Die NPD gibt gern die Kümmererpartei. In Berlin zwar – aufgrund fortlaufender personeller Querelen und miserabler Organisation – weniger erfolgreich als in anderen Bundesländern, aber das Image möchten die Rechtsextremen auf alle Fälle behalten. Darauf zielt „Zukunft statt Arbeitsamt“ – wer da eine Zukunft haben soll, zeigt das Bild: Blonde, hellhäutige Kinder. Denkfehler allerdings: Zukunft haben die so oder so. Aber ob sie auf dem Arbeitsamt landen oder vielleicht lieber in der Schule aufpassen und einen guten Job bekommen, kommt auf den Einsatz ihrer Eltern und schlaue Schulkonzepte an – nicht auf die NPD. Was angedeutet wird: Es gäbe keine Arbeitsplätze mehr für „deutsche“ Kinder – das ist dann schon wieder Rassismus, den haben wir auf BTN gestern getrennt betrachtet, weil der Rassismus im NPD-Wahlkampf 2011 so eine zentrale Rolle einnimmt.
Eine Variation des „(Keine) Arbeit“s-Themas, die aber ein Schlaglicht auf die Argumentation gibt: Woher kommt für die NPD die Armut, die offenbar aus der mangelnden Arbeit resultiert? Rechts oben steht es: „Lohndrücker stoppen“. In Mecklenburg-Vorpommern hatte ein ähnliches Plakat eine deutlich polenfeindliche Komponente – in Berlin kann es rassistisch weiter gefasst und auch als Politik-Schelte gelesen werden.
Dieses Plakat hängt aktuell zwar in Berlin, stammt aber von der NPD Sachsen-Anhalt und wird nun im Abgeordnetenhauswahlkampf „recycelt“. Hier wird versucht, die Freiheitsbewegung der DDR-Bürgerinnen und -Bürger zu instrumentalisieren. Damit geriert sich die NPD als unterdrückte Minderheit, die nach Freiheit strebt – obwohl sie ideologisch doch wie keine andere Partei Diskriminierung, Unterdrückung und Entrechtung von Menschen, die ihr nicht passen, zum Programm macht. „Wir sind das Volk“, der Ruf nach Freiheit und Souveränität in der DDR, bekommt im NPD-Zusammenhang eine völkische, ausschließende Komponente – nicht explizit, aber implizit. Und was die „Unterdrückung“ der NPD angeht: Volksverhetzung und Holocaustleugnung sind Straftatbestände und damit verboten – alles andere darf die NPD ja veranstalten, was Gerichte auch immer wieder bestätigen. Wenn sie dazu nicht Ressourcen von Privatleuten oder Unternehmen benötigt – die sind nämlich ebenso frei, sich zu entscheiden, die NPD nicht durch Dienstleistungen, Gaststättenräume oder Webspace zu unterstützen.
Die NPD will die Demokratie abschaffen und macht deshalb Stimmung nicht nur gegen ihre Inhalte und Werte, sondern auch gegenüber ihren Organen, wie den Parteien und Parlamenten. Hier geriert sie sich als „ehrliche“ Alternative, die fordert „Politiker-Schweinereien abstrafen“. Mitschwingen soll auch: Bisher sei das nicht der Fall – PolitikerInnen dürften machen, was sie wollten. Das ist Populismus, der auch an Stammtischen reproduziert wird.
Die Europäische Union ist der deutschland-fixierten NPD ein Dorn im Auge (auch schon in Mecklenburg-Vorpommern). Hier geht es nun konkret gegen die gemeinsame Währung: Mit „Raus aus dem Euro“ bietet die NPD scheinbar eine einfache Lösung für ein Problem an, dass vielen diffuses Unbehagen bereitet – auch, weil es selbst für Experten schwer zu durchschauen ist. Für die NPD ist die Losung so ein leichtes Spiel: Sie bedient populistische Ideen, die Deutschland durch den Euro ausgenutzt sehen, ohne Alternativen anbieten zu müssen.
Die NPD kann aber auch Wahlkampf ganz ohne Inhalte. Eine Variante des inhaltsleeren Wahlkampfes zeigt NPD-Neukölln-Mann Jan Sturm: „Ich sage, was Sie denken.“ Erstens: Nein. Und zweitens: Was denn? Natürlich soll diese Botschaft darauf zielen, dass Sturm sich zu sagen traut, was andere nur zu denken wagen. Aber was das sein soll, überlässt der NPD-Rocker den Gedanken des Betrachtenden?
Abteilung inhaltsleer auch hier: Wogegen boxt die junge Dame mit den silbernen Handschuhen? Hier kann sich der Betrachter oder die Betrachterin selbst ausdenken, wogegen sich wohl gewehrt werden muss. Impliziert wird der Gedanke zur „Protestwahl“ gegen das „System“. Zum Glück wehren sich viele auch gegen die NPD-Inhalte (und -Plakate).
Wer sich in Geschichte auskennt, den erinnert das Plakat allerdings vielleicht auch an die von der NSDAP verbreiteten Plakate „Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ (vgl. hier) – und dann kann man darüber gar nicht mehr lachen, sondern hat einen äußerst bitteren Beigeschmack.
An Inhaltslosigkeit übertroffen hat sich die NPD allerdings mit diesem Plakat: „Jetzt hilft nur NPD“. Wieso jetzt? Wogegen? Oder wofür? Oder wobei? Dieses Plakat impliziert: „Wir wollten gern unser Logo auf eine große Pappe drucken. Dazu eine so inhaltleere Aussage, dass wir sie für die nächsten zehn Wahlen wiederverwenden können.“ Das hat geklappt.
Ein bisschen allerdings spielt das letzte Plakat auf diffuse Ängste an. Dabei sind diffuse Ängste in diesem Abgeordnetenhauswahlkampf in Berlin 2011 eigentlich das Metier der rechtspopulistischen Parteien. Deren Plakate betrachtet Belltower.news morgen.
Mehr auf netz-gegen-nazis.de:
Teil 1 zum Plakatwahlkampf in Berlin:
| NPD-Plakate in Berlin: Rassismus gegen die Bedeutungslosigkeit
Teil 3 zum Plakatwahlkampf in Berlin:
| Berlin-Wahlkampf der Rechtspopulisten: Hauptstadt der Angst oder Angst vor der Hauptstadt?
| Berliner NPD setzt bei JungwählerInnen auf neue „Schulhof-CD“ und Mandy Schmidt
| Wahlkampf in Berlin: Rechtsaußen versucht den Endspurt (Analyse)
Plakatanalysen zum Landtagswahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern:
| Atomtod und Moscheen: Was NPD-Plakate sagen und was sie meinen – Teil 2: Mecklenburg-Vorpommern