„Lage in Dresden weiter angespannt“, „Der Norden rüstet sich für die Fluten“ oder „Deichbruch an der Elbe“: Seit Tagen bestimmen die Nachrichten über den Stand der Hochwasser-Katastrophe in Deutschland die Schlagzeilen – schon jetzt ist von einem der schlimmsten Hochwasser aller Zeiten die Rede. Die Fluten zerstören Existenzen und forderten bereits ein Menschenleben: Ein 74-jähriger Helfer wurde von einem Baufahrzeug erfasst, das beim Sandsäcketransport im Einsatz war.
Es ist ein emotionales Thema – das von der NPD unverhohlen für ihre Zwecke instrumentalisiert wird. So haben die Landesverbände Sachsen und Thüringen der rechtsextremen Partei ihre Mitglieder zur „nationalen Solidarität“ und zur „praktischen Katastrophenhilfe“ aufgerufen. Eifrig postet die Partei Bilder von Helfern in eigens designten T-Shirts beim Sandsäcke Füllen und Ausräumen überfluteter Keller. Der Einsatz wird gewürdigt: Andy Knape, Bundesvorsitzender der der Jungen Nationaldemokraten (JN), postete auf seiner Facebook-Seite stolz ein Bild, das ihn zusammen mit Magdeburgs Bürgermeister Lutz Trümper zeigt. Trümper dankt ihm darauf „höchstpersönlich“ für die Unterstützung der JN. Update: Trümper selbst hat mittlerweile angegeben, er sei überrumpelt worden und habe gar nicht gewusst, wer ihm da die Hand hinstreckte. Eine offizielle Stellungnahme oder dergleichen gibt es allerdings nicht.
Screenshot der Facebook-Seite von Andy Knape, JN-Vorsitzender
Hilfe, egal von wem?
Robert Fietzke, Pressesprecher der Linksjugend [’solid] Magdeburg, erklärt dazu: „Nicht nur, dass Lutz Trümpers Krisenmanagement katastrophal ist, jetzt fällt er auch noch dadurch auf, dass er bundesweiten Nazigrößen munter die Hand schüttelt, um sich für den Hochwassereinsatz zu bedanken. Entweder, es handelt sich hierbei tatsächlich um eine ’nationale Querfrontbewegung‘ am Deich oder Lutz Trümper wusste schlichtweg nicht, wem er da die Hand schüttelt.“ Letzteres sei allerdings eigentlich nicht möglich, da Knape alles andere als ein Unbekannter sei und zudem auf dem Foto ein T-Shirt der JN trage.
Doch warum ist das überhaupt problematisch? Ist in einem solchen Katastrophenfall nicht egal, von wem die Hilfe kommt? Ein oft gehörtes Argument in diesem Zusammenhang ist, dass auch andere Parteien das Hochwasser für ihre Zwecke nutzen würden – das ist sicherlich nicht ganz falsch, allerdings stellt man dann die anderen, demokratischen Parteien mit der NPD gleich, die für eine durchweg menschenverachtende Ideologie steht. Und mit genau dieser versucht die rechtsextreme Partei ihre Hilfe zu unterfüttern. Ginge es der NPD wirklich nur um die Unterstützung für die Hochwasser-Opfer, würde sie sich politische Aussagen bei der Hilfe sparen. Stattdessen heißt es etwa auf der Facebook-Seite der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Die NPD-Fraktion packt an, während die Etablierten ihre übliche Show abziehen und antideutsche Linke ihren pathologischen Selbsthass zelebrieren.“ Und auf der Homepage der JN wird getitelt: „(R)echte Kerle packen an – JN im Hochwassereinsatz“.
