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Rassismus und Rechtsextremismus bleiben Themen in Deutschlands Fußballstadien

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Wenn Rechtsextreme in und um Fußballstadien agitieren wollen, beginnt dies mit dem Aufbau loser Kontakte zu eigentlich unpolitischen Fußballfans. Dann folgt der Eintritt politisch motivierter Personen in eine Fangruppe, in der sie im Folgenden oft versuchen, Führungspositionen zu übernehmen. Außerdem versuchen Nazis durch Flugblätter, Transparente, Embleme, Schmierereien und Parolen auf ihre rechtsextreme Ideologien, Veranstaltungen und Ziele aufmerksam zu machen.

Auch Rassismus und Gewalt sind im Fußballgeschäft bitterer Alltag. Gerade die unteren Ligen stehen im Fokus der Auseinandersetzung und beschäftigen den Deutschen Fußballbund. So skandieren rechtsradikale Fans Parolen, verteilen NPD-Mitglieder Propaganda, tragen Besucher strafbare Kennzeichen auf ihrer Kleidung, werfen Bananen und pöbeln Spieler an, weil ihnen deren Herkunft nicht passt. Solche Anfeindungen sind schon längst keine Randerscheinungen mehr.

Die NPD verfolgt eine von ihrem Vorsitzenden Udo Voigt ausgerufene ?Wortergreifungsstrategie?: Aktivisten sollen in die Freiwilligen Feuerwehren gehen, sich in den Elternbeirat wählen zu lassen, sich inkognito auf politische Veranstaltungen einzuschleichen, um sich dort eine Weile unauffällig zu verhalten, bevor es ans Missionieren geht. Auch der Breitensport Fußball soll gezielt unterwandert werden.

Wie sich Rassismus, Antisemitismus und rechtsextreme Propaganda in Fußballstadien manifestieren, zeigen ausschnitthaft die folgenden Beispiele:

Der Fall Ogungbure (25.03.2006)

Das Oberliga-Spiel im März 2006 zwischen dem Halleschen FC und dem FC Sachsen Leipzig wird der Spieler Adebowale Ogungbure wahrscheinlich nicht mehr vergessen können. Der aus Nigeria stammende, damalige Stürmer des FC Sachsen Leipzig wurde das ganze Spiel hindurch von ?Fans? aus Halle rassistisch beleidigt, ohne das Schiedsrichter oder Stadionsprecher eingegriffen. Von der Haupttribüne skandierten einige Rassisten: „Nigger raus!“ Aus Hilflosigkeit und Wut heraus stellte sich Adebowale nach dem Abpfiff vor die Hallenser Fankurve und zeigte demonstrativ den Hitlergruß, um damit zu sagen ?Ihr seid Nazis!?. Daraufhin wurde der dunkelhäutige Spieler von Hallenser Anhängern angegriffen, geschlagen und gewürgt, nur das Eingreifen von Mannschaftskollegen konnte Schlimmeres verhindern.

NPD nutzt rechtes Potential der Fanszene des LOK-Leipzig (29.08.2007)

Der Präsident des sächsischen Landesligisten LOK Leipzig, Steffen Kubald, muss oft Fragen nach der rechtsextremen Klientel seines Vereins beantworten. Er ist aber gerade dabei, dass Problem glaubwürdiger als in der Vergangenheit anzugehen. Ein Verbot rassistischer Äußerungen wurde in die Stadionordnung des ehemaligen Bundesligisten verankert. Auch der Fahrer des roten VW-Multivans mit dem Kennzeichen L-OK-88 (der Szenecode für Heil Hitler) darf seit neuestem keine Fanartikel mehr vor dem Stadion verkaufen, denn der Drei-Jahres-Vertrag mit dem rechtsextremen Merchandiser ist ausgelaufen. Das so ein Vertrag überhaupt abgeschlossen wurde, gehört zu den Fehlern der Vergangenheit, die den Traditionsverein zum Anlaufpunkt für Rechtsextreme gemacht hat. Noch eine Woche zuvor posierten zwei Neonazis vor dem Bruno-Plache-Stadion von Lok-Leipzig – vor einem 7,5 Tonner mit der Aufschrift ?Rudolf Heß – Mord verjährt nicht.? Kubald schaltete umgehend die Polizei ein, doch angeblich lag kein Straftatbestand vor. Im Internet wurde dokumentiert, wie derselbe Bus weiter durch die Republik tourte – er hielt auch vor dem Berliner Olympiastadion und der Arena auf Schalke zum Fototermin für NS-Nostalgiker.

