Ein Logo, das dem der ARD ähnelt, ein rechtsextremer Chef und Nachrichten, in denen über „die Globalisten“ geraunt wird. Das ist der neue Stern am „Alternativmedien“-Himmel: „AUF1-TV“. Anders als das Logo vermuten lässt, will der Sender aber so gar nichts mit dem Mainstream zu tun haben. In ihrer Nachrichtensendung sollen die Zuschauer:innen vielmehr Informationen erhalten, „die der Mainstream bewusst vorenthält“. So versucht sich der Fernsehsender, der ausschließlich im Internet auf der eigenen Website ausgestrahlt wird, zu verkaufen: als „alternativ“ und „unabhängig“. Die Eigenbezeichnung als „TV-Sender“ ist für eine Internetseite vielleicht etwas großspurig, doch ihr Telegram-Kanal hat inzwischen rund 170.000 Follower:innen. „AUF1“ setzt zwar auf Video, wirkt aber vom Inhalt und den Narrativen her wie ein österreichisches Pendant zum Compact-Magazin.
Das neue Projekt des Stefan Magnet
Als am 31. Mai dieses Jahres „AUF1“ zum ersten Mal auf Sendung ging, wurden die Zuschauer:innen von Stefan Magnet begrüßt. Der 37-jährige Senderchef hat eine lange aktivistische Vergangenheit in der österreichischen rechtsextremen Szene (vgl. Profil).
Inzwischen betreibt Stefan Magnet die Werbeagentur „MS Medienlogistik Werbe GmbH“ – und engagiert sich in rechtsalternativen Medien. Bevor er „AUF1-TV“ dieses Jahr gründete, arbeitete er beim FPÖ-nahen Online-Medium „Wochenblick“. Doch seine publizistischen Anfänge liegen noch weiter in der Vergangenheit. Denn Magnet war Kader in der 2007 aufgelösten Neonazi-Gruppierung „Bund freier Jugend“ (BfJ). Der Gruppe, für die er publizistisch aktiv war, wurde unter anderem die Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts vorgeworfen. Bereits 2006 trat der Oberösterreicher als Referent bei einer Tagung der Mutterpartei der BfJ auf: Der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP), einer rechtsextremen, geschichtsrevisionistischen Partei.
Allerdings streitet der Werbeunternehmer ab, ein mutmaßlicher Hauptakteur hinter der rechtsextremen Zeitschrift „Info-DIREKT“ gewesen sein, wie das Vice-Magazin berichtet hatte. Das Magazin „Info-DIREKT“ ist ein weiteres szene-erfolgreiches rechtsextremes österreichisches Medienprodukt, das vor Verschwörungserzählungen und Kampfparolen nur so strotzt. Es zeichnet ein dystopisches Bild der Welt. Das hat Strategie: Die Lesenden sollen denken, Europa liege am Boden und könne lediglich von Russland gerettet werden. Doch nicht nur inhaltlich ist das Magazin Kreml-nah. Wie Die Zeit 2016 berichtete, hat das oberösterreichische Magazin im Sommer 2015 in der Föderation einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der russische Staatssender Westi FM berichtete über eine „sensationelle Informationsbombe“, aufgedeckt von „Info-DIREKT“. Das Blatt belege mit „Verweis auf eigene Geheimdienstquellen, dass die USA in die illegale Migration von Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten nach Europa involviert ist“. So solle die USA die Destabilisierung Europas vorantreiben.
Das Impressum von „Info-DIREKT“ nennt eine Geschäftsadresse des Linzer Magazin: Ein Haus in der Steingasse. Es ist dieselbe Adresse, die auch im Impressum von „AUF1-TV“ angegeben ist.
Wie umtriebig der Werbeunternehmer Stefan Magnet ist, zeigt sich auch an weiteren Beispielen: So versuchte er 2018 in einer anderen Branche sein Glück. Unter heimatmode.at vertrieb er Kleidung für „fesche Faschos“, wie Der Standard es treffend formulierte. Neben Trachtenromantik gab es hier viele Aufdrucke in Anlehnung zur rechtsextremen Szene. So gab es eine „Kornblumen-Edition“. Genau die Blume, die im Austrofaschismus als Erkennungsmerkmal der NSDAP fungierte, die in Österreich von 1933 bis 1938 verboten war. Weniger subtil sind die Verbindungen in der Rot-Weiß-Roten-Edition. Dort konnte man Shirts mit aufgedruckten Sprüchen erwerben. Die Zitate lieferten einen guten Einblick in die Ideologie des rechten Versandhandels. Es war zum Beispiel „Tue recht und scheue niemand“ abgedruckt. Bei dieser Zeile dürfte es sich um eine Abwandlung aus dem Gedicht „Teutscher Trost“ von Ernst Moritz Arndt handeln. Der Antisemit und Rassist galt den Nationalsozialisten als Vorbild und wurde von ihnen verherrlicht.
