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Queerer Widerstand Willem Arondeus

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Willem Arondeus (links) in Aerdenhout, 1931
Willem Arondeus (links) in Aerdenhout, 1931 (Quelle: Gemeinfrei)

Willem Arondeus war 17 Jahre alt, als er sich seiner Familie gegenüber zu seiner Homosexualität bekannte. Dem jungen Mann erging es wie vielen queeren Menschen. Seine Eltern verstießen den schwulen Sohn; er hatte Zeit seines Lebens keinen Kontakt mehr zu ihnen.

Mit 13 Jahren war Arondeus an der Amsterdamer Quellinusschool,einer Kunsthochschule angenommen worden. Nach seinem Outing musste er sich alleine durchschlagen. Er arbeitete in Amsterdam und dann auch in Parisals Maler, Illustrator und Designer durch, anfangs jedoch ohne Erfolg. Seine Kunst spielte mit Elementen der Art Nouveau-Bewegung, aber auch den klaren, geometrischen Formen des Art Deco; ein weiterer Einfluss war der ebenfalls schwule Zeichner Aubrey Beardsley. 1923 bekam Arondeus den ersten wichtigen Auftrag: eine große Wandmalerei am Rathaus von Rotterdam. Von da an konnte der Kunstmaler von seinen Aufträgen leben, wenn auch noch recht spartanisch. Zudem schrieb er ab 1928 Gedichte, Kurzgeschichten und Romane, auch wenn auch hier der Erfolg vorerst ausblieb.

1932 lernte Willem Arondeus seinen Partner kennen: Jan Tijssen, Sohn eines Gemüsehändlers. Die kommenden sieben Jahre sollten sie gemeinsam im dörflichen Apeldoorn leben; Jan arbeitete als Lieferant, Willem schrieb und malte. 1939 gelang Arondeus schließlich mit seiner Biographie des niederländischen Malers Matthijs Maris der Durchbruch. Mit Maris sah er sich tief verbunden: Auch er war Künstler und Homosexueller und er hatte in der Pariser Commune für eine egalitäre Gesellschaft gekämpft.

Die Veröffentlichung der Biographie wurde überschattet von dem Einfallen der Nazis in die Niederlande: Der Blitzkrieg gegen Rotterdam von 1940 forderte über 800 Menschenleben. Ab Februar 1941 begannen die neuen deutschen Machthaber, jüdische Niederländer:innen nach Mauthausen zu transportieren und dort zu ermorden.

Anstatt sich der „Reichskulturkammer“ der Nazis anzuschließen, wurde Willem Arondeus Mitglied des Widerstands. Ab 1942 wurde er Teil des Herausgeber:innenteams um das illegal verbreitete antifaschistische Infoblatt „Brandarisbrief“. Gemeinsam mit seiner guten Freundin, der lesbischen Musikerin Frieda Belifante, schloss sich der Künstler der Widerstandsgruppe „Groep 2000“ an.

Arondeus‘ setzte seine Fertigkeiten als Illustrator ein, um falsche Identitätsnachweise für die Jüdinnen und Juden von Amsterdam herzustellen, so dass diese mittels der falschen Papiere Kontrollen und der Deportation entgehen konnten. Die Gruppe stellte tausende Fälschungen her. Eine Gefahr bei der Erstellung der falschen Ausweisdokumente bestand jedoch darin, dass im niederländischen Einwohner:innenmeldeamt von jedem Ausweis eine Kopie vorlag. Würde ein:e übereifrige:r Beamt:in – und die Nazis legten bekanntermaßen viel Wert auf ihre deutsche Gründlichkeit – sich die Mühe machen, die Daten kontrollierter, gefälschter Ausweise mit den Dokumenten im Einwohner:innenmeldeamt abzugleichen, würden sie der Fälschungsaktion auf die Schliche kommen.

Deswegen fasste die Gruppe im März 1943 den Entschluss, das Gebäude in die Luft zu sprengen – und mit ihm die Namen und Adressen aller jüdischen Bewohner:innen von Amsterdam. So würde den Nazis die Verfolgung erschwert, als auch die Existenz falscher Ausweisdokumente verschleiert.

Der Anschlag war minutiös geplant: Koen Limperg, Architekt des Gebäudes, stellte der Widerstandsgruppe einen detaillierten Grundrissplan der Räumlichkeiten zur Verfügung, so dass die Antifaschist:innen die besten Stellen, um Sprengstoff anzubringen, herausarbeiten konnten. Die Gruppenmitglieder organisierten Waffen, die sie im Keller des schwullesbischen Nachtclubs der lesbischen Barbesitzerin Bet Van Beeren versteckten – Arondeus war bei weitem nicht der einzige queere Mensch, der sich aktiv im niederländischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus engagierte.

Am Abend des 27. März 1943 versammelten sich neun Widerstandskämpfer in deutschen Polizeiuniformen vor dem Gebäude, um sich Zugang zum Amt zu verschaffen. Das Wachpersonal der deutschen Besatzer wurde mithilfe eines Schlafmittels betäubt.

Trotz der intensiven Planung konnten lediglich 15 Prozent der Registerkarten durch den Bombenanschlag vernichtet werden; aber zahlreiche antifaschistisch gesinnte Feuerwehrleute gaben sich alle Mühe, bei den Löscharbeiten zusätzlich zahlreiche Ausweisdokumente zur Unkenntlichkeit aufzuweichen oder fortzuschwemmen.

Tragischerweise wurden die Attentäter:innen an die Gestapo verraten; am 1. April 1943 wurden sie verhaftet und vor einem Standgericht zum Tode verurteilt. Arondeus versuchte, seine Genoss:innen zu entlasten, in dem er die volle Verantwortung für den Anschlag auf sich nahm. Am 01. Juli 1943 wurde Willem Arondeus im Alter von 48 Jahren zusammen mit zwölf anderen Widerstandskämpfern hingerichtet. Seine letzten Worte waren: „Lasst die Welt wissen, dass Homosexuelle keine Feiglinge sind.“

Willem Arondeus wurde 1945 posthum mit dem Widerstandsgedenkkreuz der Niederlande ausgezeichnet und 1986 von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zum Gerechten unter den Völkern ernannt. Seinem Partner, Jan Tijssen, gelang es, die Nazi-Okkupation zu überleben.

 

Die Biographien der Personen, die in der Reihe zu queerem Widerstand vorgestellt werden, sind dem Buch „Resistance – The LGBTQ Fight against Fascism in WWII“ von Avery Cassell entnommen. Das E-Book gibt es hier.

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