Sowohl auf Sacha Korns Facebook-Profil als auch auf seiner „Künstler“-Seite schreibt der Sänger und Gitarrist nämlich äußerst viel über Politisches. Seine Lieblingsthemen sind die der rechtspopulistischen Szene: Wirtschaftskrise, EU, „Multikulti“ und „die deutschen Vertriebenen“. Letzteren widmete er auch einen Song auf seinem aktuellen Album „Deviationist“ (= Abweichler). Der englischsprachige Albumtitel lässt es schon vermuten: Korn wählt andere als die üblichen Wege der Ansprache, um rassistisches, völkisches oder nationalisches Gedankengut an Mann und Frau zu bringen. Dazu passt seine Selbstdarstellung auf Facebook. Korn zitiert als „Lebensphilosophie“ etwa einen „Auszug aus dem Ideenreichtum politisch korrekter Bürger des Bezirkes PRENZLAUER BERG, anlässlich der WM 2006 im Verbrecherstaat Deutschland“ (Korns Kommentierung), benennt dann aber außer „Dee Ex“ nur nicht-rechte, aber viel deutsche Musik als Lieblingsbands. Am liebsten sehe er „Propagandafilme“ und im Fernsehen „DDR 2“. Dazu sein Lieblingsspiel – „Verstecken“. Wer die ironischen Anspielungen auf rechtsextreme Lieblingsthemen noch nicht identifizieren kann (alle Nicht-Rechten seien antideutsch, die Medien verbreiteten nur Lügen und anti-rechte Propaganda und seine „wahre“ Meinung müsse man immer verbergen), erhält zuletzt den Hinweis „Hier steht nur die Wahrheit.“
Während sich Sacha Korn innerhalb seiner musikalischen Erzeugnisse ebenso darauf verlässt, seine Einstellungen durch die Blume als Subtext zu Sagbarem zu vermitteln, lassen weder sein Auftreten im Web 2.0 noch seine Aussagen in Interviews Zweifel an seiner rechtsextremen Gesinnung zu.
„Ich gebe jedem ein Interview“
Im März gab Sacha Korn dem NPD-Abgeordneten Arne Schimmer ein Interview für das ultrarechte Magazin „Hier & Jetzt“, das Schimmer auch herausgibt. Korn spricht über seine Musik („gitarrenlastige“, „rein deutsche Kunst“). Und er erzählt von Erfahrungen in Osteuropa: „Polen hat natürlich eine sehr schwierige Geschichte. Die kulturellen Errungenschaften ihrer Städte, die sie gern zur Schau tragen, sind nun mal unbestritten nicht auf ihrem ?Mist? gewachsen. Daß muß sich ungefähr so anfühlen wie ein gekaufter Doktortitel“ und „Wenn man mir dann noch erklären will, wie schön die polnischen Städte sind und dann Danzig, Stettin und Breslau aufzählt, kann ich meinen Mund einfach nicht mehr halten.“ Deutliche Worte findet er auch über seine Heimatstadt: „Wenn ich dann nach Berlin kam, dachte ich, ich wäre irgendwo in einem Zigeunerviertel oder im Orient“. Sacha Korn zufolge sollte in der Schule heute über Kampfsport gesprochen werden, anstatt die Geschichte der Anne Frank zum zig tausendsten Mal (zu) dramatisieren“. Korn bemängelt gegenüber Arne Schimmer, dass „man Härte und Disziplin in Deutschland lange Zeit nicht mehr als Tugend ansah“, ist aber überzeugt: „Wir sind nun mal preußisch geprägt und es ist uns ein inneres Verlangen. Alles andere widerstrebt uns eigentlich. Der nächste Max Schmeling sitzt vielleicht gerade irgendwo in der Schule und hat keine Lust mehr, sich anhören zu müssen, daß Kämpfen nur was für Verlierer ist und Anpassung Karriere und gesellschaftliche Akzeptanz bedeutet, und daß die preußischen Werte nichts wert sind.“
Für seine Zusammenarbeit mit „Hier & Jetzt“ rechtfertigte sich Korn kurz darauf auf seiner Homepage. Unter dem Titel „Ich gebe jedem ein Interview“ erklärt er: „es ist generell auch noch mal ein qualitativer Unterschied jemandem ein Interview zu geben oder sich einer ‚Sache‘ zu verschreiben. Im Übrigen ist, zumindest der sich mir erschließende Teil, des oben genannten Magazins, nicht radikal?. „Hier & Jetzt“ trägt im Logo den Untertitel „radikal rechte Zeitung“.
