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Monatsüberblick Juni 2016 Rassismus und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge

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Zum Jahrestag der Krawalle beim "Hotel Leonardo" ist Freital wieder in den Schlagzeilen - zur Demo allerdings kamen nun vor allem offene Rechtsaußen und Rechtsextreme. (Quelle: Flickr.com / Creative Commons / Caruso Pinguin / CC by-nc 4.0)

 

Feindlichkeit gegen Geflüchtete: Gewalt und Bedrohung +++ Sachsen +++ Urteile +++ 

Rassismus 

Feindlichkeit gegen Geflüchtete

 

Gewalt und Bedrohung 

Lingen (Niedersachsen): Mann schießt mit Luftgewehr auf Flüchtlinge

In Lingen (Niedersachsen) wurden ein Syrer und ein 5-jähriges Mädchen aus Mazedonien vor ihrem Flüchtlingsheim beschossen. Der Schütze, ein 21-jähriger Mann, benutzte ein Luftgewehr. Nach Polizeiangaben zielte er von seiner Wohnung aus auf das nahe gelegene Heim. Mädchen und der 18-jähriger Syrer wurden leicht am Bein verletzt. Sie mussten im Krankenhaus behandelt werden. Nach Zeugenaussagen über die Schüsse stürmte die Polizei stürmte die Wohnung des Schützen und beschlagnahmte ein Luftgewehr samt Munition. Sie sah jedoch keine Haftgründe vorliegen und beließ den Mann auf freiem Fuß, obwohl er wegen Körperverletzung und Nötigung polizeibekannt sei: Es sei keine Tötungsabsicht nachweisbar und es sei weder von einer Wiederholungsgefahr noch von einer Fluchtgefahr auszugehen (ZEIT). Nach Informationen der Neuen Osnabrücker Zeitung soll der Tatverdächtige Verbindungen zur rechten Szene haben, was der Sprecher der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Alexander Retemeyer, bestätigte. Die „Antifaschistische Aktion Lingen“ beschreibt ihn als NPD-Sympathisanten mit Waffen-Fetisch (taz). 

Rostock: Nazis hetzen gegen Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – mit Resonanz in der Bevölkerung

Eine Facebook-Gruppe „Infoflut Rostock“, gespickt mit unverhohlenen Links zur NPD, Identitärer Bewegung und anderen rechtsextremen Kreisen, versucht aus einer Betreuungs-Einrichtung für Jugendliche, die unter anderem auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut, ein zweites „Lichtenhagen“ zu machen, fürchtet auch die Polizei. Die Initiatoren stoßen auf Resonanz von Anwohnern. Etwa von Müttern, die sich um den unbehelligten Schulweg ihrer Kinder „sorgen“. Erst Anfang März wurde die zuvor leerstehende Einrichtung in Groß Klein bezogen. Die Militanz des inszenierten Protests kam für die Geschäftsführerin der Einrichtung unerwartet – vorsorglich seien Mitarbeiter mit den Jugendlichen weggefahren, als eine Demonstration angekündigt wurde (SVZ, Endstation rechts

Ausländerbehörde Bielefeld droht mit Schild: „Wer hier meckert, wird erschossen“

So fühlt man sich sicher nicht willkommen: Bei der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld (ZAB) wurden Asylsuchende kürzlich mit dem geschmacklosen Schild „Wer hier meckert wird erschossen!“ begrüßt. Die Behörde ist zuständig für die Erstaufnahme von Asylsuchenden und Aufenthaltsgenehmigungen und damit eine der ersten Anlaufstellen für asylsuchende Menschen in Bielefeld. Das Schild wurde inzwischen entfernt – ob der oder die Aufhängende auch entfernt wurde, ich nicht bekannt (Huffington Post). 

