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Partystimmung mit rechten Tönen Fußball als rechte Erlebniswelt

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?Während ganz Europa aus der Atomkraft aussteigen will, bauen die Polen auf UNSEREM Gebiet neue Atomkraftwerke?. Es ist ein sonniger Mittwochabend und in der Tram zum Sportforum Hohenschönhausen unterhalten sich drei Fans des BFC Dynamo über Atomkraft. Dann sprechen sie über ein anderes Thema: über die gescheiterte rechtsextreme Demonstration am Samstag in Berlin-Kreuzberg. Sie unterhalten sich darüber, dass ?natürlich wieder die bösen Nazis an allem Schuld? waren, und darüber, dass ?wir unser Demonstrationsrecht? dort hätten durchsetzen müssen. Während des Gesprächs schwärmt einer der drei seinen Kameraden von einem Video aus Schweden vor, das er im Internet gesehen hat. Dort hätten Neonazis mit Fahnenstangen und Knüppeln auf ?Zecken? eingeprügelt und so ihr Demonstrationsrecht ?durchgesetzt?. ?So müssen wir dass das nächste Mal auch machen!?, sagt der Dynamo-Fan gleich zweimal begeistert. Einer seiner Zuhörer trägt ein Basecap mit zahlreichen Buttons und eine Sonnebrille. An den Füßen hat er weiße Socken der Marke Consdaple oder Londsdale. Von der Aufschrift ist nur die Buchstabenkombination NSDA(P) zu lesen. An der Haltestelle vor dem Eingang zum Sportforum steigen die Drei aus und verschwinden in der Masse der Dynamo-Fans.

Mehr als 2.000 Besucher haben sich an diesem warmen Frühlingsabend im Stadion eingefunden. Für einen kleinen Verein wie den BFC Dynamo eine großartige Zuschauerzahl. Die Dynamo-Fans haben hier ein Heimspiel und geben dementsprechend auch den Ton an. Auf den Rängen feiern sie fast ununterbrochen sich und ihren Verein, der auch auf dem Platz dominiert. ?Dynamo! Dynamo!? dröhnt es immer wieder rhythmisch von den Rängen, wenn die Spieler des BFC nach vorne stürmen. Auch zahlreiche Fangesänge werden immer wieder angestimmt – beispielsweise eine auf den Verein umgedichtete Version des Klassikers ?Que sera, sera?, oder eine mit einem neuen Text versehene Version eines kommunistischen Kampfliedes aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Doch unter die Anfeuerungsrufe und Fangesänge mischen sich auch rechte Töne und Untertöne. So feiert ein Dynamo-Fan ein Tor seines Vereins mit den Worten ?Sieg Heil ist das denn!? Und einige BFC-Anhänger beschimpften die Türkiyem-Spieler und ? Fans als ?Kanacken?. Auch der Wunsch nach ?Zyklon B für Sch**ss Union?, der in einem Fangesang geäußert wird, lässt an Deutlichkeit und Geschmacklosigkeit wenig zu wünschen übrig. Ebenso wie der an die türkischen Fans gerichtete Gesang ?Ein Leben lang, keine Vorhaut in der Hand?. Beide Gesänge gehen von einer Gruppe BFC-Fans auf der Haupttribüne aus und verbreiten sich dann weiter im Stadion.

Im Gästeblock haben sich derweil nur wenige Türkiyemspor-Fans eingefunden. Sie verhalten sich das ganze Spiel über völlig still. Gesänge und Sprechchöre sind aus diesem Teil des Stadions keine zu hören. Man sieht hier auch keinerlei Fahnen oder Transparente. Auch sind im Stadion und in dessen unmittelbarer Umgebung keine Türkiyem-Fans zu sehen, die Trikots oder Shirts in den Farben ihres Vereins tragen.

Stattdessen sieht man überall die weinroten Trikots oder Shirts des BFC Dynamo. Und auch hier gibt es Brauntöne. ?Biologischer Widerstand- f***en für Deutschland? ist beispielsweise auf einem T-Shirt, das in den Vereinsfarben des BFC gehalten ist, zu lesen. Rechtsextreme sehen sich gerne im Widerstand gegen den ?Volkstod? durch ?Überfremdung?, da sie das Deutsch-Sein rein biologisch definieren. Auch ein weinrotes Shirt mit der Aufschrift ?BFC Dynamo ? innländerfreundlich? bekommt man im Sportforum zusehen. Mit dem Begriff ?Innländerfreundlichkeit? versuchen die NPD und andere Neonazis den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit zu kontern. Gemeint ist hiermit letztendlich aber die rechtsextreme Parole ?Deutschland den Deutschen, Ausländer raus?.

Ein anderer Dynamo-Fan trägt an diesem Abend ein Trikot des italienischen Erstligisten Lazio Rom. Auf der Rückseite des Trikots stehen die Rückennummer und der Name des ehemaligen Lazio- Spielers Paolo Di Canio. Der Star des zweitgrößten italienischen Hauptstadtclubs hatte sich offen zum italienischen Faschismus bekannt und war mehrfach zu Geldstrafen verurteilt worden, weil er seine Tore mit dem ausgestreckten rechten Arm feierte. Die Fans von Lazio galten lange als Inbegriff rechtsextremer Fußballanhänger. Im Sportforum Hohenschönhausen sieht man zwischen den Trikots und Shirts des BFC aber auch Thor Steinar-Kleidung – eine Modemarke, die bei Neonazis beliebt ist, weil sie mit rechter Symbolik spielt. Sehr viel deutlicher ist da schon ein Shirt mit der Aufschrift ?Headhunter ? No Surrender?, auf dem ein SS-Totenkopf zu sehen ist. Auch dies wurde an diesem sonnigen Mittwochabend vor der Haupttribüne des Stadions gesichtet.

Als die Niederlage von Türkiyemspor in diesem Pokal-Hablfinale mehr als deutlich wird, verlassen die meisten türkischen Fans vorzeitig das Sportforum. Ebenso wie drei türkische Jugendliche, die auf der Haupttribüne Platz genommen haben. Und: wie ein türkischer Journalist, der zuvor mit einigen Dynamo-Fans über das Spiel diskutiert hatte – leidenschaftlich, mit kleinen Sticheleien auf beiden Seiten, aber niemals wirklich feindselig oder aggressiv. Die Dynamo-Fans dagegen feiern bis lange nach dem Abpfiff den Einzug ihrer Mannschaft in das Pokal-Finale. Von einer ?Partiestimmung? wird der BFC Dynamo später auf seiner Website sprechen. Tatsächlich ist vor, während und nach dem Spiel alles friedlich geblieben. Und doch mischten sich in die Partystimmung rechte (Unter)töne.

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