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NPD führerlos Holger Apfel tritt als Bundesvorsitzender zurück

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Da war die Stimmung noch gut: Holger Apfel kichert mit Matthias Faust in Dresden 2009. (Quelle: ngn/sr)

Schon als Schüler arbeitete Holger Apfel beim NPD-nahen „Studentenbund Schlesien“ mit. Als 18-Jähriger trat der Abiturient 1988 in die NPD und in deren Jugendorganisation, die Jungen Nationaldemokraten (JN), ein. Von 1990 bis 1997 war er in Hildesheim Kreisvorsitzender und gehörte von 1993 bis 1997 dem Niedersächsischen Landesvorstand an. Als dessen Vorsitzender von 1990 bis 1994 baute er die JN zur stärksten Landesstruktur auf. 1992 wurde er stellvertretender JN-Bundesvorsitzender und 1994 JN-Bundeschef (bis 1999).

In der Partei gehörte Apfel bis 2009 zu den Getreuen des NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt. Gemeinsam setzen sie nach dessen Amtsantritt 1996 die strategische Neuausrichtung und ideologische Umorientierung durch, also die Zusammenarbeit mit militanten Neonazi-„Kameradschaften“ und die Betonung eines völkisch-sozialistischen Profils.

Umgekehrt schwärmte Voigt: Apfel sei der „Wiederaufbau“ der JN gelungen. Seit 1993 ist er im NPD-Parteivorstand. Der gelernte Verlagskaufmann wird 1996 Chef des chronisch defizitären Parteiverlages, mit dem er 2000 aus Bayern ins sächsische Riesa umzieht. Die Deutsche Stimme gewinnt unter ihm deutlich an Profil, den Verlag führt Apfel – unter anderem durch den Ausbau des Versandgeschäfts – in die Gewinnzone.

Von Riesa aus baut Apfel den sächsischen NPD-Landesverband aus. Seit 2002 ist er stellvertretender Landesvorsitzender. Im „Nationalen Bündnis Dresden“ gelingt es ihm 2003, die extrem rechte Szene der sächsischen Landeshauptstadt zu einen. Mit ihm als Spitzenkandidaten gelingt 2004 der Einzug in den Landtag – für die NPD der erste Wahlerfolg seit Jahrzehnten.

Im sächsischen Landtag gibt sich Apfel – gegenüber den Verwaltungsangestellten – höflich. Ganz der Parteilinie folgend, will er sich als Vertreter der „einfachen Arbeiter“ und der „enttäuschten Arbeitslosen“ gerieren. Im Plenarsaal dagegen tritt der gelernte Verlagskaufmann kämpferisch auf. „Klamauk um des Klamauks willen“ lehne er ab, denn: „Wir werden daran gemessen, was wir zur Lösung der sozialen Fragen beigetragen haben“.

Klamauk nein, „kalkulierten Tabubruch“ ja, das ist Apfels Devise im Landtag. Am 9. Mai 2007 schimpfte er dort: „Wer nur noch – völlig unterschiedslos – ‚Menschen‘, aber keine Deutschen mehr kennt, den kann es auch nicht empören, wenn er (…) verarmte deutsche Rentner in Mülleimern nach Pfandflaschen angeln sieht, während hinter ihnen staatsalimentierte orientalische Großfamilien (…) daherstolzieren!“. Nichts hält der Parlamentarier von der parlamentarischen Demokratie: „Wir sind nicht der Reparaturbetrieb eines untergehenden Systems“.

