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Razzia Hausdurchsuchung bei Berliner „Querdenken“-Arzt

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Symbolbild (Quelle: Flickr / kris krüg / CC BY-SA 2.0)

Am Abend des 23. Mai machte der Berliner Mediziner die Durchsuchung auf seinem Telegramkanal öffentlich. Auf einem Sharepic, gesendet an seine 26.000 Abonnent:innen heißt es: „Heute am frühen Morgen brach eine Spezialkommando der Berliner Polizei meine Tür auf, legte mir Handschellen an und durchsuchte meine Wohnung. Hierbei wurden u.a. meine Telefone beschlagnahmt.“

„Unter anderem“ wurden allerdings offenbar auch Schusswaffen beschlagnahmt, was Brandenburg zunächst nicht erwähnt. Der Tagesspiegel berichtet unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Berlin, dass bereits seit zwei Wochen gegen den Mediziner „wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz“ ermittelt wird. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte der Zeitung: „Bei dieser Maßnahme wurden Datenträger, andere Beweismittel sowie Schusswaffen beschlagnahmt.“ Jetzt werde geprüft, ob die Waffen einsatzfähig seien und ob Brandenburg sie besitzen durfte.

Nach den ersten Medienberichten erklärt Brandenburg dann am 25. Mai wieder via Telegram und wieder mit Sharepic: „Die Aussage der Staatsanwaltschaft bedarf der Einordnung, dass ich seit vielen Jahren Sportschütze und Jäger bin. Sämtliche Waffen hatte ich legal in meinem Besitz; keine war eine sogenannte Kriegswaffe.“ Den Tagesspiegel, der zuerst über die Durchsuchung und die Beschlagnahmung der Waffen berichtete hatte, bezeichnet Brandenburg in Anlehnung an das NS-Propagandablatt als „Tagesstürmer“. Die Szene ist – wie so oft – empört. Brandenburgs Statements zur Durchsuchung samt Sharepic werden in der gesamten maßnahmenkritischen Telegramblase geteilt.

Brandenburg ist seit Beginn der Covid19-Pandemie im Frühjahr 2020 lautstarker Kritiker der Maßnahmen zur Einschränkung der Krankheit und Mitiniator und Covorsitzender des Vereins „1bis19 – Initiative für Grundrechte und Rechtsstaat“. Die Gruppierung hat in Berlin eigene Demos veranstaltet und versucht sich einen seriösen Anstrich zu vergeben. Laut NZZ beschreibt die Initiative die eigenen Aktivitäten als „Corona-Proteste für Nicht-Wutbürger“. Ein Blick in die Kommentare in Brandenburgs Telegramkanal lässt daran allerdings Zweifel aufkommen: Journalist:innen werden als „Widerliche Presstituierte“, „Lügenpresse“ und „Systemschreiberlinge“ bezeichnet: „Jede Hure hat mehr Ehre und Würde“. Kritiker des „Querdenken“-Milieus gelten den angeblichen „Nicht-Wutbürgern“ schlichtweg als „Kommunisten“. Ein Kommentator bezeichnet die Polizist:innen, die Brandenburgs Wohnung durchsucht haben, als „Gestapo“, der nächste als „SS“, andere nennen sie „STASI“ (sic). Tiervergleiche dürfen nicht fehlen, die Beamten seien „dressierte Affen, konditionierte Hunde“, schreibt ein Kommentator.

Wie weit auch Brandenburg „bürgerliche“ Fans von der Realität entfernt sind, zeigen Kommentare, die es schaffen, nicht nur die Diktatoren in Russlands und Belarus in Schutz zu nehmen, sondern im gleichen Zug auch noch den Nationalsozialismus relativieren.

Screenshot aus dem Kommentarbereich des Telegramkanals „Paul Brandenburg“

Brandenburg selbst bezeichnete die Bundesregierung schon mehrfach als „Faschisten“. Seinen Twitterkanal hat der Arzt mittlerweile verloren, auf YouTube ist er weiterhin aktiv. Auf dem Kanal mit 22.000 Abonnent:innen findet sich unter anderem eine maßnahmenkritische Podcastreihe, Interviews mit AfD-Politiker:innen, und Gastauftritte Brandenburgs bei mehr oder weniger radikalen „Alternativmedien“, etwa bei Boris Reitschuster oder auf dem Videokanal einer ehemaligen Journalistin des russischen Propagandasenders RT Deutsch. Gelöscht hat die Videoplattform ein Video des Mediziners mit dem Titel „Impfpass fälschen: So einfach geht’s“.

Vor dem Verlust seines Twitteraccounts rief er dazu auf, „endlich alle eure Masken“ abzunehmen und behauptete, dass es „aus ärztlicher Sicht nie eine Corona-Pandemie in Deutschland“ gegeben habe, wie der Tagesspiegel berichtete. Das ist zwar wenig überraschend im Kontext des gesamten „Querdenken“ und maßnahmenkritischen Milieus, aber doch bemerkenswert im Fall Paul Brandenburg. Der Mediziner ist laut Impressum Geschäftsführer der „Testzentrale Berlin“, die noch bis Mai 2022 Coronatests „an verschiedenen Standorten in Berlin“ durchgeführt hat. Also Geld verdienen mit der Pandemie, die es eigentlich gar nicht gibt?  „Die Menschen wollen es, der Staat bezahlt es, so absurd ich es finde, dann verkaufe ich es auch“, sagte Brandenburg dazu der Berliner Zeitung.

Foto: Flickr / kris krüg / CC BY-SA 2.0

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