Auf dem eigens kreiierten NPD-Spenden-Shirt prangt „Nationale Solidarität“ und „Fluthelfer 2013“. Das Parteilogo findet sich darauf zwar nicht, doch der Tenor ist klar. Kein Wunder also, dass sich unter einem entsprechenden Posting auf Facebook eine Diskussion entspann, als ein User fragte: „Wozu braucht man ein solches Shirt, um zu helfen? Reklame laufen für die NPD?“ Der Seiten-Admin antwortete, dass eben kein Logo zu sehen sei – und bekam folgende Antworten anderer User: „der slogan lässt es schon erahnen.“ „Ich kann leSen und die Frabe würde sicher auch so gewählt, dass man nicht übersehen wird.“ und „verkauft uns doch nicht für blöde, da steht „nationale solidarität“ – woraufhin sich ein anderer User bemüßigt fühlte zu antworten: „Richtig, nationale Solidaritaet ist ja auch jetzt gefragt, vor allem in Sachsen Anhalt. Wir brauchen noch mehr Helfer (…) Also, antirechts Dauerposter, los gehts, Energie des Parolen abkurbeln umgelegt auf Dienst an der Volksgeneinschaft, packt mit an, Rechner ausgeschaltet und losgelegt, Deutschland braucht euch. Oder seid ihr etwa doch nur ganz schwache feige Maulhelden die nur im Netz den Dicken markieren?“ (alle Fehler im Original) Angesichts solcher Töne verwundert es kaum, dass vielen Menschen das Engagement der NPD in den Hochwasser-Gebieten nicht geheuer ist. Da passt es natürlich, dass rassistische Kommentare auf der NPD-Facebook-Seite wie dieser „Wo sind eigentlich die ganzen sogenannten Migranten. Keinen Bock zu helfen?? Ne ist ok.Grillen und Kindermachen ist besser.Habe niemanden in den ganzen Berichten gesehen“ natürlich nicht gelöscht werden.
Vermengung von Themen
Auf der Seite des Landesverbandes NPD Thüringen ist dagegen zu lesen: „Keinem der Opfer ist in diesen schweren Zeiten geholfen, wenn sich etablierte Politiker im Anzug und sauberen Gummistiefeln medienträchtig vor einen Damm stellen, um ihre einstudierte Betroffenheit zu heucheln, obwohl sie doch genau wissen, daß die Millionen an nötigen Geldern für die betroffenen Gebiete längst in den Taschen maroder Banken und Pleitestaaten wie Griechenland stecken. Sie haben nicht nur in den 11 Jahren nach der letzten Jahrhundertflut versagt, indem sie die notwendigen Mittel für einen effektiven Hochwasserschutz nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stellten. Sie werden auch die nötigen Mittel für den jetzigen Wiederaufbau auf die Kommunen abwälzen, deren Kassen aufgrund der vielen EU-Rettungsschirme längst leer sind.“
Noch deutlicher formuliert es Maik Scheffler, sächsischer NPD-Landesvize, laut blick nach rechts auf seiner Facebook-Seite: „Sachsen, ihr seid mal wieder auf Eure eigene Solidarität angewiesen! Hoffentlich denkt Ihr auch noch daran, wenn ihr bei den nächsten Wahlen Euer Kreuz bei denen machen sollt, die für Euren Schutz kein oder nur wenig Geld in die Hand nehmen wollten aber bald wieder breit grinsend von den Wahlplakaten auf Euch herab schauen.“ Mit anderen Worten: Die NPD betreibt hier schon einmal Wahlkampf in Gummistiefeln …
Image als „Kümmerer“
Es ist beileibe keine neue Strategie der NPD, hoch emotionale Themen für ihre Zwecke zu missbrauchen. Das war bei der Debatte um Kindesmissbrauch so ebenso wie bei ihrem vermeintlichem Kampf für den Umweltschutz – und nun eben bei der Hochwasser-Katastrophe. Sie versucht so zum einen, nicht-rechte Bürgerinnen und Bürger über scheinbar unpolitische Themen für sich und ihre Argumente zu gewinnen. Zum anderen stilisiert sie sich wieder einmal als „Kümmerer“ und in Abgrenzung zu den demokratischen Parteien, von ihr nur verächtlich „die Etablierten“ genannt. Umso wichtiger bleibt es, über die Motivation der rechtsextremen Partei aufzuklären und auf der Hut zu sein.
Mehr Informationen im Netz:
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