Perfide etwa war eine Aktion in Würzburg: Dort verklebte ein Unbekannter Anti-Islam-Aufkleber in der Innenstadt. Ein Student entdeckte einen der Sticker mit der Aufschrift „Gib Islam keine Chance“ an einem Ampelmast in der Nähe des Hauptbahnhofes, fühlte sich von der Hassbotschaft gestört und wollte den Aufkleber entfernen. Dabei schnitt sich der 22-Jährige, denn unter dem Aufkleber waren genau zu diesem Zweck Rasierklingen angebracht. Die Verletzung blieb glücklicherweise klein, doch die böse Botschaft wirkt doppelt, wenn der Verursachser nicht nur verbalen Hass verbreitet, sondern ihn gleich mit Verletzungsgefahr begleitet.SternTaz
Islamfeindliche Hetzschriften auf Chemnitzer Straßen gefunden
Die Chemnitzer Polizei hat auf mehreren Straßen Zettel mit islamfeindlichem Text gefunden. Die handbeschriebenen Blätter seien am Dienstagmorgen im Stadtteil Ebersdorf entdeckt worden, teilte die Polizei mit. Es sei möglich, dass die Zettel aus einem Fahrzeug geworfen wurden. Wegen des Verdachts der Volksverhetzung hat das Dezernat Staatsschutz der Polizeidirektion Chemnitz die Ermittlungen aufgenommen.Focus
»Trotz Kopftuch sehr intelligent«
Die Opferberatungsstelle ReachOut aus Berlin stellte im September einen Publikation mit elf Geschichten zum Thema antimuslimischer Rassismus vor. Die Beratungsstelle »ReachOut« stellt in einer Broschüre erlebte Geschichten von Jugendlichen über antimuslimischen Rassismus vor. Rassismus, aber speziell antimuslimische Diskriminierung sei in der Öffentlichkeit und bei Lehrer_innen nach wie vor kein Thema. Sanchita Basu von „Reach Out“ kann zahlreiche Beispiele aufzählen, etwa von einem Lehrer, der seine Schülerin mit den Worten lobte: »Sie ist trotz ihres Kopftuches sehr intelligent«. Im Rahmen eines Projektes mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 27 Jahren hat »ReachOut« eine Broschüre aus Interviews erstellt, die elf Geschichten von antimuslimischen Ressentiments gegen die Jugendlichen erzählt. Es fängt damit an, dass Lehrer die Namen der Jugendlichen falsch aussprechen, sagt Basu: »Damit berauben sie die Kinder ihrer Identität.« Vorurteile, dass alle türkischen und arabischen Jungs Paschas seien und sich von weiblichen Lehrern nichts sagen lassen würden oder dass Mädchen mit Kopftuch zum Tragen gezwungen werden, seien unter Lehrern weit verbreitet. »Es gibt etwas, das nennt sich Pygmalion-Effekt«, sagt Sanchita Basu »das funktioniert in beide Richtungen. Sagst du einem Kind immer wieder, wie gut es ist, steigt das Selbstbewusstsein und umgekehrt.«NDwww.reachoutberlin.de
Stoiber: Islam gehört nicht zu Deutschland
Und auch Politiker entblöden sich weiterhin nicht, islamfeindliche Diskurse zu bedienen. So etwa der CSU-Ehrenvorsitzende und frühere Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, der die Feststellung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass der Islam zu Deutschland gehöre, von sich wies.. „Ich mache mir diesen Satz nicht zu eigen“, sagte Stoiber der „Bild“-Zeitung. „Die Muslime gehören zu Deutschland, nicht der Islam. Der Islam ist kein Kernbestand der deutschen Kultur und prägt auch nicht unsere Geistesgeschichte und Tradition.“ Wenigstens hat Stoiber aktiv politisch nichts mehr zu sagen. Merkel hatte erst kürzlich erklärt, sie halte nichts davon, darüber zu diskutieren, ob die Muslime oder der Islam zu Deutschland gehörten. Islamiq.de
Yasemin El-Menouar: „Es ist keine Angst, sondern Ablehnung“
Yasemin El-Menouar leitet das internationale Projekt „Religionsmonitor“, für die 14.000 Menschen aus 13 Ländern befragt wurden. Diese Studie der Bertelsmann-Stiftung analysiert Wechselwirkungen zwischen Religion, Werten und Zusammenhalt in der Gesellschaft. Im mdr gibt es ein spannendes Interview mit ihr. Ein Auszug:
Worin liegen die Ursachen für die Islamfeindlichkeit in unserem Land?
