Die Umfragewerte der AfD sind zwar in den letzten Monaten abgerutscht, aktuelle Meinungsumfragen sehen sie zwischen acht und zehn Prozent – in den nächsten Bundestag wird die rechtsradikale Partei aber wahrscheinlich trotzdem einziehen. Das bedeutet auch, dass spätestens ab der nächsten Legislaturperiode die Stiftung der Partei – die Desiderius Erasmus Stiftung (DES) – mit Steuergeldern gefördert wird. Millionen Euro werden in die Kassen der Stiftung fließen, damit könnte sie verstärkt bildungspolitisch aktiv werden und geschichtsrevisionistische Positionen etwa mit Stipendien fördern. Ein Stiftungsgesetz könnte Abhilfe schaffen.
Am 14. Januar stellte die Bildungsstätte Anne Frank aus Frankfurt ihre neue Kampagne „Der Stiftungstrick der AfD“ vor, mit der über die DES und ihr Personal aufgeklärt werden soll. „Wir warnen vor dem Stiftungstrick der AfD: Die Erasmus-Stiftung verschafft menschenfeindlichen Positionen einen intellektuellen Anstrich – das macht sie besonders gefährlich“, sagt Saba-Nur Cheema, Pädagogische Leiterin der Bildungsstätte.
Und tatsächlich zeigt ein Blick auf den Vorstand und das Kuratorium der Stiftung, welche Ideologien und Ideen zukünftig mit öffentlichen Geldern gefördert werden soll. Da ist zum Beispiel Ulrich Kutschera, immerhin Biologieprofessor an der Uni Kassel. Kutschera bezeichnete Frauen ohne Kinder als „nicht gebärende Vertreterinnen der deutschen Bevölkerung“, die für einen „Geburtensausfall“ verantwortlich seien. Homosexuelle sind laut Kutschera „sterile, asexuelle Erotik-Duos ohne Reproduktionspotential“. Da ist auch die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe, die die aktuelle Maskenpflicht mit dem Judenstern im Nationalsozialismus verglich und den Islam als „offen rassistische Ideologie“ bezeichnet. Oder Marc Jongen, Parteiphilosoph der AfD, der den Kolonialismus als „Entwicklungshilfeprojekt“ bezeichnet, dass auch zur Stabilisierung der Lebensverhältnisse in den Kolonien geführt habe. Der Kabarettist Max Uthoff, der das Projekt der Bildungsstätte unterstützt fasst diese Personalien so zusammen: „Ich habe da niemanden gefunden, weder im Kuratorium, noch im Vorstand oder auf anderen Ebenen, von dem ich will, dass er Geld vom Staat bekommt.“ Unter dem Hashtag #Stiftungstrick findet sich in den sozialen Medien mehr zum Thema.
Seit 2018 ist Erika Steinbach Vorsitzende der Stiftung. Die ehemalige CDU-Frau fällt seit Jahren vor allem als aktive Verbreiterin von Desinformation via Twitter auf. Eine Studie der Stiftung „Neue Verantwortung“, die die Verbreitung von Falschnachrichten anhand mehrere Beispiel untersuchte stellte fest: „Die ehemalige Abgeordnete der CDU Erika Steinbach, teilte fast alle von uns untersuchten Fake News bei Twitter.“ Die Vorsitzende der DES ließ monatelang Morddrohungen gegen Walter Lübcke auf ihren Kanälen in den sozialen Medien stehen und beteiligte sich an der immer wieder aufkochenden rechtsalternativen Empörungswelle über Lübckes Äußerungen.
Daran erinnert auch ein Statement von Christoph Lübcke, dem Sohn des ermordeten CDU-Politikers, der zusammen mit anderen kritischen Stimmen in einem Video der Bildungsstätte Anne Frank zur Kampagne äußert. Zu Wort kommt dabei auch der ehemalige Generalsekretär der CDU, Ruprecht Polenz: „Die Erasmus-Stiftung versucht planmäßig, die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus zu verwischen. Dem sollten wir einen klaren Riegel vorschieben.“
Ein Ziel der Kampagne ist auch ein Stiftungsgesetz, dass die Finanzierung parteinaher Stiftungen regelt. Bemerkenswerterweise existiert das bisher nämlich noch nicht. Das wird auch vom Bund der Steuerzahler kritisiert, der einen „rechtsfreien Raum“ moniert, denn immerhin geht es hier grundsätzlich um eine Menge Geld: 2017 erhielten die Stiftungen 581 Millionen Euro. Der Betrag dürfet in den nächsten Jahren noch steigen. Und würde dann auch zum Teil für antidemokratische Zwecke benutzt. In einem Gesetz könnte aber festgelegt werden, dass Gelder nur an demokratische Stiftungen ausgezahlt werden. Denn, wie Ruprecht Polenz feststellt: „Es bedeutet nicht, eine demokratische Partei zu sein, wenn man in den Bundestag gewählt worden ist.“ Denn, so formuliert es Kübra Gümüşay ganz klar: „Die Desiderius Erasmus Stiftung stellt eine Gefahr für unsere Demokratie dar.“