Umfrage unter Bürgermeistern: Eine Welle des Hasses gegen Kommunalpolitiker

Beleidigungen per E-Mail, tote Ratten vor der Haustür bis hin zu tätlichen Angriffen: Deutsche Kommunalpolitiker sind mit einer Welle des Hasses konfrontiert. Wie eine Umfrage ergab, werden die Volksvertreter vor allem wegen der Flüchtlingspolitik attackiert. In fast jeder zweiten deutschen Kommune (47 Prozent) wurden haupt- und ehrenamtliche Bürgermeister, Mitarbeiter oder Gemeinderäte im Zusammenhang mit ihrer Flüchtlingspolitik bereits beschimpft oder beleidigt, wie aus einer Umfrage für das Monatsmagazin „Kommunal“ hervorgeht. Das Spektrum reiche von Verunglimpfungen und beleidigenden Mails über Schmierereien an Hauswänden bis hin zu toten Ratten vor der Haustür. Körperliche Angriffe seien dabei bisher die Ausnahme: Sechs Prozent der befragten Bürgermeister hätten angegeben, körperlich attackiert worden zu sein, davon die Hälfte im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik. Eine gesetzliche Verschärfung gegen Hassmails und „Politiker-Stalking“ halten laut der Umfrage 52 Prozent der Befragten nicht für sinnvoll. Gleichzeitig sind die Bürgermeister in der Flüchtlingspolitik optimistisch, wie die Untersuchung ergab. Lediglich 14 Prozent der Kommunen fühlten sich derzeit überfordert, hieß es (tagesschau.de).

 

Junge Abgeordnete über Drohungen und Hetze: „Ich mache mir Sorgen“

Politiker werden beschimpft, sie erhalten Morddrohungen – ein herausgepöbeltes „Ich knall‘ dich ab“ via Facebook oder auch ein Galgenfoto per Mail. Jetzt wurde in Großbritannien die Labour-Abgeordnete Jo Cox, 41, von einem Mann erschossen. Cox engagierte sich für Flüchtlinge und war gegen den Brexit, den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. Dafür wurde sie angefeindet. In der Vergangenheit war Cox bereits einmal zur Polizei gegangen, um „bösartige Mitteilungen“ zu melden. Der Fall hat Parallelen zum Angriff auf die jetzige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Ein Täter war in aller Öffentlichkeit mit einem Messer auf sie losgegangen. Was macht das mit unseren Abgeordneten? Wie erleben sie Hass im Netz? Und haben sie Angst davor, dass sie ihm auf der Straße begegnen? Tenor: Ja, aber wir lassen uns nicht einschüchtern (Bento).

Ein hessischer SPD-Landrat im Main-Kinzig-Kreis, Erich Pipa, kündigt währenddessen an, nicht mehr zu kandidieren, weil seine Familie Morddrohungen erhält wegen seines Engagments für Geflüchtete (ND).

 

Sachsen

Übergriff in Sachsen: Die Bürgerwehr-Show von Arnsdorf

Ein Internetvideo aus dem Netto-Supermarkt von Arnsdorf hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Es ist knapp zwei Minuten lang und zeigt, wie kräftige Männer einen zuvor mit Flaschen drohenden Asylbewerber aus dem Supermarkt zerren und verprügeln. Am Ende des Videos kommentiert die Filmerin: „Es ist schon schade, dass man ne Bürgerwehr braucht, oder?“ In dem Ort rumort es schon länger, niemand sieht in dem Vorfall ein Problem. Die Polizei hält das Vorgehen der Männer für richtig. Einer der vier Männer, die den irakischen Asylbewerber, der in Arnsdorf in der psychiatrischen Klinik behandelt wurde, aus dem Netto-Supermarkt zerrten, geschlagen haben sollen und dann mit Kabelbindern an einen Baum fesselten, ist CDU-Gemeinderat Detlef Oelsner, der vor einem Jahr bei der Bürgermeisterwahl knapp verlor. Zwei seiner Helfer sind der amtierenden Bürgermeisterin mehrfach bei Versammlungen zur geplanten Unterkunft aufgefallen. Das Video, das den Vorfall zeigt und erst in rechten Foren zirklierte, ist vom 21. Mai – wenige Stunden zuvor war auf der Facebookseite mit der Gründung einer Bürgerwehr gedroht worden, sollte das Flüchtlingsheim kommen (ZEITSpiegel OnlineSZHuffington Post

Außerdem:

