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Rechtsextreme Parteien Rechter Deutschlandpakt zerbrochen. NPD wirft DVU den Fehdehandschuh hin…

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Ausnahmsweise reicht es in diesem Falle, aus den Presseerklärungen beider Splitterparteien zu zitieren, die deutlich machen, was die beiden rechtsextremen Lager voneinander denken. Der Zivilgesellschaft kann’s recht sein, dass diese Union zerbricht, mit der sich beide Parteien bislang die Bundesländer so aufteilten, dass sie nicht gegeneinander kandidieren um so ihre Stimmenanzahl zumindest in Höhen zu treiben, die ihnen eine Wahlkampfkostenrückerstattung garantieren. Nun müssen sich beide den rechten Wählerkuchen teilen, offenbar schon bei der kommenden Landtagswahl in Brandenburg am 27. September, zeitgleich zur Bundestagswahl. Die NPD will dort mit einer eigenen Liste antreten.

Strategisch hat die NPD diesen Schritt seit über einem Jahr vorbereitet und Brandenburgs freie Kameradschaften auf NPD-Kurs getrimmt. Angestachelt wurde sie dazu durch Umfragen, die ihr zeitweise mehr als 10 Prozent der Jungwählerstimmen prognostizierten. Dabei ist die etwas bürgerlichere DVU noch in Brandenburgs Parlament vertreten und wollte ihre sechs Sitze dort verteidigen, sie muss den Schritt der NPD daher quasi als Hausfriedensbruch auffassen.  Bei der Bundestagswahl am 27.9. tritt nach dem bisherigen Stand der Dinge nur die NPD an, denn die beiden Parteien hatten sich im (nun zerborstenen) Deutschlandpakt darauf verständigt, dass die NPD bei der Bundestagswahl alle Listenplätze stellen soll, die DVU  bei der Europawahl. Mit nur 0,4 Prozent der Stimmen ging die ‚Deutsche Volks Union‘  bei der EU-Wahl am 7. Juni jedoch unter, woraufhin in rechten Internetforen Spott und Häme von NPD-Anhängern ausgeschüttet wurden.

NPD-Erklärung

In der NPD-Presserklärung von Samstagnachmittag heißt es: „Der NPD-Parteivorstand erklärt, daß der mit der DVU geschlossene Deutschland-Pakt, der vertragsgemäß zum Ende des Jahres 2009 ausläuft, seine Geschäftsgrundlage verloren hat. Geschäftsgrundlage war, daß die beiden Parteivorsitzenden Dr. Frey und Udo Voigt vereinbart hatten, daß die Partei bei Wahlen antritt, die von beiden Parteien die besten Chancen hat.

Die NPD hat dann bei der letzten Brandenburger Landtagswahl zugunsten der DVU verzichtet und damit den Einzug der jetzigen DVU-Fraktion ermöglicht. Gedankt hat dies die Fraktion nicht. Obwohl es sinnvoll gewesen wäre, im Rahmen von Kommunalwahlen nicht gegeneinander anzutreten, wollte die DVU bei den Kreistagswahlen dem NPD-Vorstandsmitglied Klaus Beier eine Schlappe beibringen. Selbst Dr. Frey hatte versucht, die DVU-Brandenburg davon abzubringen, in Beiers Kreis anzutreten, ohne Erfolg. Schon vorher hatte die DVU-Brandenburg einem DVU-Kommunalabgeordneten verboten, mit der NPD eine gemeinsame Fraktion zu bilden. Diese gegen die NPD gerichtete Haltung verschiedener maßgeblicher Funktionäre der DVU-Brandenburg dadurch zu belohnen, daß die NPD nicht antritt, ist den NPD-Mitgliedern Brandenburgs nicht länger zu vermitteln….

Ein “weiter so” wird vom Parteivorstand als kontraproduktiv angesehen…

Als geradezu vernichtend bewertet der NPD-Parteivorstand dabei das Ergebnis der DVU in ihrem vermeintlichen “Stammland” Brandenburg, wo sie trotz zwei Legislaturperioden im Landtag gerade einmal 1,7 Prozent erzielte. Bei der nun bevorstehenden Landtagswahl, die zeitgleich mit der Bundestagswahl am 27. September stattfindet, wird zudem der Wähler erneut im unklaren gelassen, wenn er zur Bundestagswahl NPD und zur Landtagswahl DVU wählen soll. Da es der Landesverband der DVU in den letzten zehn Jahren trotz Vertretung im Landtag nicht geschafft hat, dort auch nur annähernd flächendeckende Strukturen aufzubauen oder sich kommunalpolitisch hinreichend zu verankern, hält der NPD-Parteivorstand einen Wiedereinzug der DVU für utopisch….