Einer der beiden, die vor dem Heß-Truck posierten, war bei LOK Gründungsmitglied und erhielt im Februar Hausverbot beim Verein. Bis vor kurzem arbeitete er zudem als Fahrer und Bodyguard für Holger Apfel. Der ist Vorsitzender der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, Stellvertretender sächsischer Parteichef und NPD-Chefideologe. Ihm diente er besonders als Späher und Bote in Sachen Fußballfragen.

Das die NPD den ersten deutschen Meister von 1903, der sich 2003 von VFB Leipzig in Lokomotive Leipzig zurück benannte, so umgarnt, ist kein Zufall. Unter den Anhängern von LOK-Leipzig, aber auch von Dynamo Dresden und Eintracht Braunschweig scheinen einige der NPD aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Entsprechend versucht die NPD, deren Anhänger an die Partei heranzuführen.

Rassistische Parolen in Erfurt (16.08.2008)

Während des Thüringenderbys zwischen dem FC Rot-Weiß Erfurt und dem FC Carl Zeiss-Jena kam es im Erfurter Steigerwaldstadion wiederholt zu antisemitischen Schmährufen. Nachdem in der 76. Minute im Jenaer Fan-Block aneinandergenähte Rot-Weiss-Erfurt-Fanschals in Flammen aufgingen und ein bengalisches Feuer Richtung Tartanbahn flog, rastete ein Teil des RWE-Anhangs auf der Tribüne aus. So genannte ?Fans? brüllten in Richtung Jenaer Fanblock mehrmals: ?Juden-Jena?. Eine antisemitische Beleidigung, die schon öfter hart bestraft wurde. Erst im April 2008 hatten Anhänger des Halleschen FC beim Oberliga-Auswärtsspiel bei Jena II ebenfalls ?Juden-Jena? gebrüllt ? Halle wurde daraufhin vom Nordostdeutschen Fußballverband mit drei Punkten Abzug bestraft.

Roter Stern Leipzig (RSL): Nazi-Überfall bei Auswärtsspiel in Brandis (24.10.2009)

Das Bezirksklassespiel zwischen dem FSV Brandis und Roter Stern Leipzig (RSL) wurde kurz nach Anpfiff von Neonazis überfallen. Die Angreifer gingen brutal mit Holzlatten, Eisenstangen, Stahlprofilen, Steinen und Feuerwerkskörpern gegen die Fans, Vereinsvertreter_innen und Spieler des RSL vor. Während des Angriffs waren die RSL-Anhänger_innen auf sich selbst gestellt, denn die im Vorfeld des Spiels bekannte Sicherheitsproblematik wurde weder vom FSV Brandis noch von der zuständigen Polizeidienststelle zur Kenntnis genommen. Die politische Motivation dieses Überfalls kann nicht abgestritten werden. Die Täter sind rechte Hooligans und bekannte Neonazis aus dem Muldentalkreis. Immer öfters sind bei den Auswärtsspielen des RSL Neonazis zugegen und versuchen Spieler und Zuschauer_innen zu provozieren oder anzugreifen.

