie vor das Kanzleramt fuhr. Von dem eigentlichen Ziel Dreiers, sich auf ihre Kosten zu profilieren und gegen die Aufnahme von Geflüchteten zu wettern, wussten sie nichts. Landrat Dreier fuhr nicht einmal mit im Bus, sondern im Auto hinterher. Die Syrer fuhren am nächsten Tag im selben Bus zurück nach Landshut (zusammengefasst bei Vice

Flüchtlingsfeindlicher Tweet aus dem sächsischen Sozialministerium

Nicht sehr sozial oder auch nur menschlich-empathisch, sondern recht offen rassistisch zeigte sich ein_e Mitarbeiter_in des Sächsischen Sozialministeriums, als sie oder er im Namen des Ministeriums twitterte: „Wenn man Geld geschenkt bekommt und wissentlich in eine kälteres Land auswandert, muss man auch in der Kälte warten können“. Das Ministerium distanzierte sich von dem Tweet und löschte ihn, der Schaden war aber schon in der Welt (n-tv). 

Rassistische Tweets über Account des Frankfurter Museum „Explora“ 

Über das Twitter-Konto des Explora-Museums wurden rassistische Kommentare zu Flüchtlingen veröffentlicht. Der Leiter des Museums sieht sich zu Unrecht angegriffen – und versteht die Reaktionen nicht. „Zeigt denen doch erstmal, wie man richtig scheißt. Refugees out“, so hieß es am Samstag in einem Tweet des Explora-Museums als Reaktion auf einen Artikel im „Tagesspiegel“ zu Flüchtlingen. Ein Redakteur des Hessischen Rundfunks machte auf den Tweet aufmerksam und löste damit einen Shitstorm aus. Die Äußerung wurde zwischenzeitlich gelöscht, doch es ist längst nicht der einzige fremdenfeindliche Kommentar auf der Twitter-Seite des Museums (Screenshots im Text). Mutmaßlich steckt der Leiter und Gründer des Museums Gerhard Stief hinter den Tweets. Der ist jedoch, so heißt es, zurzeit verreist und möchte sich erst im Februar ausführlich zu den Hintergründen der Tweets äußern. Stattdessen schreibt er, ebenfalls bei Twitter: „Wo ist denn hier was Rassistisches?“ Das private geführte „Explora“-Haus richtet sich zum größten Teil an Kinder. Es setzt sich mit optischen Täuschungen auseinander und stellt hauptsächlich dreidimensionale Bilder und physikalische Experimente aus (Journal Frankfurt

Argumentatives Durchdrehen hilft der Demokratie nicht – nur den Populist_innen

Ausweisen ohne Urteil? 1.000 Menschen pro Tag abschieben? Unionspolitiker überbieten sich derzeit mit kruden Vorschlägen – und verstärken so, was sie bekämpfen wollen (Die ZEITBRSZ

Neuer flüchtlingsfeindlicher Trend: Bürgerwehren

Bürgerwehren in Ost und West: Wie Neonazis gegen Flüchtlinge hetzen: Landauf, landab gründen „besorgte Bürger“ sogenannte Bürgerwehren. Oft Hand in Hand mit Rechtsextremisten, machen sie Stimmung gegen Flüchtlinge  (Tagesspiegel).

Gegenstrategien

Zunahme rassistischer Straftaten: Maas lädt zum Gipfel gegen Rechts

Deutschland erlebt „eine Welle fremdenfeindlicher und rechtsradikaler Gewalt, die den inneren Frieden unserer Gesellschaft bedroht“, schreibt Bundesjustizminister Maas an seine Länderkollegen und lädt zum Treffen. Bundesjustizminister Heiko Maas hat seine Länder-Kollegen für den 10. März zu einem Gipfeltreffen nach Berlin eingeladen, um mit ihnen über Schritte zu einer wirksameren Strafverfolgung rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu beraten. Der Termin liegt drei Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Deutschland erlebe „eine Welle fremdenfeindlicher und rechtsradikaler Gewalt, die den inneren Frieden unserer Gesellschaft bedroht“, heißt es im Einladungsschreiben des SPD-Ministers. Deshalb wolle er darüber beraten, „wie wir fremdenfeindliche Straftaten besser verhindern, rascher aufklären und konsequenter ahnden können“ (tagesschau.de).

 

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