Brandanschlag auf Sportverein SV Fortuna Leipzig, der Geflüchtete unterstützt – Sport- und Arbeitsgeräte für 25.000 Euro bei angekündigtem, rechtsextrem motivierten Brandanschlag zerstört (LVZ) Initiator der flüchtlingsfeindlichen Proteste in Lichtenau wegen Volksverhetzung verurteilt (3.600 Euro). Er sagte bei der Kundgebung der Vereinigung „Heimat und Tradition“ in Chemnitz, die Versammelten sollten „alle Freizeit, alle Kraft zu investieren, um diesen Dreck, der hier reinkommt, wieder raus zu prügeln“. Davon gibt es sogar ein Video. In Berufung geht er trotzdem – das sei doch „Meinungsfreiheit“ (Freie Presse)

Clausnitz: Verfahren gegen zwei Polizisten zum umstrittenen Polizeieinsatz (u.a. Kind mit Gewalt in Unterkunft durch den tobenden flüchtlingsfeindlichem Mob gezerrt) eingestellt; dafür Strafbefehl für vier Demonstranten aus dem Mob wegen Nötigung (Tagesspiegel)

Freital I: Täter, die das Auto des Linken-Stadtrats Michael Richter im Juli 2015 gesprengt hatten, hatten enge Kontakte zur unter Terrorismusverdacht stehenden „Gruppe Freital“ (SZ).

Riesas Oberbürgermeister Marco Müller unterschreibt den aktualisierten „Riesaer Appell gegen Rassismus“ nicht und verweigert den weiteren Unterzeichnern Räume im Rathaus, so dass auf einer Wiese davor unterschrieben werden musste (SZzum Text des Appells)

Sächsisches Netzwerk zur Flüchtlingsforschung und Forschung über Rechtspopulismus gegründet: An „Ilfris“ beteiligen sich die Unis in Dresden, Leipzig, Chemnitz und das Hannah-Arendt-Institunt für Totalitarismusforschung (Dresden) (SZ)

Kampf gegen rechte Gewalt in Sachsen: Ministerpräsident Stanislaw Tillich will Geschichtsunterricht in der 10. Klasse wieder zum Pflichtfach machen. Bisher können die Schüler Geschichte in der 10. Klasse abwählen (ZEITRP)

In Sachsen hat sich die rechte G?ewalt gegen Politiker in einem Jahr verelffacht: 2014 gab es 5 solche Straftaten in Sachsen, 2015 waren es 58. In Thüringen sieht es übrigens ähnlich aus: 2014 waren es 9 „Straftaten zum Nachteil von Amts- und Mandatsträgern“, 2015 sind es 33 (Huffington Post).

Auch Leipzigs Polizeichef Bernd Merbitz wird bedroht und findet die aktuelle „Pogromstimmung“ schlimmer als in den 1990ern (BILD).

Freital II: In Freital wurden zwei Holzkreuze sicher gestellt: Eines befand sich in einem Blumenkasten vor dem Rathaus, Aufschrift „BRD=Volkstod“. Ein weiteres Kreuz wurde vor einem ehemaligen Kindergarten auf der Dresdner Straße festgestellt. Es trug die Aufschrift „Deutsches Volk“ (DNN)

Freital III: Demo zum „Jahrestag“ der Krawalle am „Hotel Leonardo“. 80 Neonazis, Reichsflaggen, der ehemalige Leipziger NPD-Funktionär Alexander Kurth, inzwischen sächsischer Landeschef von „Die Rechte“,  der am Mikrofon des „Wir sind ein Volk“-Wagens von Thügida steht, stimmt den Chor der „Asylgegner“ an: „Volksverräter, Volksverräter!“ Dann feiern die Rassist_innen: „Das Heim wurde geräumt. Wir haben gesiegt!“ Stimmt zwar nicht, aber das ist hier egal. (SZ; Video: MDR)

Freital IV: Immerhin: Der AfD-Landtagsabgeordnete André Barth verlängerte den Vertrag mit seinem Büroleiter Dirk Jährling nicht, weil man „menschlich nicht zusammengepasst“ habe. Jährling moderierte bei Demonstrationen der Initiative „Freital wehrt sich – Nein zum Hotelheim“ (später „Bürgerinitiative Freital“), teilte jetzt ein Video mit Holocaust-Leugnung auf Facebook (SZ; sehr schön das Interview dazu als Video beim MDR – da sagt Jährling: „Ich teile eben auch Videos von Holocaust-Gegner!“ Finde den Fehler…)

