Rechtsextreme Einstellungen, Rassismus, Antisemitismus oder Homo- und Transfeindlichkeit sind und bleiben ein Problem in Sachsen. Immer wieder gibt es Meldungen und Berichte über Übergriffe. Bei der Bundestagswahl 2017 erreichte die AfD in Sachsen mit 27 Prozent mehr als doppelt so viele Stimmen wie im bundesdeutschen Durchschnitt. Auch bei der Europawahl im Mai 2019 erreichten die Rechtspopulist*innen die meisten Stimmen. Menschen, die sich für Demokratie und Gleichstellung einsetzen, stehen vor einem Problem. Auch die RAA: „Viele im Umfeld des Vereins fragten uns damals, wie die Ergebnisse einzuordnen, zu interpretieren und zu erklären seien. Fragen wie: ‚Ticken wirklich alle Sachsen so?‘, ‚Woher kommen diese Einstellungen, und wie sieht Sachsens Zukunft aus, wenn sich diese Einstellungen mehrheitlich durchsetzen?‘ waren an der Tagesordnung.“
20 Menschen wurden für die aktuelle Studie interviewt: „Ohne Anspruch auf Repräsentativität legt die Studienmethodik den Fokus auf die subjektiven Eindrücke der Interviewpartner*innen, die Rückschlüsse auf gesellschaftliche Zusammenhänge zulassen und uns Aufschluss darüber geben, welche Themen die Menschen in Sachsen ‚umtreiben‘.“
Die meisten Befragten sind sich einig, dass es eines „Imagewandels“ bedarf. Viele sehen einen Gegensatz zwischen der öffentlichen Wahrnehmung Sachsens und der eigenen Lebensrealität. Dabei scheint es auch klar zu sein, dass in Sachen Demokratieverständnis auch 2019 noch einiges nachzuholen ist. Die Gründe dafür sind vielfältig und komplex. Da sind beispielsweise negative wirtschaftliche Erfahrungen nach der Wiedervereinigung oder die Abwanderung vor allem aus dem ländlichen Raum: „Die Wende wird von vielen Menschen in Sachsen vor allem mit dem Kapitalismus und weniger mit der Demokratie verbunden.“
Dass der Freistaat vor gesellschaftlichen Herausforderungen steht, bleibt dabei nicht verborgen. Die Befragten fordern „zielgerichteter Kooperationen zwischen Kreativen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik.“ Gerade die von vielen wahrgenommen Spaltung der Gesellschaft – die sicherlich nicht nur Sachsen betrifft – wird dabei nicht unbedingt nur negativ bewertet sondern scheint auch Chancen zu bieten: „Die aktuellen gesellschaftlichen Konflikte führten […] zu einer willkommenen Politisierung, die die Chance berge, neue Handlungsspielräume zu eröffnen sowie einen größeren Teil der Bevölkerung gesellschaftlich zu mobilisieren,“ so einer der Befragten.
Interessant ist, dass Sachsen und Sächsinnen ihr Bundesland oft anders sehen als der Rest der Republik. Interviewpartner*innen nehmen das Land als „zurückhaltend, manchmal etwas (zu) träge und gemütlich“ wahr. Das steht im Gegensatz zur permanent grölenden Pegida-Bewegung, die mit Hass und Halbwahrheiten seit Jahren rassistische Stimmung verbreitet. Im Rest des Landes sind es auch die montäglichen Bilder aus Dresden, die das Bild von Sachen prägen. Das bleibt auch in der Studie nicht verborgen: „PEGIDA und die AFD sind eine Gefahr für die öffentliche Wahrnehmung Sachsens“, so eine befragte Person. Das ist sicherlich nicht falsch, nimmt aber nicht die Menschen wahr, die von Rassismus und Ausgrenzung tatsächlich betroffen sind. Menschenfeindliche Einstellungen sind eben genau das: menschenfeindlich. Sie betreffen real existierende Personen und sind nicht nur „Imageschaden“.
Hier gibt es die Studie zum Download. Weitere Informationen finden Sie hier.
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