Zusammengestellt von Carina Schulz
Antisemitismus beim Al-Quds-Tag
Bereits im Vorfeld der Demonstration in Berlin zum Al-Quds-Tag gab es Bedenken. So bezeichnete beispielsweise der Präsident des Zentralrats der Juden die Demonstration als »Hass-Marsch« (ngn berichtete). Wie jedes Jahr wurde mit antisemitischen Vorfällen gerechnet. Einen Unterschied gab es aber: Transparente und Flaggen mit den Symbolen der Hisbollah waren in diesem Jahr nicht erlaubt. Nach Polizeiangaben nahmen 800 Personen an der anti-israelischen Al-Quds-Demo teil. Nur wenige Meter entfernt vom Startpunkt der Al-Quds-Demonstration hielt das Antifaschistische Berliner Bündnis eine Gegenkundgebung mit 300 Personen ab. Bei zwei pro-israelischen Veranstaltungen protestierten 600 Personen. Kurze Aufregung entstand, als einige Personen mit Fahnen der AfD dort auftauchten. Sie ließen sich aber schnell von den Demonstrant_innen wegschicken (taz). Anlässlich der Al-Quds-Demonstration schildert tagesspiegel-Autorin Büsra Delikaya in einem Gastkommentar ihre Eindrücke von muslimischem Antisemitismus.
AfD und Antisemitismus I: Streit um Holocaust-Verharmloser Wolfgang Gedeon
Wolfgang Gedeon hatte in seinem 2012 erschienene Buch, „Der grüne Kommunismus und die Diktatur der Minderheiten“, unter anderem die Schoa als »gewisse Schandtaten« bagatellisiert und Neonazis wie Horst Mahler, Ernst Zündel und David Irving als »Dissidenten« bezeichnet. Außerdem nennt er den Holocaust eine „Zivilreligion des Westens“ und lobt das antisemitische Pamphlet „Die Protokolle der Weisen von Zion“ – nicht ohne zu bezweifeln, dass es sich um eine Fälschung handelt. Der AfD-Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag und Bundesvorsitzende der Partei, Jörg Meuthen, sagte daraufhin, der Vorfall werde „sorgfältig geprüft“ (ngn berichtete).
Dann zeigte sich: Die AfD wollte offenbar, dass ein Holocaust-Leugner die Prüfung des Buches auf antisemitische Inhalte übernimmt. Die Partei wies den Vorwurf zurück (taz).
Der Antisemitismus-Streit gipfelte in der Spaltung der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag. Auf einen Ausschluss Gedeons konnte man sich nicht einigen, Fraktionschef Meuthen und zwölf weitere Abgeordnete verließen daraufhin die Fraktion – aus Protest gegen Wolfgang Gedeon. Dieser entschied sich dann am Abend, doch selbst die Fraktion zu verlassen (heute.de). Der AfD-Kreisverband Konstanz wählte Gedeon aus dem Kreisvorstand ab (SWR).
Die jüngsten verbalen Ausfälle prominenter Mitglieder haben die Zweifel an der Verfassungstreue der AfD verstärkt. Politiker_innen fordern die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, mehrere Landesämter prüfen bereits (Spiegel).
AfD und Antisemitismus II: Gottfried Klasen verlässt Kasseler Kreistag
Nach Jan-Ulrich Weiß und Wolfgang Gedeon (ngn berichtete) ist ein weiterer AfD-Politiker durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Nach seinen umstrittenen Aussagen auf Facebook hat Gottfried Klasen die Fraktion der Partei im Kasseler Kreistag verlassen. Drei Fraktionen hatten den Rücktritt gefordert (Hessenschau).
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin: 200 antisemitische Vorfälle
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) in Berlin hat im ersten Jahr ihres Bestehens nach eigenen Angaben rund 200 antisemitische Vorfälle registriert. Durch ihr Onlineportal seien zahlreiche Vorfälle sichtbar gemacht worden. Zudem habe die Berliner Polizei mehrere Dutzend antisemitische Straftaten nacherfassen können. Die durch die Stelle erfassten Zahlen lägen deutlich über denen der Polizeistatistik, teilten Betreiber des Meldesystems mit (RBB).
Gäste von Festival „Yiddish Summer“ in Weimar antisemitisch beleidigt
Das Musikfestival «Yiddish Summer» in Weimar gilt mit 100 Veranstaltungen und Konzerten als wichtiges Treffen von Künstler_innen und Dozent_innen aus aller Welt, die sich mit der jiddischen Kultur beschäftigen. Gestört wurde die Veranstaltung durch antisemitische Beleidigungen. Die Polizei teilte mit, dass ein Mann vor den Räumlichkeiten der Veranstalter aus einem vorbeifahrenden Auto antijüdische Parolen gegen die Gruppe gerufen habe (Welt).
Studie zu Antisemitismus unter Linksextremen
Laut einer Studie von Wissenschaftler_innen der Freien Universität Berlin ist Antisemitismus unter Linksextremen in Deutschland weit verbreitet. Von den zuvor als linksextrem eingestuften Personen, die befragt wurden, stimmten 34 Prozent der Behauptung „Juden haben in Deutschland zu viel Einfluss“ zu. Unter Personen, die als linksradikal eingestuft wurden, waren es noch 16 Prozent. Auch über alle politischen Einstellungen hinweg habe die Zustimmung zu diesem Statement mit 10 Prozent recht hoch gelegen (Freie Universität Berlin).
Vorwürfe gegen Palästina-Seminar an Hochschule in Hildesheim
Der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim (HAWK) wird vorgeworfen, in einem Palästina-Seminar antiisraelische und antisemitische Inhalte zu propagieren. Die als Lehrbeauftragte von der Hochschule angefragte Religionspädagogin Rebecca Seidler fand Kursmaterial vor, das «das Bild eines Völkermordes an den Palästinensern, einer ethnischen Säuberung sowie der völligen Entrechtung der Palästinenser durch Israel» vermittele, sagte Seidler (Welt).
Antisemitismus-Kritik an Tweet von Donald Trump
Wieder sorgte ein Tweet von Donald Trump für Aufregung. Es zeigte ein Bild von Hillary Clinton mit 100-Dollar-Scheinen und einem Stern, der einem Davidstern ähnelt, dazu der Spruch „Korrupteste Kandidatin aller Zeiten“. Kritiker_innen warfen Trump vor, er bediene mit dem Bild antijüdische Vorurteile. Der Tweet wurde gelöscht. In einer Wahlkampfrede verteidigte der voraussichtliche Kandidat der Republikaner seinen Tweet anschließend. Er bedauere es, dass sein Team den Tweet gelöscht habe, sagte er. Er selbst hätte anders entschieden, schließlich sei es „nur ein Stern“ (Focus).
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