2008 entzweien sich Holger Apfel und Udo Voigt. Apfel hat selbst Machtambitionen und kritisiert Voigts Agieren im Finanzskandal um den ehemaligen Schatzmeister Erwin Kemna und erkennt, dass die NPD ohne strategische Neuausrichtung bestenfalls stagnieren wird. Apfel unterstützt 2009 die Kandidatur von Udo Voigt, Fraktionsvorsitzender de NPD Mecklenburg-Vorpommern, für den Parteivorsitzt – aber Voigt setzt sich durch. Apfel kandidierte daraufhin nicht wieder für den NPD-Vorstand, zieht sich formell aus der Bundespolitik zurück. 2009 gelingt es der sächsischen NPD unter Holger Apfel, bei der Landtagswahl zwar Verluste, aber immer noch 5,6 Prozent der Stimmen zu erlangen. Damit zieht die NPD erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zum zweiten Mal in Folge in einen Landtag ein. Hierfür plakatiert die NPD „schwarz-rot-gold“ statt der Neonazi-Reichsfarben „schwarz-weiß-rot“, und der Slogan ist „Sachsens starke Rechte“. Holger Apfel steht für eine neue Verpackung der alten, rechtsextremen Inhalte. Apfel, der PR jeder Art aufgeschlossen ist, gehört auch zu den NPD-Politikern, die seit 2010 intensiv das Internet und die Sozialen Netzwerke nutzen, um neue Wähler anzusprechen und alte zu halten. Hier engagiert er sich etwa sehr in den erschreckend erfolgreichen rechtsextremen Online-Kampagnen gegen „Kinderschänder“ und gegen den Euro.

Beim Bundesparteitag im November 2011 schlägt Holger Apfels politische Stunde: Mit 60 Prozent der Delegiertenstimmen wird er zum NPD-Bundesvorsitzenden gewählt. Seinen angestrebten Kurs beschreibt er als „seriöse Radikalität“.

Holger Apfel ist verheiratet mit Jasmin Apfel, die in der NPD-Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“ aktiv ist. Mit ihr hat er drei Kinder, die er gern im Dienst seines vermeintlich bürgerlichen Auftretens etwa in den sozialen Netzwerken zur Schau stellt. 

Originaltext vom 02.05.2008Aktualisiert am 14.11.2011

Am 10.08.2012 verlässt laut Presseberichten Jasmin Apfel ihren Mann Holger und auch die NPD, um sich neu zu orientieren. Allerdings kommen sie wenige Monate später wieder zusammen.

Aktualisiert am 10.08.2012

Am 19.12.2013 tritt Holger Apfel als NPD-Bundesvorsitzender zurück. Offiziell verlautbart NPD-Pressesprecher Frank Franz, Grund sei eine Erkrankung, die Apfel auch sein Amt als NPD-Fraktionschef im Sächsischen Landtag aufgeben lässt. NPD-Abgeordenter Jürgen Gansel spricht gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ von „Burn-Out“.

Parteiintern gilt Apfel als gescheiterter Bundesvorsitzender. Es gelang ihm nicht, sein Konzept des „radikalen Seriösität“, mit dem er in Sachsen Erfolge feierte, auf Bundesebene zu übertragen. Parteiinterne Kämpfe schwächten seine Position. Allerdings ging Apfel aus einer Kampfabstimmung im April 2013 noch als Sieger hervor. In Apfels Amtszeit fallen zahlreiche Landtagswahlen (Thüringen, Saarland, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen) und eine Bundestagswahl 2013, bei denen der NPD kein Einzug in Parlamente gelang, sowie das NPD-Verbotsverfahren, dass die Bundesländer Anfang Dezember beim Bundesverfassungsgericht eingereicht haben. Vor der Europawahl 2014 zeigt sich die Partei zerstritten wie selten zuvor. Auch die finanziellen Probleme der NPD haben sich unter Apfel nur verschärft – soweit, dass die Partei aktuell keine Gelder mehr aus der Parteienfinanzierung erhält. Wegen Fehlern in ihrem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2007 muss die rechtsextreme Partei nämlich eine Strafzahlung von 1,27 Millionen Euro leisten. Dieses Geld darf der Bundestag nun von anstehenden Raten der staatlichen Parteienunterstützung für die NPD abziehen. Eine weitere Stundung lehnte das Bundesverfassungsgericht im November 2013 ab.

Aktualisiert am 19.12.2013

Nach Holger Apfels Rücktritt arbeitet die rechtsextreme Gerüchteküche auf Hochtouren. Angeblich sei der eigentliche Grund des Rücktritts Druck aus der NPD, dass Apfel sich einem jungen Kameraden sexuell übergriffig genähert hätte. Teile der Führungsspitze legen ihm einen Parteiaustritt nahe – andere NPD-Kader sogar Übleres. Apfel bestreitetr die Vorwürfe.

Aktualisiert am 24.12.2013

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