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Praxistipps Pädagogisches Community Management

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(Quelle: Unsplash)

Wie kann pädagogisches Community Management einen Unterschied machen? Warum und wie moderieren wir unseren Content auf dem TikTok Kanal von pre:bunk, was ist eigentlich Empowerment Speech und warum ist sie so wichtig? Und was hat das alles mit Digital Streetwork und Onlineprävention zu tun?

Warum pädagogisches Community Management?

Die Community im Blick zu behalten, für sie präsent zu sein und sie zu unterstützen, sind wichtige Faktoren in der Onlinepräventionsarbeit. Denn junge Menschen sind permanent online und sie trennen nicht zwischen der Online- und der Offline-Welt.

Das bedeutet insbesondere für pädagogische Fachkräfte, die Online-Lebenswelten gleichwertig anzuerkennen, um gute Jugend(sozial)arbeit online leisten zu können. Wie wir wissen, sind Soziale Netzwerke wie TikTok einer der wichtigsten Kommunikationskanäle für Akteur*innen aller Art, darunter z. B. auch Politiker*innen. Hier haben sie die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit ungefiltert Millionen junge Menschen zu erreichen – denn TikTok ist eine der meistgenutzten Plattformen von Jugendlichen und jungen Heranwachsenden. Dabei werden nicht nur informative und positive Inhalte verbreitet, sondern auch solche, die vor allem Wut auslösen sollen, polarisieren und damit große Reichweite erlangen. Umso wichtiger ist es, dass wir im Rahmen unserer pre:bunk-Angebote, die dem etwas entgegensetzen, ansprechbar sind, Fragen beantworten und auf Unklarheiten reagieren. Damit möchten wir junge Menschen befähigen, Falschinformationen zu identifizieren und sich medienkompetent und selbstbestimmt durch den unendlichen Stream von Kurzvideo-Content zu navigieren. Wir möchten damit aber auch alle pädagogischen Fachkräfte ermutigen, sich online in sozialen Medien zu bewegen und diese Lebenswelt von Heranwachsenden neugierig zu erkunden, insbesondere TikTok.

Kommunikation und Interaktion in der Community

Wir interagieren aktiv mit den User*innen und nehmen uns die Zeit, Bedürfnisse und Anliegen zu verstehen. Wir beziehen Nutzer*innen in die Diskussionen ein, beantworten ihre Fragen, fördern das Networking untereinander, begleiten Konflikte und moderieren Trolling. Außerdem ist es wichtig, alle Beiträge und Erwähnungen zu sichten, positive Kommentare zu liken und – falls angebracht – mit einem passenden Text zu beantworten.

Wir möchten im Rahmen der Präventionsarbeit ein diverses Publikum an jungen User*innen mit einer One-to-Many Ansprache erreichen und auf Augenhöhe und inklusiv mit ihnen kommunizieren, sodass sie uns ebenfalls gerne kontaktieren, wenn sie Unterstützung brauchen. Darüber hinaus bieten wir auch One-to-One Kommunikation an, wenn es erwünscht ist und darum gebeten wird. Ein Empowerment Ansatz ist wichtig für den Umgang mit unserer Zielgruppe und dennoch ist die Kommunikation in Bezug auf Grenzen ebenso wichtig. Unsere Präventionsarbeit widmet sich der Aufklärung über Radikalisierung und Desinformation auf TikTok und dafür ist ein nahbarer, aber dennoch professioneller Umgang sehr wichtig. Dazu interagieren wir sowohl mit unserem pre:bunk Kanal, als auch mit einem dazugehörigen pädagogischen Profil.

In beiden Fällen, One-to-Many und One-to-One, gelten grundlegende Kommunikations- und Interaktionsregeln:

  • direkte Ansprache
  • auf Augenhöhe
  • konstruktiv
  • einfach, inklusiv
  • interessiert, nachfragend
  • reaktiv auf Community (Q&A)
  • Machtebenen benennen
  • Ehrlichkeit und Grenzen
  • unterstützend, empowernd
  • Netiquette beachtend

Unsere Art der Kommunikation und Interaktion in der Communitybeschreiben wir in ihrer Gesamtheit als Empowerment Speech mit präventiv-pädagogischem Auftrag. Sie unterscheidet sich z. B. von klassischer Counter-Speech und/oder Gegenrede sowie von einer Moderation, die eher ermahnend, löschend und Diskussionen verhindernd arbeitet. Sie basiert auf dem Konzept der Empowerment-Moderation von Marc Ziegele und Dominique Heinbach. Inspirierende und kreative Unterstützung für unsere Moderation holen wir uns außerdem gerne von unseren Kolleg*innen aus dem Projekt civic.net über den ModSupport.

Pädagogischer Auftrag Onlineprävention

In der pädagogischen Kommunikation – egal ob One-to-Many oder One-to-One – greifen auch im Rahmen des Communitymanagements die Minimalstandards, welche wir uns im Projekt pre:bunk gesetzt haben.

Wir arbeiten auf Augenhöhe und akzeptierend: Wir nehmen unsere Adressat*innen ernst in ihren Anliegen, in der Krise und auch in dem Zustand, in dem sie sich befinden und bemühen uns mindestens darum, dass die Situation sich nicht verschlechtert.