Das hat verschiedene Ursachen. Seit 9/11 steht der Islam im Fokus der Öffentlichkeit. Das heißt: Obwohl der Extremismus eine kleine Randposition darstellt, dominiert sie die öffentliche Diskussion. Die breite Vielfalt des Islam ist eigentlich so gut wie unsichtbar. Das hat zu einem negativen Image des Islam geführt. Darunter leiden Muslime. Ein weiterer Grund ist, dass – sobald Anschläge oder Terroranschläge geschehen -, reflexartig die Integration der Muslime in Frage gestellt wird. Damit wird natürlich suggeriert, dass in jedem Muslim ein Terrorist stecke und das ist natürlich für das Bild auch nicht unbedingt zuträglich. Dazu kommt, dass es einen Mangel an Kontakten gibt zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, insbesondere auch in Mitteldeutschland. Hier hat nur jeder Zehnte Kontakt zu Muslimen in seiner Freizeit. Wir sehen aber, dass der persönliche Kontakt sehr wichtig ist, weil mit der persönlichen Begegnung Vorurteile korrigiert werden können. Da sehen die Leute, dass Muslime insgesamt eigentlich keine Bedrohung darstellen, ähnliche Wünsche und auch Ängste haben wie auch Nicht-Muslime. Das heißt auch: Wir brauchen mehr Orte für Begegnungen, um Zerrbilder korrigieren zu können.
Wovor haben die Menschen Angst?
Wenn in Studien tatsächlich nach der konkreten Angst gefragt wird, also „Haben Sie Angst vor dem Islam?“, dann sagen nur die wenigsten Befragten ja. Aber wenn sie nach der Bedrohung fragen oder ob der Islam in die deutsche Gesellschaft passt, dann stimmt ein sehr hoher Prozentsatz zu. Das heißt, es ist keine wirkliche Angst, die dahinter steht, sondern eher eine Ablehnung. Eine Ablehnung von Andersartigkeit von Elementen, Symbolen, Praktiken, die uns nicht vertraut sind. Ich glaube, da wird auch sichtbar, dass ein gewisses Maß an Offenheit fehlt und dass wir viel mehr Offenheit für Vielfalt brauchen.‘
Wie verändern die Flüchtlinge die Situation der Muslime und auch das Bild der Muslime?
Die vielen Flüchtlinge aus Syrien und aus anderen muslimischen Ländern werden den Islam in Deutschland bunter machen, bunter als er ohnehin schon ist. Ob oder wie sich das auf die Wahrnehmung auswirkt, müssen wir dann sehen. Ganz wichtig finde ich, dass die muslimischen Gemeinden, hier im Kontext der Flüchtlingshilfe, auch zeigen können, dass sie eine positive Rolle einnehmen in der Gesellschaft, dass sie maßgeblich beteiligt sind an der Flüchtlingshilfe, dass sie sich sozial engagieren, einen wichtigen Beitrag leisten für die Gesellschaft und nicht nur diejenigen sind, als die sie wahrgenommen werden: als Problemverursacher oder Menschen, die nur Ansprüche stellen, sondern auch als Menschen, die hier ihre Rolle haben. Das kann dazu beitragen, das Islambild stückweise mitzuverändern. Hinzu kommt auch, dass im Rahmen der Flüchtlingshilfe sehr viel zusammengearbeitet wird, also Nicht-Muslime und Muslime engagieren sich gemeinsam für Flüchtlinge. Das sind Erfahrungen, die verbinden können.
Das ganze Interview hier beim mdr.
„PolitikerInnen müssen ein Vorbild sein, statt mit Rassismus auf Stimmenfang zu gehen“
Islamiq.de interviewt die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland (AI), Selmin Çal??kan, zu Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland. Die meint: Deutschland hat ein ernstes Rassismus-Problem, dass weit über den Rechtsextremismus hinaus geht. Auch ein höheres Bildungsniveau schützt nicht vor rassistischen Vorurteilen. Das zeigt, dass unsere Regierung und PolitikerInnen Menschen in einer verantwortungsvollen Weise ansprechen müssen, statt weiterhin Angst vor Überfremdung und terroristischen Anschlägen zu schüren und damit auf Stimmenfang zu gehen. PolitikerInnen müssen ein Vorbild darin sein, verbriefte Menschenrechte wie z.B. das Diskriminierungsverbot und die Religionsfreiheit als Werte in Deutschland zu verteidigen und selber auch danach zu handeln.“ Ein weiteres Feld: „Ein grundsätzliches Problem ist es, dass rassistische Übergriffe in Deutschland meist nicht ernst genommen oder als solche verfolgt werden.“ und „Gleichzeitig legitimieren Praktiken wie diskriminierende Polizeikontrollen durch die Bundespolizei rassistische Vorurteile. Sie vermitteln den Eindruck, schwarze Menschen oder Menschen, die ein Kopftuch tragen oder als „südländisch aussehend“ empfunden werden, würden sich illegal hier aufhalten und gar nicht zu Deutschland gehören (können). Dazu zählen auch Muslime. Ein solches Vorgehen prägt die Sicht auf die sogenannten „Anderen“ und fördert Stigmatisierung.“ Sehr richtig. Das ganze Interview hier.
Rheinland-Pfalz: AfD-Spitzenkandidat Uwe Junge war zuvor Mitglied in islamfeindlicher Partei „Die Freiheit“
Damit ist er in der AfD zwar nicht verkehrt, aber speziell die westdeutschen Landesverbände sind ja noch zurückhaltender, was eine Anbindung ihrer Partei an Rechtsaußen-Szenen angeht – und noch gilt ja auch ein Unvereinbarkeits-Beschluss für ehemalige Mitglieder von „Die Freiheit“ (Allgemeine Zeitung, SWR).
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