Unpolitisch? Von wegen…
„Ich stehe keiner Partei in der Bundesrepublik Deutschland oder sonst irgendwo nahe“ stellt Sacha Korn auf seiner Homepage klar. Interessant ist allerdings, dass Korn via Facebook gegen die „Linksgrünen“ und „Merkel“ hetzt, ultrarechte Politiker jedoch zu seinen Freunden zählt. Jan Sturm (NPD Berlin-Neukölln) würde Sacha Korn gerne für ein privates „Wohnzimmer-Konzert“ buchen. Auch Matthias Heyder (NPD Sachsen-Anhalt), bekannt geworden durch die „Junker Jörg“-Affäre, zählt zum Kreis von Korns Freunden. Weitere Prominenz in der Liste: Jens Pühse (NPD-Parteivorstand), Jürgen Gansel (NPD-Sachsen) und Alexander Schlesinger („pro Deutschland Berlin“). Schlesinger kommentiert Korns Beitrag zu den „Methoden der DDR“ mit den Worten: „Wenn das System der Zinsknechtschaft überwunden ist, wird es wirklich Freiheit geben“. Als seinen „Bruder“ bezeichnet Sacha Korn den ultrarechten Blogger „Bozzsoldier“, der sich auf Facebook „Ruhrpotter“ nennt. Zwar nutzt Sacha Korn die Funktion, seine Facebook-Freunde vor der Öffentlichkeit zu verbergen, deren Kommentare und „gefällt mir“-Klicks sind jedoch sichtbar. Einer dieser Freunde, der sich regelmäßig auf Sacha Korns Profil zu Wort meldet ist ein User, der sich bezeichnender Weise „Blut Undehre“ nennt, als Interessen „Wehrmacht“ sowie „Springerstiefel“ angibt und als Sport, den er betreibt, „Sterbehilfe“ nennt.
Unwidersprochene Hassreden
Sacha Korn bietet unzähligen Rechtsextremisten und Neonazis eine Plattform, ihre menschenverachtenden Kommentare unwidersprochen zu verbreiten. Ende Juli fragt er seine Facebook-Freunde: „Kann mir mal bitte jemand das Wort ‚NAZI‘ erklären? Irgendwie wird das mittlerweile überall eingesetzt, was nicht pro EU, pro Multikulturalismus ist. Jetzt quatschen die GRÜNEN schon wieder 24/7 davon“. Die Reaktionen folgen prompt und die Antwort von Henne H., „Natürlich, Anständig, Zuverlässig, Intelligent“ würdigt Korn mit einem „gefällt mir“-Klick. Am 22. Juni fantasiert Sven S. in mehr als zehn Kommentaren auf Korns Profil, wie man „Kanacken“ auf möglichst grausame Art und Weise hinrichten kann. „und ich hänge sie auf aber ich stelle sie auf Eisblöcke oder auf die Zehenspitzen dauert länger“, ist dort beispielsweise zu lesen. Sacha Korn löscht diese oder weitere gewaltverherrlichende Kommentare nicht. Aber auch Sacha Korn selbst lässt sich hin und wieder zu Aussagen hinreißen, die ihm viele „gefällt mir“-Klicks seiner Freunde garantieren. Am 1. August klagt er: „Nachdem Hitler die Jugend ‚Zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl‘ wollte, ist die heutige Gesellschaft verweichlicht wie Butter und lasch wie Merkel“.
