Niekisch war 1918/19 Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates der Münchener Räterepublik und später Abgeordneter der USPD im Bayrischen Landtag. Nach 1923 wandte er sich vom Marxismus ab und wurde zum Sprecher der nationalistischen Strömung der Jungsozialisten, die im „Hofgeismarer Kreis“ zusammengeschlossen waren. 1926 verließ er die SPD. Die von Niekisch herausgegebene Zeitschrift „Widerstand“ wurde zum publizistischen Forum jener extrem Rechten Intellektuellen wie Ernst Jünger, Friedrich Hielscher und Franz Schauwecker, die für einen Wiederaufstieg Deutschland aus der „Schmach von Versailles“ ein Bündnis mit dem bolschewistischen Russland suchten. Über Jahre beeinflusste Niekisch den linken Flügel der NSDAP um Gregor Strasser. Er gilt als einer der Köpfe des so genannten Nationalbolschewismus, der die politischen Methoden der Bolschewiki (wie Militarisierung der Gesellschaft und Planwirtschaft) mit nationalistischer Mobilisierung und Führerkult zu verbinden suchte.
1937 wurde Ernst Niekisch von der Gestapo verhaftet und 1939 vom Volksgerichtshof zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilt. Im April 1945 befreite ihn die Rote Armee aus dem Zuchthaus Brandenburg, wo auch Erich Honecker und Robert Havemann einsaßen. Niekisch trat der KPD/SED bei und vertrat dort extrem nationalistische und antiwestliche Positionen. Im Frühjahr 1948 wurde er Professor für Imperialismustheorie an der Ostberliner Humboldt Universität. Nach dem Arbeiteraufstand in der DDR am 17. Juni 193 legt er seine Ämter nieder, verlässt 1955 die SED und übersiedelt 1963 nach Westberlin, wo er 1967 stirbt.
Niekisch kritisierte den Nationalsozialismus in seiner Bewegungs- und Aufstiegsphase von rechts ? seiner Meinung trat Hitler zu legalistisch auf und nahm zu viele taktische Rücksichten. Sein Buch Hitler ? ein deutsches Verhängnis (1932) ist Niekisch nach dem Krieg zu Unrecht als Antifaschismus ausgelegt worden. Heutige „Nationale Sozialisten“ berufen sich oft auf Niekisch. Seine Schriften werden in der neonazistischen Zeitschrift Fahnenträger nachgedruckt, und Niekisch-Zitate schmücken Transparente bei rechtsextremen Demonstrationen.
Literatur
| Das Buch Ernst Niekisch – Völkischer Sozialismus, nationale Revolution, deutsches Endimperium von Michael Pittwald (Köln 2002)
| Das Buch Das Prinzip Widerstand: Leben und Wirken von Ernst Niekisch von Birgit Rätsch-Langejürgen (Wiesbaden 1997)