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NPD in Niedersachsen Der verlorene Kampf um das eine Prozent

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NPD-Kundgebung in Stade (Quelle: recherche-nord)

Ausgerechnet in ihrem Stammland hat die NPD mit Auflösungserscheinungen zu kämpfen: Hier wurde die rechtsextreme Partei 1964 gegründet – und hier wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt, in den sie aller Voraussicht nach nicht einziehen wird. Die zu erwartende Schlappe wäre nur die Spitze des Eisbergs an Problemen, mit der die Partei hier zu kämpfen hat. Doch der Reihe nach.

Vor dem Beginn der heißen Wahlkampfphase hatte Patrick Kallweit, Pressesprecher der NPD Niedersachsen, noch vollmundig behauptet: „Die NPD wird am 20. Januar flächendeckend wählbar sein.“ „Flächendeckend“ scheint ein dehnbarer Begriff zu sein: Bei der Landtagswahl 2008 präsentierte sich die Partei noch mit insgesamt 40 Kandidatinnen und Kandidaten. Vier Jahre später sind es gerade einmal 17. Etliche der NPD-Bewerberinnen und Bewerber waren an den 100 nötigen Unterschriften gescheitert, die gebraucht werden, um für die Wahl zugelassen zu werden. Unter den Gescheiterten waren auch so prominente Köpfe wie Ricarda Riefling, ehemalige Vorsitzende des NPD Unterbezirks Oberweser. Mittlerweile hat Riefling ihre Aktivitäten ohnehin nach Rheinland-Pfalz verlagert – dennoch ist dies eine herbe Niederlage für den Unterbezirk.

Zerstrittene Partei, flüchtende Mitglieder

Neben der Unfähigkeit, genügend Unterschriften zusammen zu bekommen, quälen die NPD in Niedersachsen noch ganz andere Sorgen. So sollte die Wahl eines neues Vorstands beim Landesparteitag 2011 ein Aufbruchssignal geben. Stattdessen wurde deutlich, dass Personalchaos herrscht: Denn schon im Februar 2012 schmiss der frisch gewählte Landesvorsitzende Christian Berisha seinen Posten hin, ebenso der Landesschatzmeister Denny Naterski und bereits erwähnte Ricarda Riefling, zu jener Zeit Pressesprecherin. Berisha wurde kommissarisch durch Manfred Börm ersetzt. Doch das Personalkarussell sollte sich noch weiter drehen: Auch Landesgeschäftsführer Malte Holzer trat zurück, dann verließ Stefan Klingbeil seinen Vorstandsposten.

Zeitweise konnte man da schon einmal den Überblick über das niedersächsische NPD-Personal verlieren. (Ausführlich informiert „recherche-nord“ über das Personaltableau der NPD) Der kommissarisch agierende Vorstand steht vor einer zerstrittenen Partei. Die Mitlieder sahen das anscheinend genauso: Mittlerweile sollen nur noch 460 einen Mitgliedsausweis haben, 2011 waren es noch 500. Da kann der aktuelle NPD-Wahlslogan „Sturmfest & erdverwachsen“ schon mal wie blanker Hohn wirken.

Aggressiv im Wahlkampf

Die Landesliste bietet kaum Überraschungen, ebenso wenig das Wahlprogramm der Partei: Unter dem Titel „Unser Weg für Niedersachsen“ geht es um „Euro-Wahnsinn“, „die anhaltende Überfremdung der Großstädte“ und „Wirtschaftspolitik aus nationaler Sicht“, wie NPD-Spitzenkandidat Adolf Dammann aufzählt. Mit diesem Programm reiste die Partei auch auf der so genannten „Niedersachsentour“ durchs Land – ein Schlag ins Wasser, denn die Schlagzeilen, die sie dabei produziert, hat sich die NPD wohl so nicht gewünscht. Zum einen hatten die rechtsextremen Wahlkämpfer mit engagierten Gegenprotesten zu kämpfen, sei es nun in Salzgitter, Goslar oder Braunschweig. Dabei hatte die Partei die Wahlkampftermine wieder extra kurzfristig veröffentlicht, um die Organisation der Gegendemonstrationen zu verhindern.

Zum anderen bleibt der Eindruck einer Partei, die immer aggressiver um sich tritt, je verzweifelter die eigene Lage ist. So machten Anfang der Woche Meldungen die Runde, der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke habe am Rand einer Wahlkampfveranstaltung in Lingen mit einem Regenschirm auf einen Gegendemonstranten eingeschlagen. Der Vorfall wurde von einem Lokalsender gefilmt. Gegen Schmidtke, der eigentlich zur Unterstützung angereist war, aber auch gegen zwei Gegendemonstranten wird nun ermittelt. Pressesprecher Kallweit erhielt unterdessen eine Strafanzeige, weil er den Goslaer Stadtrat Ulrich Heinemann auf seiner Facebook-Seite beschimpfte: „Ulrich Heinemann ist ein schäbiger Lügner und Charakterlump! Pfui Teufel, Herr Heinemann! Und sowas will ein Volksvertreter sein.“

Ein Flaggschiff steckt fest

Auch der Werbe-LKW der NPD, „Flaggschiff“ genannt, sorgte für Ärger: Nach einem Auftritt in Osterode sollte es eigentlich weiter nach Northeim gehen – doch der Laster blieb unter einer Brücke stecken. „NPD Desaster mit dem Laster“ titelte der NDR und unkte: “ Vielleicht hätten die NPD-Wahlkämpfer doch besser frühzeitig links abbiegen sollen.“ Ein paar Tage später folgte ein Brandanschlag auf das Flaggschiff und zwei weitere NPD-Fahrzeuge. Für die Polizei ist noch vollkommen offen, wer der oder die Täter sind – während die NPD den „politischen Gegner“ vermutet, machen im Internet Gerüchte um Versicherungsbetrug die Runde.

So oder so: Die „Propaganda-Offensive“, die die NPD selbst ankündigte, scheint gescheitert. Ebenso vollmundig war die von den Jungen Nationaldemokraten (JN) herausgegebene „Schulhof-CD“ als erstes Werbemittel der „heißen Wahlkampfphase“ angekündigt worden. 20.000 Stück sollte es davon geben. Tatsächlich aber erhielt jeder Landesverband nur 1.000 bis 2.000 CDs. Zudem sorgte das Machwerk für Ärger: Zuletzt untersagten die Behörden in Rotenburg/Wümme die Verteilung, da darauf das JN-Bundeslied „Unsere Stunde die wird kommen“ verwendet wird. „recherche-nord“ dazu: „Dieses findet sich ebenfalls auf einem Tonträger des neonazistischen Liedermachers Frank Rennicke, welcher indiziert wurde.“

Im Schatten eines möglichen Verbotsverfahrens

Alles in allem ist es mehr als unwahrscheinlich, dass der NPD der Einzug ins niedersächsische Parlament gelingt. Verzweifelt versucht die Partei, die 1 Prozent-Hürde zu knacken – nur so wäre die Teilnahme an der staatlichen Parteienfinanzierung garantiert. Für die chronisch klamme NPD eine wichtige Finanzspritze. Doch es könnte knapp werden: Bereits 2008 erreicht die Partei „nur“ 1,5 Prozent – und das vor den Personalquerelen und dem Mitgliederschwund.

Zudem hängt das drohende Verbotsverfahren wie ein Damoklesschwert über der Partei. So berichtet NDR-Info, dass NPD-Helfer dieser Tage in Niedersachsen oft zu hören bekämen: „Warum soll ich eine Partei unterstützen, die sowieso bald verboten wird?“

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