Das gemeinsame Handeln von NPD und DVU sollte irgendwann auch die REP und andere miteinbeziehen, was so nicht gelang. Es wechselten viele Funktionsträger und auch Mitglieder der Republikaner zur NPD, doch lehnt die REP-Parteiführung eine Zusammenarbeit bis heute ab. Das große Ziel, eine nationale deutsche Rechtspartei durch Zusammenarbeit und möglichen Zusammenschluß zu erreichen, war bisher noch nicht von Erfolg gekrönt….
Die Zusammenarbeit mit der DVU gestaltete sich sehr unterschiedlich. Während es bei der NPD selbstverständlich ist, Vertreter des Bündnispartners auf lokaler, Landes- und Bundesebene zu Veranstaltungen und Parteitagen einzuladen, kam dies umgekehrt seitens der DVU nur gelegentlich vor….

In Brandenburg ging die DVU immer wieder auf Konfrontation zum NPD-Landesverband. Gerade hier, wo Fingerspitzengefühl nötig gewesen wäre, verweigerte sich die DVU immer öfter der lokalen Zusammenarbeit… Die Brandenburger DVU stellte auch in diesem Jahr ihre Liste ohne Rücksprache mit der NPD auf und lud noch nicht einmal den NPD-Landesvorsitzenden zum Landesparteitag ein. So sieht keine Zusammenarbeit aus, hier hat die Brandenburger DVU gezeigt, daß sie sich kämpferisch mit der NPD auseinandersetzen will.“

Dann bietet die NPD der DVU an, sich ihr bei den kommenden Wahlen in Brandenburg ihrem Willen zu unterwerfen:

„Trotz dieser in der Vergangenheit demonstrierten ablehnenden Haltung gegenüber der NPD bietet der Brandenburger NPD-Landesverband der DVU den ersten Platz auf der anzustrebenden gemeinsamen Liste sowie weitere Listenplätze an, um der politischen Entwicklung Rechnung zu tragen und um entsprechend dem politischen Willen nationaler Wähler eine möglichst große Zustimmung aller Deutschen zu erreichen.

Der DVU bietet sich jetzt die historische Gelegenheit, auf eine veränderte Situation schnell zu reagieren, den immer wieder von ihrem neuen Bundesvorsitzenden angekündigten Zusammenschluß mit der NPD energisch zu betreiben und damit in Brandenburg das Projekt einer starken nationalen Rechten in Deutschland voranzutreiben…. Der NPD-Parteivorstand hat in geheimer Wahl einstimmig den Wahlantritt in Brandenburg beschlossen.“

Soweit die ‚Kriegserklärung‘ der NPD-Spitze. Mit diesem lakonischen  Schlussatz kündigte sie ihren taktischen Pakt mit der DVU  einseitig auf, denn Brandenburg galt bislang als alleiniges DVU-Terrain, wo sie 2004 sechs Parlamentssitze errang.

DVU-Konter am Spätnachmittag

Die DVU reagierte mit einer Erklärung ihres Parteichefs Matthias Faust, der den rechtsextremen Nationaldemokraten Vertragsbruch, Verlogenheit und „Verrat“ vorwirft und den rechten Kameradschaften anbietet, sich auf seine Seite zu schlagen:

„Auf Ihrer heutigen Sitzung hat der NPD-Bundesvorstand einem Antrag des Landesvorstandes Brandenburg stattgegeben, ebenfalls zur Landtagswahl in Brandenburg anzutreten.

Aus rein taktischen Gründen und um vor der eigenen Klientel nicht gänzlich das Gesicht zu verlieren, wird diese Entscheidung nun seitens der NPD so dargestellt, man hätte beschlossen, eine gemeinsame Liste zwischen NPD und DVU anzustreben. Nur, wenn dies nicht möglich sei, käme es zu einem alleinigen Antritt.

Nichts desto trotz handelt es sich hierbei um nichts weiter als einen Vertragsbruch, einen Bruch einer Vereinbarung, eines Wortes unter vermeintlichen Partnern.

Der Bundesvorstand der DVU wird sich am kommenden Wochenende mit dieser Sache beschäftigen. Zu betonen ist hierbei bereits jetzt, daß die Liste der DVU zur Landtagswahl bereits vor einigen Monaten gewählt wurde und auch schon beim Landeswahlleiter eingereicht wurde. Genauso wie auf den NPD-Listen der Länder Sachsen und Saarland befinden sich auf dieser nur Mitglieder der eigenen Partei, was übrigens genau so auch im “Deutschlandpakt” vereinbart wurde. Eine gemeinsame Liste stand also niemals zur Debatte und ist auch aus rein rechtlich-formalen Gründen gar nicht mehr möglich.

Der heutige Vorfall zeigt eindeutig, daß es der NPD-Führung keinesfalls um eine “gemeinsame Rechte” geht, sondern um die Vollendung eines Alleinvertretungsanspruchs für alles, was sich als “rechts” bezeichnet.

Zudem wird deutlich, daß es in Zukunft darauf ankommen wird, ganz genau zu prüfen, mit wem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit überhaupt möglich ist.

