„Was würde helfen, sie wieder zu beleben?“Zunächst sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass wir auf eine gesellschaftliche Katastrophe zusteuern, wenn wir den Zustand der Konfrontation weiter verschärfen. Das heißt nicht, dass wir nun all unsere Positionen gleichsam über den Haufen werfen sollten. Es heißt, dass wir uns die Mühe machen sollten, auch andere Positionen zu verstehen, um dialogfähig zu bleiben, und um die verlorene Streitkultur wieder zu beleben, die ein demokratisches Miteinander ausmacht.
„Was hat das Internet damit zu tun?“Zweierlei: Einerseits die Möglichkeit, anonym fast jeden jederzeit mit der eigenen Meinung konfrontieren zu können, über die sich ungeschützt Ablehnung und Hass entladen kann, der für den Absender folgenlos bleibt. Politische Gruppen sind damit im Netz fast unkontrolliert kampagnenfähig, wenn es darum geht Andersdenkende zu diffamieren. Zum anderen verstärkt der eigene Resonanzraum, der Widerhall in der eigenen Blase, die Abgrenzungswucht gegenüber denjenigen, deren Meinung ich nicht teile. Obwohl das Netz unbeschränkte Möglichkeiten zu Kommunikation und Debatte bietet, verstärkt es deshalb nach meiner Erfahrung eher die gesellschaftliche Spaltung, als dass es sie hilft zu überwinden. Das Ringen um Bestätigung für die eigenen Position wird im Netz umso stärker belohnt, je stärker die Abgrenzung, und damit leider oftmals auch die Abwertung, gegenüber anderen Gruppen erfolgt.
Olaf Sundermeyer ist ein deutscher Journalist und Autor mehrerer Bücher. Seine Stammredaktion ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg. Hier widmet er sich besonders den Themen innere Sicherheit, Extremismus und dem Erstarkten des Populismus.
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