 

Urteile

Crimmitschau: Molotowcocktails auf Flüchtlingsunterkunft, in der 39 Menschen schliefen:  Täter 1 fünf Jahre wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung; Täter 2 viereinhalb Jahre Gefängnis; Täter 3 drei Jahre und 9 Monate Gefängnis (ZEITGlauchau: 41-Jähriger attackiert fünf junge Syrer verbal, wirft einen eisernen Fahrradständer nach Ihnen und würgt eine 24-Jährige, die zu deeskalieren versucht -> sechs Monate Bewährungsstrafe, 180 Stunden gemeinnützige Arbeit (Freie PresseHoyerswerda: Vier Neonazis werfen Molotowcocktail auf bewohnte Flüchtlingsunterkunft -> Anklagepunkte Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Verstoß gegen das Waffengesetz -> Bewährungsstrafen von neun Monaten bzw. einem Jahr und vier Monaten – trotz einschlägiger Vorstrafen (StörungsmelderWassenberg (NRW): Vier Männer greifen drei Flüchtlinge an; zwei Flüchtlinge können fliehen, einer wird mit einem Schlagstock und Stahlkappenschuhen bewusstlos geprügelt -> Anklage gefährliche Körperverletzung -> Bewährungsstrafen zwischen einem Jahr und 3 Monaten und neun Monaten, einer bekommt neun Monate Gefängnis (Jugendstrafen) (WeltBlick nach rechts)  Duisburg: 62-Jähriger erfindet Vergewaltigungsgeschichten über Geflüchtete, verbreitet sie über Facebook:  Fünf junge Mädchen aus Kleve seien auf dem Schulweg von Flüchtlingen entführt, vergewaltigt und schwer verletzt worden. Der Fall werde von Behörden und Medien bewusst verschwiegen. Er war frei erfunden. -> Neun Monate Bewährungsstrafe, 500 Euro.an „Pro Asyl“ (DerWestenBerlin: 39-Jähriger schickt Bombendrohungen gegen Politiker und Flüchtlingshelfer von „Hellersdorf hilft“ -> Anklage Störung des öffentlichen Friedens, Bedrohung: Ein Jahr Haft (Berliner ZeitungAltenburg: Prozess nach Brandanschlag auf bewohnte Geflüchtetenunterkunft in Gera eröffnet. Beide mutmaßlichen Täter, ein 29-Jähriger und ein 31-jährigen Vater von vier Kindern, sind wegen Verbreitung von Nazi-Propaganda vorbestraft, hatten Kontakte zur in Thüringen neonazistisch aufgestellten „Thügida“. Die Täter gaben an, auf dem Weihnachtsmarkt angetrunken mit Geflüchteten aneinandergeraten zu sein. Daraufhin randalierten sie vor einer Flüchtlingsunterkunft, zogen dann vor eine zweite, die sie dann in Brand zu stecken versuchten, indem sie Papier und Kinderwägen im Flur anzündeten. Dabei sangen sie Rechtsrock-Lieder (insuedthueringen.de). Der 29-Jährige wurde zu dreieinviertel Jahren Haft verurteilt und zum Alkoholentzug, der 31-Jährige zu einer Geldstrafe von 1.200 Euro (120 Tagessätze à 10 Euro). (DW). Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der 29-Jährige legten Revision ein – der Fall geht zum Bundesgerichtshof (LVZ). Dresden / Heidenau: 24-Jähriger wirft bei den Krawallen von Heidenau 2015 Baustellen-Absperrungen auf Polizisten, stiehlt einen Feuerlöscher in einer Tankstelle um die Hauptstraße zu vernebeln, schleudert Metallbehälter auf die Polizei -> Schwerer Landfriedensbruch, versuchte gefährliche Körperverletzung -> ein Jahr und 8 Monate Gefängnis (SZ)

