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Rassenhygiene und Heimatschutz Wie Rechtsextremismus und Umweltbewegung zusammen kommen

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Und so kann Umweltschutz von rechtsaußen heute aussehen: NPD-Pressesprecher Frank Franz hat einen dicken Hund am Ohr. (Quelle: Screenshot Facebook)

Wenn sich Neonazis heutzutage für Umweltschutz engagieren, erscheint dies zunächst vielleicht wie das Aufgreifen eines Trends in der Gesamtgesellschaft. Das aber das Engagement für „Blut und Boden“ in den rechten Kreisen sogar eine viel längere Tradition hat als in Linken – und das diese bis in die heutige Zeit hineinreicht – beschreibt Peter Bierl in seinem Buch „Grüne Braune – Umwelt-, Tier und Heimatschutz von rechts“.

Die Ideen

Tatsächlich stammen die Anfänge der Umweltbewegung aus der Lebensreformbewegung, die nicht nur das Müsli und die Freikörperkultur erfand, den Materialismus bekämpfen und zurück zu einer „natürlichen“ Lebensweise wollte, was vielleicht ganz sympathisch klingt, sonden auch den „Heimatschutz“ als Schutz der „Wurzeln des germanischen Lebens“ ansah, dies mit massivem Antisemitismus verband und die Grundlagen für Blut-und-Boden-Mythen, Fremdenhass und Kampf gegen alles Moderne legte. Kein Wunder, dass die Nationalsozialist*innen ein paar Jahrzehnte später mit diesen Ideen viele Überschneidungspunkte sahen. Viele Konzepte, die bis heute einen guten Klang haben – wie etwa die Idee der Gartenstädte – hatten damals unfassbare „rassenhygienische“ Begründungen: Denn besser gehen sollte es nach diesen Konzepten nämlich vor allem der „weißen Rasse“, um sie – nach den Verweichlichungen des Großstadtlebens, des Alkohols und der Moderne an sich –  damit fit zu machen im Überlebenskampf gegen andere „Rassen“.

Peter Bierl weiß in seinem Buch faktenreich zu berichten, wie sehr rassistische, fremdenfeindliche, völkische, antimoderne und menschenfeindliche Ansichten die Umweltschutzszene seit jeher und bis heute prägen. Ideen von Völkern, die gemäß einer „natürlichen Ordnung“ nur in einen bestimmten Lebensraum „ganzheitlich“ passen sollen, weshalb sie dort auch bleiben und Eindringlinge vertreiben sollten, klingt scheinbiologisch begründet trotzdem nicht anders als rechtsextreme Ethnopluralismus-Ideen. Während Vertreter*innen des Biozentrismus oder radikale Steiter*innen für Tierrechte von einer Mitwelt statt einer Umwelt sprechen wollen, kommen sie letztendlich zu Schlussfolgerungen, die geistig Behinderte, Neugeborene oder Senile als „Nicht-Personen“ für weniger „wertvoll“ erachten als etwa Menschenaffen. In diese Tradition passen holocaustverharmlosende Aktionen wie die „Holocaust auf Ihrem Teller“-Kampagne der Tierschutzorganisation Peta, die Massentierhaltung und Holocaust gleichsetzt. Die erfährt aktuell in einer Facebook-Kampagne von Peta Deutschland eine Fortsetzung, in der das Töten von Tieren für die Fleischproduktion relativierend gleichgesetzt wird mit Holocaust, Sklaverei und Hexenverbrennung.

Spannend zudem: Auch die Legende der „Überbevölkerung“, kombiniert mit der rassistischen Sorge, die „weiße“ Rasse würde von „Farbigen“ zahlenmäßig überflügelt werden, stammt im Ursprung bereits aus dem 19. Jahrhundert und wurde von Ökofaschist*innen gern aufgegriffen und als angebliche Hauptursache von Umweltzerstörung gebranntmarkt.  Selbst der bekannte Tierforscher Konrad Lorenz sagt noch 1988 Sätze wie, er hoffe auf eine „Teil-Atomkatastrophe“ , die „einen merklichen Prozentsatz der Menschheit ausrottet, um die Überlebenden aufzuwecken.“

Die Akteure

Überhaupt gibt es in „Grüne Braune“ unzählige Fakten über die Menschen, die den Beginn der „modernen“ Umweltschutzbewegungen und ihre Organisationen nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeprägt haben, seien es der BUND, die Die Grünen oder die Anti-AKW-Bewegung. Hier finden sich viele, die bereits zur Nazi-Zeit ihr Engagement für „Rassenhygiene“ und „Heimatschutz“ begonnen hatten, und viele, die ungeniert Kontakte zur rechtsextremen Szene pflegen. Unfassbar, dass sie lange offen in der Szene agieren konnten oder noch können, wie etwa Günther Schwab, Gründer des „Weltbundes zum Schutz des Lebens“ und Autor zahlreicher beliebter Bücher: Noch 1994 fordert das ehemalige NSDAP- und SA-Mitglied, in „primitiven Ländern“ müsste Geburtenbeschränkungen erzwungen werden und beklagte, dass moderne Sozialpolitik „geradezu Überbevölkerung und die negative Auslese“ fördere. Dass früher jedes zweite Kind im Säuglingsalter gestorben sei, wäre doch eine gute „natürliche Auslese“ gewesen. Moderne Medizin und Zivilisation führe dagegen dazu, dass „das Niederträchtige, das Unschöne, Schlechte und Unwerte“ mächtig geworden sei. Zur Gründung der „Grünen“ trugen unter anderem Werner Georg Haverbeck und seine Frau Ursula Haverbeck-Wetzel vom rechtsextremen „Collegium Humanum“ bei. 

Rechtsextermismus, Rassismus und Antisemitismus begleiten also die Umweltbewegung fortwährend und  nicht unbedingt unter Ächtung durch das Gro der Bewegung – nur werden die Argumente heute, selbst von Neonazis, nicht mehr so offen vorgetragen. Sehr kurz fallen Peter Bierls Anmerkungen dazu an, wie eine emanzipatorische politische Ökologie dagegen aussehen könnte: Hier fordert er ein Festhalten am Menschen als Maß aller Dinge, „weil der Antihumanismus der Biozentrist_innen zum Faschismus führt.“ Außerdem sei ein kritischer Umgang mit Wissenschaft, Technik, Produktivität gefragt, aber „ohne in romantische Verklärungen vorindustrieller Zustände zu verfallen“. Außerdem sieht er Antikapitalismus als Grundlage einer emanzipatorischen politischen Ökologie. Es sind Kriterien, die die Rechten weiterhin unterschreiben können. Klare Abgrenzung gegen Menschenfeindlichkeiten ist unter Umweltaktivist*innen – und Globalisierungskritiker*innen –  also weiterhin aktiv gefragt.

Peter Bierl:

Grüne Braune. Umwelt-, Tier und Heimatschutz von rechts.

Unrast-Verlag, März 2014, 78 Seiten, 7,80 Euro.

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