Die instabilen Mehrheitsverhältnisse in Sachsen und Brandenburg stärken die Rechtsradikalen. Unter dem Druck, Mehrheiten für politische Entscheidungen finden zu müssen, kann sich die AfD als Mehrheitsbeschafferin ins Spiel bringen und damit die demokratischen Parteien vor sich hertreiben.
„Von der AfD hängt viel ab und das wird sie nutzen“, warnt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. „Wechselnde Mehrheiten unter Einbeziehung der AfD lassen die Rechtsradikalen den Kurs bestimmen. Wer glaubt, eine AfD in Verantwortung würde sich selbst entzaubern, geht der Inszenierung der Partei auch nach allen Provokationen und Grenzüberschreitungen noch immer auf den Leim. Statt Gemeinsamkeiten mit der AfD zu suchen, sind alle Demokraten aufgerufen, deutlich zu machen, was auf dem Spiel steht. Gemeinsame Sache mit Demokratiefeinden zu machen kann für Demokraten keine Option sein. Vom Tolerieren und Kooperieren ist es nur ein kleiner Schritt zur Koalition. Rechtsradikale versuchen, als Mehrheitsbeschaffer ihre Forderungen in die Regierungen zu tragen. Dem muss jetzt eine entschlossene Absage erteilt werden.“
Wahlerfolg stärkt rechtsextremen „Flügel“
„Die deutlichen Wahlerfolge der AfD bringen zu Tage, was sich seit Langem abzeichnet: Ein erheblicher Teil der Menschen in den ostdeutschen Bundesländern zu wenig Vertrauen in das politische System. Das Demokratiemisstrauen vieler Menschen hat in der AfD eine parteipolitische Heimat gefunden. Diese Rechtsradikalen werden nicht trotz, sondern wegen ihrer demokratiefeindlichen Positionen gewählt. Der Erfolg wird der rechtsradikalen AfD neuen Aufwind verleihen und stärkt den rechtsextremen Flügel der Partei, zu dem auch die Spitzenkandidaten in Sachsen und Brandenburg gehören.“, führt Reinfrank aus.
Demokratieoffensive gegen weitere Verankerung von Rechtsradikalen
„Die demokratischen Parteien haben zu lange versäumt, sich mit den Umbrüchen nach der Wende auseinanderzusetzen und entschlossen für demokratische Kultur zu werben“, erklärt Reinfrank. „Die demokratischen Parteien sollten gemeinsam mit der Zivilgesellschaft eine Demokratie- und Beteiligungsoffensive starten, um das Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen und eine weitere Verankerung von Rechtsradikalen aufzuhalten.“
Neben einem neuen Konsens zur Abgrenzung von Rechtsradikalen braucht es den Ausbau schulischer und außerschulischer politischer Bildung. Die neuen Landesregierungen sollten dringend die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Demokratieprojekten absichern, deren öffentliche Förderung von der AfD grundsätzlich in Frage gestellt wird. Demokratische Entscheidungen sollten transparent und nachvollziehbar gemacht werden. Es braucht eine ernsthafte gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Nachwende-Umbrüchen in den ostdeutschen Bundesländern. Eine Stärkung des ländlichen Raums mit strukturellen Maßnahmen ist unabdinglich, um zu verhindern, dass weitere Regionen abgehängt werden.
Über die Amadeu Antonio Stiftung: Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Die gemeinnützige Stiftung steht unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Thierse.