 

Laufende Prozesse

Düsseldorf: Bundesanwaltschaft fordert lebenslange Haft für Reker-Attentäter. Die Tat des 44-Jährigen sei heimtückisch gewesen, die angegriffene OB-Kandidatin wehrlos. Zuletzt hatte ein Gutachter Frank S. attestiert, voll schuldfähig zu sein. Der Angeklagte sei „recht impulsiv“, „schnell kränkbar“ und neige dazu, „alles stets als feindselig und gegen sich gerichtet zu erleben“. S. gehe von einer „permanenten Bedrohung von außen“ aus. Hinzu komme ein „ausgeprägter Eigensinn und ein fast kindlicher Trotz“ (Spiegel Online). 

Rassismus auf Regierungsebene

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagt in einem Interview, Ärzte würden von Abschiebung bedrohten Asylsuchenden Gefälligkeitsatteste ausstellen. Doch die Zahlen, auf die er sich stützte – 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren würden vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt -,  ließen sich statistisch nicht belegen. De Maizière sprach dann von einem „Erfahrungswert“, der aber durch keine Statistik gedeckt sie (Tagesspiegel). Es war nicht das erste Mal, dass der Minister in Bezug auf Geflüchtete und Migration mit nicht existenten Zahlen hantierte (ZEIT).

 

Lügen über Geflüchtete

Waldmünchen (Bayern): Geschichte eines 17-Jährigen, der von einen Überfall durch vier Flüchtlinge in Sozialen Netzwerken erzählte und bei der Polizei anzeigte, war frei erfunden (mittelbayerische.de).

  

Rassismus 

Neue Studien, neue Zahlen

Es gibt viele neue Studien und neues Zahlenmaterial zu Rassismus und rassistischer Gewalt in Deutschland – wir berichten darüber im Schwerpunkt „Neue Zahlen“

Kriminalstatistik 2015 belegt massiven Anstieg rassistischer StraftatenAmnesty: „Der Staat schützt die Menschen in Deutschland nicht vor rassistischen Angriffen“Neue „Mitte“-Studie: Feindlichkeit gegen Muslime, Sinti und Roma und Geflüchtete ist besorgniserregendNeue Zahlen zu rechtsextremen Einstellungen in DeutschlandMonitoringbericht 2015/16 über rechte Hetze in den Sozialen Netzwerken der Amadeu Antonio StiftungForsa-Studie: Hass im Netz sehen viele, aber im Umgang hapert es noch

 

Ladenbesitzerin aus Berlin-Neukölln will keine Roma in ihrem Geschäft

Ein rundes Verbotszeichen mit dem durchgestrichenem Wort „Roma“ prangt an der Tür eines Esoterik-Ladens in Neukölln. Die Inhaberin wüsste sich nicht mehr anders zu helfen, erklärt sie – zu oft sei sie bestohlen worden. Es ist ein kleiner Laden in der Emser Straße. Im Angebot hat das Geschäft Duftkerzen und Esoterik-Artikel. Entdeckt hat das Schild Romeo Franz (49), selbst Roma und Geschäftsführer der Hildegard-Lagrenne-Stiftung. Diese setzt sich seit 2012 für die Rechte und gesellschaftliche Teilhabe der im Nationalsozialismus verfolgten Minderheit in Deutschland ein. „Das ist Apartheid gegenüber Roma und das werden wir nicht hinnehmen“, sagte Franz Er will jetzt Anzeige gegen die Ladenbetreiberin erstatten (BZ).

 

Jérôme Boateng: „Ich wurde stellvertretend angegriffen“

Im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft äußerte AfD-Vize Alexander Gauland, Menschen wollten Jérôme Boateng nicht als Nachbarn haben – was sich massiv gegen ihn richtete, da die wenigsten Menschen etwas dagegen hätten, einen in Deutschland geborenen talentierten Fußball-Star zum Nachbarn zu haben – ausführlich haben wir das berichtet hier, zusammen mit anderen rasstischen und rechtsextremen Ausfällen zur EM:

Fußball-Europameisterschaft 2016: Wieder Zeit für abwertende Ausfälle – Woche 1

Fußball-Europameisterschaft 2016: Rassismus, Hooligans und Gewalt – Teil 2

Gutes Interview mit Boateng in der Berliner Zeitung:

Haben Sie grundsätzlich das Gefühl, dass der alltägliche Rassismus weniger geworden ist in den vergangenen Jahren?Ich denke schon, aber er ist anscheinend noch längst nicht weg. Ich hatte gehofft, das wäre überwunden.

