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Neue Etikette, alte Inhalte Neues von der „Paganfront“

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Offensiv gegen Rechtsextremismus in der eigenen Szene: Metalfans gegen Nazis (Quelle: ZEIT-Grafik)

„Metal ist unpolitisch? ? mit diesen Worten beschreiben viele Fans der harten Metal-Rock-Musik ihr Selbstverständnis. Doch vor allem in der Black Metal-Szene sind in den vergangenen Jahren Bands populär geworden, deren Texte voll zynischer Menschenverachtung sind, in denen Gewalt und Stärke verherrlicht werden und die sich in ihrer Symbolik und Ästhetik beim Nationalsozialismus bedienen. Man wolle doch nur provozieren, lautet die übliche Entschuldigung, das gehöre nun mal zum Rock. Auch bei der boomenden Spielart Pagan-Metal sehen Kritiker Anknüpfungspunkte an extrem rechte Ideologiefragmente, wenn etwa in Liedtexten die Rückbesinnung auf vermeintlich ?eigene Wurzeln? bei heidnisch-germanischen Vorfahren beschworen wird, oft versetzt mit Blut-und-Boden-Romantik und völkischen Mythen.

Metalfans against Nazis

Einige Bands bekennen sich sogar offen zum Nationalsozialismus, wovon auch die Selbstbezeichnung als ?National Socialist Black Metal? (NSBM) zeugt. In Musik-Portalen wie LastFM oder MySpace mehren sich deshalb in letzter Zeit Piktogramme und Logos von Szeneangehörigen mit Botschaften wie „Pagans against Fascism/ Nationalism? oder „Metalfans against Nazis?. Auf der Seite des PartySan-Open-Air-Festivals zerschlägt eine Faust die Schwarze Sonne, ein von der SS erfundenes Runensymbol. Im letzten Jahr erschien sogar ein erster Black Metal-Sampler „Against NSBM ? Back to the burning roots?.

Ein weiches Image ? mit dem Logo der Kinderkrebshilfe

Doch die Kritik bleibt oft an der Oberfläche. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Liedtexten und ihren Anknüpfungspunkten für rechtsextreme Ideologien fehlt in der Regel. Und nicht jede Abgrenzung ist glaubwürdig: Das Ragnarök-Festival in Lichtenfels (Rheinland-Pfalz) etwa zeigt auf seiner Internetseite einen Button „Paganmetal gegen Faschismus und politische Gewalt“. Eine Tombola zugunsten der Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe sollte dem diesjährigen Festival zudem einen bürgerlichen Touch geben ? das Maskottchen der Kinderkrebshilfe ?Maari? stand auf der Website niedlich und bunt über dem Thorshammer und der Irminsul des Logos vom Nordahlversand.

Ausgerechnet dieser Versand aber, der die Tombola organisierte, ist alles andere als unverfänglich. Er bietet neben „T-Hemden für Recken und Maiden? mit Schriftzügen wie „Artglaube?, „Freiheit Germanien?, „Mein Blut für Thor?, „Berserker-Nordische Wut?, „Odin statt Jesus? in diversen Ausführungen auch völkische Esoterik aus dem Arun-Verlag sowie Literatur aus den rechtsextremen Verlagen Tim Schatowitz, Volk in Bewegung, Grabert und K.W. Schütz an. Darunter finden sich auch aggressiv-antisemitische Titel wie „Die grausame Bibel“ des Holocaustleugners Erich Glagau.

Die Versandbeschreibungen passen zum Sortiment. Zum Titel „Freund Hein?, einem Nachdruck aus dem SS-eigenen Nordland-Verlag, lesen wir, er vermittele Einsichten „so wie wir die Stimme der Ahnen zu hören vermögen, wenn wir nicht fremder Abstammung sind?. Beim Wolfzeitfestival im Herbst plant der Nordahlversand die nächste Tombola zugunsten der Kinderkrebshilfe. Auf Anfrage von Belltower.news teilte die Kinderkrebshilfe mit, man werde die Erlaubnis zur Nutzung des eigenen Logos überprüfen.