Mit einer Parteiführung, die aus egoistischen, machtpolitischen Gründen eine über mehrere Jahre bestehende Vereinbarung einfach so für nichtig erklärt, wird es ganz sicher keine vertrauensvolle Zusammenarbeit geben.

Heute ist es die DVU, die im wahrsten Sinne des Wortes “verraten” wurde, morgen wird es jede andere Partei oder Kameradschaft sein, die sich auf das Wort dieser Parteiführung verlässt.

Alle aufrechten Patrioten und Nationalen sind nach wie vor dazu aufgerufen, sich an einer vertrauensvollen, auf den deutschen Werten basierenden Zusammenarbeit zu beteiligen und sich von derartigen nur dem eigenen Machtstreben und Geltungsbewußtsein strebenden Pseudo-Nationalisten loszusagen.“

In einem Nachwort fügte DVU-Chef Matthias Faust später noch als direkte Erwiderung auf die NPD-Presseerklärung an:

„…Wie nicht anders zu erwarten war, häuft sich hier eine Mischung aus Halb- und Unwahrheiten. Da ich nicht den Eindruck erwecken möchte, hier eine “Schlammschlacht” anzetteln zu wollen, möchte ich nur auf einiges eingehen…

Absolut heuchlerisch ist… die Aussage, der Bundesvorstand halte den Wiedereinzug der DVU in Brandenburg für “utopisch”. Wie realistisch ist es denn bitte, daß bei einem Antritt gegeneinander überhaupt eine nationale Partei den Einzug in den Landtag schafft?

Die angeblich so “zähen Verhandlungen”, was den Antritt in Thüringen betrifft, wurden fast ausschließlich zwischen Peter Marx, Frank Schwerdt und mir geführt. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß sie sich jemals als besonders “zäh” darstellten. Aber der NPD-Parteivorstand scheint auch dies besser zu wissen…

Die DVU wird sich ganz sicher durch die zu immer mehr “Macht und Alleinherrschaft” strebenden NPD-Führung weder einschüchtern, noch erpressen lassen und sich in Zukunft genau die Partner zur Zusammenarbeit aussuchen, denen Werte wie Ehre, Vertrauen und Ehrlichkeit noch etwas bedeuten. Dazu gehören selbstverständlich nach wie vor auch Organisationsstrukturen der NPD, wie beispielsweise der Fraktion in Sachsen unter Holger Apfel.

Mit einem Parteivorstand, dem derartige Werte anscheinend gänzlich egal sind, wird es unter meiner Führung ganz sicher keine Zusammenarbeit geben. Ich denke, daß dies meine Bundesvorstandskollegen ähnlich sehen werden.“

Die rechte Szene streitet seitdem auch in höchsten Tönen gespalten. Die erste Kommentare die am Samstagnachmittag beim rechten infodienst Altermedia eingingen, konnten vielsagender nicht sein. Die Bandbreite reicht von Häme über die DVU wie: „Endlich sind wir die Weichspühler und Judenfreunde los“ bishin zu Voigt-Kritik wie: „Das ist also das Wort eines deutschen Hauptmanns wert. Damit ist der PV entgültig im brddr System angekommen…“.

MUT-Kurzkommentar:  Willkommen im Machtkampftheater von Deutschlands Rechtsaußenparteien. Schon bei den Kommunalwahlen am 7. Juni in mehreren Bundesländern wurde deutlich, dass derzeit beide Lager ihr Potenzial nicht ausschöpfen können, der Aufklärungsarbeit durch zivilgesellschaftliche Gruppen sei Dank. So, wie sich NPD und DVU jetzt erneut die Blöße geben, kann Wählern vor den anstehenden Wahlen besonders gut deutlich gemacht werden, was sich wirklich für Charaktere hinter den rechten Krawattenfassaden verbergen. Augen auf am rechten Rand!

Nicht ausgeschlossen ist allerdings auch eine Entwicklung, die nun beschleunigt zur Ablösung von NPD-Chef Udo Voigt durch seine parteiinternen Widersacher Holger Apfel in Dresden und Udo Pastörs in Schwerin führen kann – spätestens nach der Bundestagswahl, die für Voigt ohne deren Unterstützung zum Flop werden dürfte.  Dann wiederum könnte tatsächlich eine Fusion beider Rechtsaußen-Parteien zu einem Bündnis erfolgen, das vermutlich sehr viel populistischer auftreten würde, als Udo Voigts klar völkisch ausgerichtete NPD. Auf diese strategische Hoffnung deutet auch DVU-Chef Faust’s explizites Lob für den sächsischen NPD-Anführer und Wahlstrategen Holger Apfel hin.

Der Spaltpilz hat also nicht nur den Deutschlandpakt zerbrochen, sondern sitzt auch tief in der NPD. Voigts Entscheidung von heute kann somit durchaus zum  Bumerang für ihn werden, mit einer sehr viel gewiefteren NPD-DVU-Kombination als Resultat. Entwarnung für die Zivilgesellschaft ist also keineswegs gegeben. 

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

 

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