Ihr Bruder Kevin-Price hat vor drei Jahren eine Rede vor den Vereinten Nationen gehalten und darauf hingewiesen, dass es der größte Fehler wäre, den Rassismus einfach zu ignorieren, wenn man ihn bekämpfen wolle.Ich will das Thema auch nicht ignorieren, aber es passt einfach überhaupt nicht in diese Tage, da wir uns hier auf die Europameisterschaft vorbereiten. Wir bestreiten in rund elf Tagen unser erstes Spiel gegen die Ukraine. Ich möchte auch nicht, dass solche Leute über mich Aufmerksamkeit und eine große Plattform bekommen. Und ich möchte ebenfalls nicht, dass ich im Vergleich zu meinen Mannschaftskollegen zu viel Aufmerksamkeit bekomme. Wir haben ja einige andere Spieler, die in anderen Ländern ihre Wurzeln haben. Ich wurde stellvertretend angegriffen. 

(vgl. auch Spiegel Online

Polizeischule Eutin: Neues Verfahren?

Der Fall hatte Schlagzeilen gemacht: Sexistische und rassistische Vorfälle an der zentralen Ausbildungseinrichtung Polizei in Schleswig-Holstein? Von körperlichen Übergriffen auf Polizeischülerinnen war die Rede, von rassistischen Kommentaren im elektronischen Mitteilungsdienst WhatsApp (ngn berichtete). Möglicherweise wird das Verfahren neu aufgerollt: Schleswig-Holsteins Innenministerium bestätigte jetzt Informationen von NDR Info, wonach in der vorletzten Woche ein anonymes Schreiben im Innenministerium eingegangen ist: Nach einer ersten Sichtung bestehe das „Papierkonvolut“ aus  mehr als einhundert Seiten Vernehmungsprotokollen sowie Ausdrucken elektronischer Kommunikation. Der Umschlag war danach am 25. Mai in den Briefkasten des Ministeriums gelangt. Adressiert war es an den Innenminister – und zwar „persönlich“. Der Inhalt könnte eine zentrale Rolle für die weitere Entwicklung spielen (NDR)

 

„Gefährliche Enthemmung“ in Sachen Rassismus

Durch die Äußerungen von AfD-Politikern wird über Rassismus debattiert. Dabei stellt sich die Frage, ob Diskriminierung wieder salonfähig ist. Rassismusforscherin Bilgin Ayata gibt im DW-Interview Antworten.

Derzeit wird aber wieder über Rassismus gesprochen – auch und vor allem wegen der AfD. Welchen Einfluss haben etwa die Aussagen von Alexander Gauland oder Björn Höcke?

Es findet eine gefährliche Enthemmung in der öffentlichen Diskussion statt. Die Grenze dessen, was gesagt werden darf und was nicht, wird bewusst verschoben. Dinge werden geäußert, die sehr offen rassistisch sind. Indem dann aber noch extremere Aussagen gemacht werden, wirken die vorherigen auf einmal normal. Ich warne aber davor, das Problem des Rassismus allein auf die AfD zu reduzieren. Politik und Gesellschaft tragen die Verantwortung, denn sie hat das Problem über Jahre geleugnet. Auch die Medien tragen eine Verantwortung, wenn sie unkritisch rassistische Formulierungen übernehmen oder sogar selber schaffen wie etwa die ‚Dönermorde‘. In der Politik sind bereits seit Jahrzehnten Einwanderung und Flüchtlinge ein beliebtes Wahlkampfthema, in der die Migranten instrumentalisiert und stigmatisiert werden. Da darf man sich nicht wundern, wenn heute in plumpen Formen Dinge gesagt werden, für die der Nährboden schon früher geschaffen wurde.

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