Neue Etikette, alte Inhalte

Beim Blick auf die Webseite der „Paganfront“ drängt sich der Eindruck geradezu auf, als werde aus rein taktischen Gründen eine Distanzierung vom „National Socialist Black Metal“ vollzogen. Bei der Erschließung breiterer Fankreise und auf dem Weg zum kommerziellen Erfolg nämlich ist eine eindeutige Nähe zum Rechtsextremismus hinderlich.

In der „Paganfront“ haben sich 26 internationale Bands zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Darunter die griechische NSBM-Band der Stürmer und Hendrik Möbus Band Absurd. Seit Mitte des Jahres 2007 ist die Internet-Seite der „Paganfront“ jedoch nicht wiederzuerkennen. Bis dahin war sie in hartem Schwarz-Weiß designt, heute kommt sie in sanften Erdtönen und fast verspielt daher. Hatte man sich auf der alten Website noch als „arische Bruderschaft“ und „The Hammer of National Socialist Black Metal“ bezeichnet, so findet sich heute keinerlei Hinweis mehr auf „kämpfende Aktivisten“, die „im Dienst des arischen Volkswillen“ gegen einen „judeo-christlichen“ Einfluss mobil machen.

Im neuen Szene-Magazin A-Blaze, das auffallend vielen NSBM-Bands ein Forum bietet, findet sich ein Interview mit der „Paganfront“: Es gehe nach wie vor um Politik, heißt es da (in deutlichem Unterschied zum sonstigen Selbstbild der gesamten Metal-Szene). Und: „Musik ist hervorragend geeignet, um bestimmte Gefühle beim Hörer zu erzeugen. Auf diese Weise ist er empfänglich für jene Botschaft, die (…) in Form von Liedtexten (…) an ihn herangetragen wird.“ Um welche Botschaft es geht, wird auffallend schwammig gehalten: Der „Paganfront“ gehe es um das Heidentum als Neuschöpfung – Heidentum nicht als Religion, sondern als germanischen Wertekodex, bestehend aus „Mut, Stolz, Tapferkeit, Ehre, Treue und Gemeinschaftssinn“. Ein Zitat, wie es genauso von der NPD stammen könnte. Man propagiere ein „militantes Heidentum“ heißt es vieldeutig.

Band mit neuem Gewand

Auch die Web-Seite der Pagan-Metal und Neofolk Band Halgadom, die auch auf der so genannten Schulhof-CD der NPD zu finden ist, hat sich verändert. Die frühere Rubrik „Kulturkampf“, in der sich die Band zu gesellschaftlichen Themen äußerte, ist seit Anfang des Jahres verschwunden. Jetzt ist nichts mehr zu lesen von der deutschen Jugend, die nach Meinung der Band an „Geschichtskomplexen“ leide, die ihnen das Christentum als „artfremder“ Glauben mit „entarteten Inhalten“ eingebe, oder darüber, dass „Perso-Deutsche“ wie Xavier Naidoo nicht schlecht über ihre „Gastgeber“ zu reden hätten und auch nichts mehr darüber, dass Antifaschisten eine „asoziale Randgruppe“ seien.

Stattdessen auch hier ein Interview mit dem A-Blaze-Magazin, in dem Bandgründer Frank Krämer betont, seine politischen Sympathien seien Privatsache. A-Blaze fordert am Ende des Interviews die Leserschaft auf, sich frei zu machen von Vorbehalten gegen die Band, denn: „Eine Band ist allein an ihrer Musik und ihren Texten zu bewerten, und zwar anhand künstlerischer und nicht etwa politischer Maßstäbe.“ Aber die Texte sind politisch geblieben. Im Song „Wotans Krieger“ etwa werden die germanischen Ahnen besungen – unter anderem mit dem Vers „Die 14 Worte waren ihr Gesetz“. Die „14 Worte“ aber sind ein Aufruf des US-amerikanischen Neonazis David Lane zum Erhalt der „weißen Rasse“. Weiter bei Halgadom: „Voran treibt uns des Blutes Kraft. Zu schützen Land und eigene Art.“

Eine glaubwürdige Distanzierung vom Rechtsextremismus sähe anders aus.

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