Wir verstehen uns als Digital Streetworker*innen und sehen uns in der professionellen Tradition des Streetworks: Wir respektieren die Regeln, die Standards und auch die Geschichte, aus der sie kommt und tragen diese weiter in einen gesellschaftsrelevanten Raum im Internet – TikTok.

Als Digital Streetworker*innen verstehen wir uns als eine menschenrechtsorientierte Profession: Wir wissen um die Vulnerabilität der Zielgruppen in unserer Arbeit sowie um die Extraktionsmechanismen von Plattformen und um die Datenerzeugung, die wir mit erstellen. Wir sehen Datenschutz nicht individuell, sondern kollektiv. Wir lobbyieren daher für mehr Schutz von vulnerablen Gruppen, die von neuen Technologien und ihren ausbeuterischen Mechanismen meist im Negativen betroffen sind und selten von ihr profitieren. Menschenrechte gelten für unsere Profession des Digital Streetworks auch im Netz und durch uns erfahren sie eine aktive Vertretung, insbesondere in der Netzpolitik.

Wir verstehen uns bei allem, was wir im Rahmen des Digital Streetwork tun als medienbildnerisch und demokratievermittelnd: Wir tragen dazu bei, dass soziale Normen in ungesteuerte digitale Räume kommen. Wir arbeiten partizipativ, vermittelnd, intervenierend, erklärend oder auch präventiv. Wir arbeiten für den digitalen gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Konflikte, Trolling, Regeln & Co.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten auf provozierende, beleidigende oder störende Kommentare zu reagieren, denn einheitlichen Richtlinien, die auf jeden Fall zum Erfolg führen, sind nicht bekannt. Zuerst ist es wichtig, zu erkennen, ob es sich um einen Fake-Account, Bot oder wirklich einen Troll handelt. Und, ob die Person wirklich trollt oder vielleicht nur unzufrieden ist, aber echtes Interesse an Austausch hat oder sich z. B. auf diese Art mitteilen will. Die Möglichkeiten sind vielfältig und je nach Einzelfall auch unterschiedlich zu bewerten: Will ich der Person Aufmerksamkeit schenken und ihr somit auch mehr Reichweite geben oder soll ich sie rigoros blocken? Bringt es der Community einen Mehrwert? Kann ich der Person eventuell im Sinne von pädagogischer Arbeit helfen oder muss ich das sogar, um unseren Projektzielen gerecht zu werden? Oder ist es an diesem Punkt wichtiger, die Community und/oder einzelne Nutzer*innen zu schützen?

Für unser Projekt ist es wichtig einen guten Mittelweg zwischen Rigorosität und Hilfsangebot zu finden, da wir nicht allein ein klassisches Community-Management betreiben, sondern auch einen pädagogischen Auftrag haben. Hier gilt es immer gut abzuwägen, welchen Weg wir einschlagen. Es gibt für uns keine klare Anleitung und nicht die eine Vorgehensweise. Einen Rahmen bietet unsere Netiquette, denn in unserem Fall ist es besonders wichtig, klare Regeln festzulegen. Aufgrund unserer spezifischen Themen und Ausrichtung der Amadeu Antonio Stiftung sind in manchen Konfliktsituationen frühzeitiges Eingreifen und Widersprechen nötig. Ein Grundsatz, der für uns gilt: „Wir diskutieren nicht mit Personen mit gefestigtem rechtsextremen Weltbildern“. Weiterhin ist es für unsere Arbeit und die Community nicht nützlich, sich auf lange Diskussionen mit Rechtspopulist*innen, Verschwörungsgläubigen usw. einzulassen, wenn klar erkennbar kein Interesse an einer Einigung besteht und Gegenargumente nicht beachtet werden. In derartigen Fällen ist es nicht mehr sinnvoll, beide Seiten in die Überlegungen einzubeziehen, die Situation aus verschiedenen Perspektiven zu verstehen, für alle Beteiligten akzeptable Lösungen zu finden und einen offenen Dialog zu fördern. Hier ist es viel wichtiger – auch im Sinne des Jugendschutzes – klare Standpunkte aufzuzeigen, falsche Behauptungen nicht unwidersprochen stehenzulassen, Grenzen zu benennen, die Community mit einzubeziehen und wenn nötig zu blocken.

Mehr Infos über Handlungskriterien des audiovisuellen Digital Streetwork und pre:bunk erfahren Sie in der aktuellen Handreichung: Better fact-checked than sorry! – prebunking und Digital Streetwork auf TikTok

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Soziale Medien Wie „Digital Streetwork“ auf TikTok funktioniert

„Prebunking“ bedeutet, präventiv Werkzeuge und Informationen zur Verfügung zu stellen, um Desinformationen zu identifizieren. pre:bunk heißt auch ein neues Projekt der Amadeu Antonio Stiftung. Auf TikTok macht pre:bunk ein Angebot zum Austausch, bietet praktische Hilfestellungen und engagierte medienpädagogische Gegenrede. Wie das funktioniert, erklären Michelle Pantke und Theresa Lehmann im Interview.

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