Erneuter Spielabbruch bei RSL (24.04.2010)

So kam es auch beim Bezirksklassespiel SV Mügeln-Ablaß gegen Roter Stern Leipzig´99 am 24.04.2010 in der 80. Spielminute erneut zu einem Spielabbrucht durch den Schiedsrichter. Grund waren andauernde antisemitische Schmähungen seitens der Mügelner Anhänger_innen. Seit Spielbeginn riefen diese Parolen wie ?Ein Baum, ein Strick, ein Judengenick? und ? Eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz?. Daneben gab es auch homophobe und nazistische Äusserungen ?Schwule, Schwule, Schwule?, ?Scheiß Schwuchtel?, ?Zecken vergasen? und ?Frei Sozial National?. Des weiteren machten Mügelner Verantwortliche den Roten Stern für den Spielabbruch verantwortlich. Interessant für das Klima in der Stadt: Mügelns Bürgermeister Gotthard Deuse, der zugleich auch Präsident des SV Mügeln ist, gab nach dem Spiel dem MDR zu Protokoll: „So lange ich beim Spiel war, habe ich keine Nazi-Sprüche gehört.“ Er habe unter den insgesamt etwa 400 Zuschauern, darunter 150 Leipziger, auch keine Neonazis gesehen. SV-Pressesprecher Jan Greschner dagegen distanzierte sich von den „nationalsozialistischen Gesängen“.

Nazi-Propaganda nach Arminia Bielefeld-Tor (19.04.2010)

Schüco-Arena, 42. Minute. Tor für Arminia Bielefeld gegen den 1.FC Kaiserslautern. Torschütze Chris Katongo erzielt das 1:0. Die Fans auf der Südtribüne jubeln über das vom sambischen Nationalspieler verwandelten Foulelfmeter. Hunderte Papierschnipsel werden vom Oberrang geworfen. Doch statt der beim Jubel meistens benutzten Bierglasmanschetten wirbeln große Zettel durch die Luft, die für einen rechtsextremen Aufmarsch werben. ?Achtung, Britisches Folterlager, Trauermarsch Bad Nenndorf? ist zu lesen, angegeben ist zusätzlich eine Internet-Adresse, die die Neugier der meist jugendlichen Fans auf den ?Trauermarsch? wecken soll.

Auch SC Paderborn ist von Neonazi-Propaganda betroffen

Die Neonazi Propaganda beim letzten Arminia-Heimspiel war kein Einzelfall. Auch bei Heimspielen des SC Paderborn sind in diesem Jahr nach Erkenntnissen der Polizei Mitglieder der so genannten ?Freien Kameradschaft? bereits aktiv gewesen. Solche Aktionen reihen sich nach Ansicht des Staatsschutzes in die Propaganda Offensive der Rechtsextremisten und Neonazis in ganz Deutschland ein.

Diese Vorfälle zeigen sehr deutlich, dass Rassismus und Rechtsextremismus in Fussballstadien Themen sind, die regelmäßig Öffentlichkeit und Medien beschäftigen. Trotzdem scheint es nach wie vor schwierig, Bewusstsein zu wecken und eine erfolgreiche Gegenstrategie zu erdenken.

Nachtrag vom 14.05.2010

Am Mittwoch, den 12.05.2010, kam es erneut zu Ausschreitungen nach einem Spiel des Bezirksligisten Roter Stern Leipzig: Nach dem Spiel zwischen dem TSV 1862 Schildau und Roter Stern Leipzig lieferten sich Anhänger des Gastgebers, darunter Mitglieder der örtlichen Kameradschaft „Schildauer Jungs“, Auseinandersetzungen mit der Polizei. Während des Spiels skandierten die Schildauer „Fans“: „Wir kriegen euch alle“ und spannten ein Transparent auf: „Love Football – Hate Roter Stern“. Nach Abpfiff des Spiels griffen einige der 150 „Schildauer Jungs“ griffen Polizisten an, die nach Abpfiff des Spieles ein Aufeinandertreffen beider Fanlager und ein Übersteigen der Zäune verhindern wollten. Dabei wurden zwei Polizisten leicht verletzt (mdr.de, miro-jennerjahn.eu)

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