Magnet steht der FPÖ nahe. Er produzierte Werbefilme für den oberösterreichischen FPÖ-Politiker Manfred Haimbuchner oder rief im Rahmen der oberösterreichischen Landtagswahlen zur Wahl der rechtspopulistischen Partei auf. In einem Telegram-Video sagte er, „dass wir ganzheitliche Lösungen auf die Totalangriffe der Globalisten auf unser Land und unsere Region […] abwehren müssen. Und diese Gesamtantwort hat eben nur einmal die freiheitliche Partei“. Für Magnet scheinen angebliche „Globalisten” der Hauptfeind zu sein, eine antisemitische Andeutung, da mit dem Wort meist „die Juden“ gemeint sind.
Noch mehr Antisemitismus bei Magnet: Im Oktober 2021 verbreitete Magnet auf seinem Telegram-Kanal die These, dass Jörg Haider vom israelischen Geheimdienst Mossad ermordet worden sei. Wenige Monate vorher bemühte er in affirmativer Wiedergabe die Neonazi-Propaganda, dass bei den Fliegerangriffen auf Dresden am 13.2.1945 „bis zu 350.000“ Menschen getötet worden seien. Zudem sei der österreichische Kanzler Alexander Schallenberg ein „Freimaurer-Kanzler“, wie der Werbeunternehmer im November behauptet.
Ein Shop voller Chiffren
Als findiger Geschäftsmann hat Magnets „AUF1-TV“ natürlich einen dazugehörigen Online-Versandhandel. Dort muss man nicht lange nach dem Lieblingswort des Senderchefs suchen. Denn er vertreibt sein eigenes Buch, der Titel: „Nach Corona: Warum die Globalisten scheitern werden und die Menschheit erwacht“. Er zeichnet auf, „wie die Globalisten seit 200 Jahren ihren Weg verfolgen“. Allerdings sieht er einen Ausweg, „dass die europäischen Völker noch genügend Kraftreserven mobilisieren können, um sich eine herrliche und freie Zukunft erkämpfen zu können“ und nicht in „totale[r] Knechtschaft“ leben müssen.
Dystopie als Strategie
Wie der Rechtsextremismus-Experten Dr. Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes gegenüber Belltower.News erklärt, hat „der Sender eine große Affinität zu Verschwörungserzählungen, die strukturell antisemitisch sind.“ So „berichtet“ der Sender häufig über Erzählungen, wie „die Globalisten“ den „Great Reset“ umsetzen wollen. In einer Nachrichtensendung aus dem Dezember wird beispielsweise der „Sechs-Punkte-Plan“ Michael Yeadons vorgestellt. Yeadon ist einer der zentralen Figuren der britischen Impfgegner-Bewegung. Nüchtern wird ausgeführt, dass sich der „Virenexperte“ sicher sei, dass die „Corona-Inszenierung“ Teil eines Plans der „Globalisten“ ist, eine „Neue Weltordnung“ durch den „Great Reset“ zu erzwingen. Im Laufe der Folge wird der Impfstoff noch als „tödlich“ bezeichnet. Doch dem nicht genug: So sagt die Nachrichtensprecherin, dass Ungeimpfte als „Untermenschen diskriminiert“ werden.
Für Dr. Bernhard Weidinger liegt die Strategie des TV-Senders in der Angst: „Die Verschwörungserzählungen werden von AUF1 gern in besonders apokalyptischer Weise gesponnen. Ständig wird den Zuseher:innen Angst gemacht – was generell zum Erfolgsrezept des Rechtsextremismus gehört.“ Ob das Erfolg hat, kann er nicht einschätzen.
Die große Reichweite auf Telegram könnte ein Hinweis darauf sein, aber auch hier sind Manipulationen möglich. Ebenso auf der Internetseite. Dort sind zwar keine Abrufzahlen der Videos zu finden, aber die Konsument:innen können mit Emojis auf die gesehenen Inhalte reagieren. Offenbar tun das unter den einzelnen Videos tausende Leute, ob diese angegebenen Zahlen stimmen, lässt sich nicht verifizieren. Ebenso verhält es sich mit der Aussage, dass sich der Sender lediglich über Spenden der Zuseher:innen finanziert.