Oslo und Utøya: „Propaganda Maschinerie der EU“
„Es geht um nichts anderes als um den Überlebenskampf der europäischen Kulturen & die Unabhängigkeit der Völker Europas“, erklärt Sacha Korn drei Tage nach dem blutigen Attentat von Anders Behring Breivik in Oslo und Utøya. In seiner ersten Reaktion auf Facebook nennt Korn den Anschlag „traurig“ und ergänzt später: „Viel schlimmer ist die Hetzkampagne, die jetzt schon gegen die eigene Urbevölkerung Europas losschlägt, um jeden zu kriminalisieren, der es wagt, die Zerstörung der europäischen Kultur zu kritisieren.“ Korn stößt auf große Zustimmung unter seinen Freunden mit Aussagen wie: „Unter Generalverdacht stehen alle, mit blonden Haaren, blauen Augen und konservativem Wertebewußtsein. Dieser traurige Anschlag scheint wieder perfekt in die Propaganda Maschinerie der EU und ihren Multikulti Gesellschaft Zielen zu passen. Offensichtlich macht das aber Menschen krank.“ Nur zwanzig Minuten später, um 22:48 Uhr wird Sacha Korn noch konkreter, ja hoffnungsvoll: „Diese Propagandakampagne wird, ähnlich wie 9/11, die letzten Zweifler zusammen schweissen. Wenn dieser Anschlag auch wieder vom KAMPF GEGEN RECHTS vereinnahmt wird, wird das der Tropfen sein, der das morsche Fass der EU Diktatur zum überlaufen bringen wird.“ Ganz so optimistisch sehen seine Freunde das zwar nicht, hinsichtlich der Verschwörungstheorien geben sie ihm aber überwiegend Recht. Sebastian S. geht sogar noch einen Schritt weiter und kommentiert um 22:56 Uhr: „Nur ein europäisches Erwachen kann die Rettung bringen, Alleingänge werden scheitern. Genau das wollte eine frühere deutsche Regierung, ist aber mit ihren Vermittlungsversuchen gescheitert, da die Hochfinanz, an erster Stelle das internationale Weltfinanzj******* die Kriege wollte um Geld zu verdienen und um ihrem lange gehegten Plan zu verwirklichen“. Von Verschwörungsfantasien zum Geschichtsrevisionismus in nur acht Minuten.
Nur wenige Klicks vom Patriotismus zum Rechtsextremismus
Sacha Korn legt viel Wert darauf, sich in seinen Songtexten auf dem Boden des Erlaubten zu bewegen, und so singt er Texte wie: „Warum werde ich verbannt, wenn ich sage, ich liebe dieses Land“. Lieder wie eben „Mein Land“ appelieren an Patriotismus, um Jugendliche zu erreichen, die sich als „stolze Deutsche“ empfinden. Die Abwertung anderer, die für Neonazis mit der patriotischen Überhöhung einhergehen, findet sich bei Korn in seinen Internet-Profilen. Im Youtube-Kanal von Sacha Korn finden diese Jugendlichen neben seinen Liedern auch das Video der neonazistischen Kampagne „Die Unsterblichen“ (Korns Kommentar dazu: „Super!“) und weitere Links zu eindeutig rechtsextremen Inhalten. Mit der bewussten Zurückhaltung in seiner Musik bereitet Sacha Korn einen niedrigschwelligen Einstieg in eine geschichtsrevisionistische, chauvinistische, fremdenfeindliche, homophobe, rechtsextreme Gedankenwelt. Auch der NPD scheint Sacha Korns Strategie zu gefallen. Drei seiner Songs sind auf der aktuellen „Schulhof-CD“ der NPD vertreten.
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| Patriotischer Pop-Rocker, Blog Schattenbericht, 13. Mai 2011